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Foto: Jan-Peter Kasper/dpa

© dpa

Großer Bedarf noch nicht gedeckt: Mehr Organspenden in Brandenburg

Erstmals seit Jahren werden wieder mehr Organe gespendet. Der Bedarf ist trotzdem noch nicht gedeckt.

Potsdam - Lichtblick für Menschen, die auf ein Spenderorgan warten: In Brandenburg sind ist die Zahl der Organspenden in diesem Jahr bislang deutlich gestiegen. Das geht aus Daten der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) hervor. Von Januar bis Juli wurden demnach 75 Organe in Brandenburg entnommen. Im Vergleichszeitraum 2017 waren es 33.

23 Menschen spendeten demnach im ersten Halbjahr in Krankenhäusern und Kliniken Organe wie Niere, Herz oder Lunge. Zum Vergleich: 2017 waren es insgesamt 18 Spender. „Die Zahlen deuten endlich wieder auf einen Anstieg hin“, sagt Dirk Pappert, Transplantationsbeauftragter und Chefarzt am Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann. 2017 wurden dort acht Menschen Organe entnommen – womit dort fast die Hälfte aller Entnahmen im Land stattfanden. In Krankenhäuser wie in Cottbus, Neuruppin oder Eberswalde gab es dagegen keine.

„Wir sind in Brandenburg dringend auf Organspenden angewiesen“, sagt Chefarzt Pappert. Laut der europäischen Vermittlungsstelle Eurotransplant warteten zum Stichtag 1. Juni dieses Jahres 395 Brandenburger auf eine Spende. Besonders Nierentransplantationen würden dringend benötigt, so Pappert. Sechs bis sieben Jahre müssten Patienten auf das Organ warten. Jahrelang gingen die Organspenden zurück. Meldete die DSO 2005 noch 52 Organspender, waren es zehn Jahre später nur noch 22. Für die Kehrtwende in diesem Jahr sei ein gestiegenes Bewusstsein in der Bevölkerung verantwortlich, vermutet Pappert. Auch prominente Beispiele wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), der 2010 seiner kranken Frau Elke Büdenbender eine Niere spendete, hätten ihren Beitrag geleistet.

„Das ist kein Thema, das man beim Abendessen bespricht“

Warum gibt es trotz des hohen Bedarfs an den lebenswichtigen Organen und prominenter Vorbilder immer noch so wenige Spender? Pappert zufolge ist die Organspende eine „große Grauzone“. „Das ist kein Thema, das man beim Abendessen bespricht“, so der Mediziner. Häufig werden Menschen erst beim Tod eines nahen Angehörigen mit der Frage konfrontiert.  Auch wüssten viele nichts über den Weg zur Organspende. Zwei unabhängige Ärzte  müssen erst den Hirntod feststellen. Je nachdem, ob der Spender ein Kind, Jugendlicher oder Erwachsener ist, gelten unterschiedliche Bedingungen. Nach 24 beziehungsweise 48 Stunden müsse der Hirntod dann erneut festgestellt werden. Anschließend werden die Daten des Verstorbenen an Eurotransplant im niederländischen Leiden übermittelt. Diese sucht in Datenbanken nach passenden Empfängern. Gibt es für einen Empfänger die passende Spende, wird das betreffende Krankenhaus sofort informiert und das Organ wird zum Krankenhaus geschickt, wie Pappert erläutert. 

Immer wieder gebe es auch Misstrauen, so Pappert. Befürchtungen etwa, dass Ärzte ihre Bemühungen um das Leben des Patienten einstellten, sobald ein Organspendeausweis vorliege. „Das können wir gar nicht“, sagt Pappert. Der potenzielle Spender müsse für die Entnahme optimal therapiert sein. „In erster Linie geht es immer darum, den Patienten über die Runden zu bringen.“  Die jüngsten Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wonach grundsätzlich jeder zum Organspender wird, es sei denn, er oder seine Angehörigen widersprechen, findet Pappert richtig. Bislang dürfen Organe nur entnommen werden, wenn der Entnahme im Spenderausweis oder beispielsweise einer Patientenverfügung zugestimmt wurde. Andernfalls müssen erst nächste Angehörige gefragt werden. Spahns Lösung trenne Spendenwillige von -unwilligen, so Pappert. „Durch die Widerspruchslösung muss jeder, der gegen eine Spende ist, sich dazu äußern.“

Für Burkhard Tapp vom Bundesverband der Organtransplantierten (BDO) ist die Widerspruchsregelung keine Lösung. „Bei der Organspende in Deutschland geht es geht um strukturelle Probleme.“ Es fehle an Menschen, die Zeit haben, mögliche Organspender zu erkennen und zu melden. „Fachpersonal wie Transplantationsbeauftragte müssen für die Organspendebetreuung zeitlich freigestellt werden“, fordert Tapp.   Für Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sind „alle Ideen willkommen“, die die Bereitschaft zu Organspenden erhöhen. (dpa)

Anna Kristina Bückmann

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