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Erheblicher Blickwechsel. Das neue Design des Messestandes des Landes Brandenburg auf der Grünen Woche 2020 ist gewöhnungsbedürftig.

© Thilo Rückeis

Grünen Woche 2020: Mehr Bio und mehr Sachlichkeit in der Brandenburg-Halle

Vorbei mit der Dorfidylle: Die Brandenburg-Halle auf der Grünen Woche 2020 wird modern.

Berlin - Langjährige Besucher der Brandenburg-Halle auf der Grünen Woche werden dieses Jahr denken, sie sind im falschen Film. Denn von Dorfidylle und Landromantik ist beim neuen Messeauftritt des Bundeslandes nichts mehr zu sehen. Stattdessen tritt Brandenburg jetzt mit einem modernen Design an, das eher an ein Coworking-Space als an eine Grüne-Woche-Halle erinnert.

Breite Gänge, an deren Seiten sich die 70 Stände der Aussteller aneinanderreihen, helles Holz, ein betont nüchternes Design in den Farben Weiß, Rot und Schwarz und die kleinere Bühne wirken übersichtlich, doch wer Gemütlichkeit sucht, sucht vergeblich. Das aber haben in den vergangenen Jahren – Brandenburg ist seit 1991 auf der weltgrößten Landwirtschafts- und Ernährungsschau vertreten – viele Menschen getan. Die Halle des Berliner Nachbarlands gehört traditionell neben der Bayern- und der Tierhalle zu den Publikumslieblingen.

Gewöhnungsbedürftiges Design

Mit den großen Menschenmengen, die sich durch die engen Gänge gedrängt hatten, sei es aber nur „beschränkt gemütlich gewesen“, sagt Brandenburgs neuer Agrarminister Axel Vogel. Mit dem neuen Messekonzept hat der Grünen-Politiker, der in der Regierung Woidke auch für Umwelt und Klimaschutz zuständig ist, allerdings nichts zu tun. „Die Entscheidung ist bereits 2016 gefallen“, berichtete Vogel am Freitag in Berlin. 1,1 Millionen Euro hat der Neubau gekostet, das Mobiliar soll aber fünf Jahre lang halten. Und da das Land jedes Jahr 270.000 Euro an Mieteinnahmen von Grüne-Woche-Ausstellern einnimmt, halten sich die Ausgaben in Grenzen. Andere sind skeptischer. Die Brandenburg-Halle sei bei den Besuchern früher immer gut angekommen, gibt der Präsident des Landesbauernverbands, Henrik Wendorff, zu bedenken. „An das neue Design muss ich mich erst noch gewöhnen.“

Die alte Brandenburg-Halle.
Die alte Brandenburg-Halle.

© Soeren Stache, dpa

Dagegen scheint die Gewöhnung an die neuen politischen Verhältnisse leichter zu fallen als gedacht. Mit Vogel stellen nämlich erstmals die Grünen den Agrarminister, viele Bauern waren skeptisch. Doch der neue Minister will zwar den Ökolandbau ausweiten, „aber keinen zwingen“, seinen Betrieb auf Bio umzustellen.

So soll das neue Regionalsiegel, an dem jetzt gearbeitet wird, nicht nur für Bio-, sondern für alle Betriebe aus der Region gelten. Für Wendorff, der selbst Öko-Bauer ist, hat dieses Projekt Priorität. Mit dem Regionalsiegel werde es leichter, sich den Berliner Markt zu erschließen, glaubt der Bauernpräsident. Er hofft, dass Berlin das neue Label bei Ausschreibungen für das Kita- oder Schulessen zugrunde legen wird.

Probleme bei Gemüse und Obst

Berlin hat kürzlich eine Ernährungsstrategie beschlossen, die auf regionale Lebensmittel setzt, allerdings sollen die nach Meinung des Senats aus dem Öko-Landbau kommen. Derzeit fehlen aber in Brandenburg die Kapazitäten, um die Hauptstädter in allen Bereichen mit bio-regionalen Nahrungsmitteln zu versorgen.

Eine 100-prozentige Versorgung Berlins mit Öko-Nahrungsmitteln aus Brandenburg sei derzeit nicht möglich, räumt auch Vogel ein. Probleme gibt es vor allem bei Gemüse und Obst. Diese Lücken will der Minister schließen, indem er Obst- und Gemüsebauern höhere Förderprämien für die Umstellung auf Bio zahlen will. Zudem plant Vogel ein Kompetenzzentrum, das Landwirte bei der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft beraten soll.

Öko-Landwirte freuen sich über Wachstum

Schon jetzt kann sich die Bio-Branche in der Region über ein kräftiges Wachstum freuen, sagt Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL). Doch während etwa die Versorgung mit Bio-Milch gut läuft, sei die Wertschöpfungskette in anderen Bereichen „ausbaufähig“, etwa bei Kartoffeln. Bio-Kartoffeln werden in Brandenburg nur auf 72 Hektar angebaut, das ist etwa ein Viertel der Fläche des Tempelhofer Felds. Zum Vergleich: Niedersachsen kommt auf 2500 Hektar.

Seit 2018 versucht die FÖL, das zu ändern. Das Projekt – eine Hilfe zur Selbsthilfe – ist auf fünf Jahre angelegt und finanziert etwa Beratungs- und Schulungskosten für Bio-Kartoffelbauern. Wimmer ist zuversichtlich: Man habe bereits zehn neue Betriebe gewonnen, sagt er. Die Chancen sind groß. Brandenburger Öko-Gemüsebauern könnten ihren Anbau verdreifachen und die gesamte Ware in Berlin absetzen, glaubt Wimmer.

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