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Hauptstadtflughafen BER: Die Berliner SPD fliegt nicht mehr auf den BER

Auf dem Parteitag wird gefordert, auf einen Ausbau zu verzichten und den Flugverkehr zu begrenzen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin - In der Berliner SPD wird darüber diskutiert, den Flugverkehr in der Hauptstadt auf dem heutigen Stand einzufrieren. Aus „finanziellen, klimapolitischen und Lärmschutzgründen“ solle darauf verzichtet werden, die Kapazitäten in Schönefeld (alt und neu) auszubauen, fordert der zuständige Fachausschuss des SPD-Landesverbandes in einem Antrag für den Parteitag der Sozialdemokraten am 20. Mai. Der Luftverkehr von und nach Berlin müsse an die vorhandenen Kapazitäten angepasst werden, „nicht umgekehrt“.

Nur so könne der Senat sein Ziel, bis 2020 die Klimabelastung um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, noch erreichen, warnen die Fachleute der Regierungspartei. Der Fachausschuss schlägt deshalb vor, gemeinsam mit Brandenburg das Nachtflugverbot am künftigen Flughafen BER zu erweitern, die Start- und Landegebühren zu überprüfen und finanzielle Anreize für mehr Flugverkehr zu streichen. Ein weiterer Vorschlag des Fachausschusses: Neue Flugverbindungen könnten durch die Umlenkung von Kurzstreckenflügen unter 600 Kilometer auf Bus und Bahn verhindert werden.

Mithilfe eines Gutachtens sollten die Eigentümer des Hauptstadt-Airports, Berlin, Brandenburg und der Bund, „weitere Maßnahmen zu einer Luftverkehrsbegrenzung entwickeln“. Ein Ausbau des BER nach dessen Fertigstellung, der zusätzliche Milliarden kosten werde, sei nicht vertretbar. Eine Empfehlung der Antragskommission des SPD-Landesvorstands zu diesen Vorschlägen gibt es noch nicht. Die Fachausschüsse haben aber großen Einfluss auf die Weiterentwicklung der sozialdemokratischen Parteiprogrammatik. Vorsitzende des Ausschusses „Natur, Energie, Umweltschutz“ ist Heike Stock, die in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen fachlich zuständig für den Entwicklungsplan „Klima“ ist.

Ein weiterer Antrag für den SPD-Parteitag, der vom Fachausschuss „Mobilität“ erarbeitet wurde, zielt in die gleiche Richtung. Die Verkehrsexperten fordern, die Start- und Landegebühren „treibgasabhängig zu gestalten“, die Luftverkehrsteuer bundesweit anzuheben und die Befreiung grenzüberschreitender Flugtickets von der Umsatzsteuer zu streichen. Eine Ausweitung des Nachtflugverbots sei zu prüfen und die maximale Kapazität von jährlich 360 000 Flugbewegungen müsse langfristig eingehalten „und nach Möglichkeit deutlich unterschritten“ werden. 2016 lag die Zahl der Flugbewegungen an den Berliner Flughäfen schon bei 282 000. Das im SPD-Antrag genannte Limit dürfte in wenigen Jahren erreicht sein.

Die Mobilitätsfachleute der SPD haben auch Ideen, wie die Berliner trotzdem von einem Ort zum anderen kommen. „Dienstreisen des öffentlichen Dienstes sowie vom Land Berlin geförderte Jugend- und Schülerreisen sollen, soweit zeitlich vertretbar, mit der Bahn erfolgen.“ Außerdem solle der Senat in der Bevölkerung verstärkt für „klimafreundlichen Urlaub“ mit dem Fahrrad und auf der Schiene werben. Für solche Werbeaktionen könnten Förderprogramme der Europäischen Union und der Internationalen Tourismusbörse (ITB) genutzt werden.

Vergleichbare Forderungen wurden zuletzt im Berliner Wahlkampf 2011 erhoben, als die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast dafür warb, sich in Schönefeld mit einem innereuropäischen Regionalflughafen zu begnügen. Sollten sich die Positionen der SPD-Fachausschüsse auf dem Parteitag im Mai durchsetzen, geriete der Masterplan für den Ausbau des Flughafens BER, an dem die Flughafengesellschaft noch arbeitet, in Gefahr. Darin soll festgelegt werden, wie die steigenden Passagierzahlen langfristig bewältigt werden können. 2016 wurden in Berlin 32,9 Millionen Fluggäste gezählt, die aktuellen Prognosen gehen von 46,8 Millionen Passagieren im Jahr 2030 aus. Zwei zusätzliche Abfertigungsgebäude sind planrechtlich möglich. Ulrich Zawatka-Gerlach

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