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Brandenburg: Grenzwertig

Heute stellt Rechnungshofpräsident Christoph Weiser den neuen Jahresbericht vor. Das ist seine Pflicht. Als Einstimmung vergab er schon mal Noten zur rot-roten Zwischenbilanz. Macht der Hof etwa Politik?

Potsdam  - Mit der Gewaltenteilung ist es in Brandenburg so eine Sache. Gelegentlich muss die Regierung daran erinnert werden, dass das Parlament der Souverän ist. Aber es geht auch anderswo grenzwertig zu. Selbst bei einer unabhängigen Institution wie dem Landesrechnungshof. Die von Präsident Christoph Weiser geführte oberste Finanzkontrollbehörde des Landes wird am heutigen Montag ihren Jahresbericht vorstellen, in dem – da darf man sicher sein – erneut diverse Fälle von Verschwendung und Missmanagement gerügt werden, was die ureigene Pflicht und verfassungsmäßige und gesetzliche Aufgabe des Rechnungshofes ist.

Schlechte Noten für die Landesregierung

Ist das auch bei dem Rechnungshof-Papier der Fall, das als Einstimmung den Weg in die Medien fand? Im Stile einer Oppositionsfraktion des Landtages vergibt der Landesrechnungshof darin Noten zur Zwischenbilanz der rot-roten Landesregierung. Und zwar „überwiegend schlechte“, wie die Deutsche Presseagentur zusammenfasst. Zitat: „In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier markierten die Kassenprüfer die Umsetzung ihrer 2014 aufgestellten Forderungen an die Koalition mit den Ampelfarben rot, gelb und grün.“ Und : „Dabei wurde mehr als die Hälfte der Punkte mit rot versehen, weil sie nicht oder unzureichend umgesetzt wurden. Dreimal vergaben die Kassenprüfer gelb und viermal grün.“

Der Faktencheck zum Ampel-Zeugnis des Rechnungshofes zeigt allerdings: Die Urteile sind mindestens fraglich. Wie zum Beispiel bei den Aufgaben: Angesichts gleichbleibender oder sinkender Mittel der öffentlichen Hand müsse der Aufgabenbestand hinterfragt werden, hatte der Rechnungshof gefordert. Die Kassenprüfer urteilten nun: „Nicht in den Koalitionsvertrag übernommen, nicht umgesetzt“ und markierten den Punkt mit Rot. Rot?

Rekordhaushalt, so hoch wie nie

Entgegen der Fehl-Annahme der Prüfbehörde sind die öffentlichen Mittel aber nicht gesunken, im Gegenteil. Sie sind Jahr für Jahr gestiegen. Brandenburg hat - ohne neue Schulden - einen Rekordhaushalt von 11,6 Milliarden Euro. So hoch wie nie. Und gleichzeitig ist eine Rücklage von einer Milliarde Euro gespart worden. Zur Umsetzung der Vorschläge der Enquete-Kommission zur Kommunal- und Landesverwaltung vergeben die Hof-Prüfer in ihrer Ampel seltsamerweise ein „Gelb“. Dabei sind die Kreisreform- und Funktionalreformgesetze in den Landtag eingebracht, dann aber zurückgezogen worden.

Die Landesregierung habe zudem die geforderte Obergrenze von 40.000 Personalstellen im Jahr 2022 aufgegeben, so das Rechnungshof-Papier. Der Personalabbau, der Rotstift wurde gestoppt. Und zwar weil dieses in anderen Zeiten formulierte Ziel zum Schaden des Landes Brandenburgs war, der Raubbau an der Polizei, die Minderausstattung im Bildungsbereich und bei wichtigen Behörden eine Folge war. Das ist durch die rot-rote Regierung - akzeptiert von der Opposition im Landtag - inzwischen korrigiert worden, es werden mehr Lehrer und Polizisten eingestellt.

Erstmals einige hundert Millionen Euro getilgt

Laut Grundgesetz dürfen die Bundesländer von 2020 an keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Zwölf Bundesländer haben dies laut Rechnungshof in ihrer Verfassung oder in ihrer Haushaltsordnung extra verankert. Für Brandenburg fehlt eine Aufnahme in die Verfassung aber noch. „Nicht in den Koalitionsvertrag übernommen, bisher nicht umgesetzt, jedoch bereits mehrfach im Plenum angekündigt“, lautet das Fazit des Rechnungshofes. Allerdings gilt ohnehin bald die bundesweite Schuldenbremse. Und die Praxis? Der Rechnungshof forderte schon lange eine Tilgung der Alt-Schulden Brandenburgs, die etwa bei 17 Milliarden Euro liegen – ein kontinuierlicher Abbau sei die beste Vorbeugung gegen steigende Zinslasten. Tatsächlich sind erstmals einige hundert Millionen getilgt worden. „Hier zeigen sich die Kassenprüfer überwiegend zufrieden und stellen die Bewertungs-Ampel auf Grün.“ Die Opposition wäre da nicht so großzügig.

Angesichts knapper werdender Fördermittel müsse die Vergabe zielgenauer werden, fordert der Hof. Schon lange. Es seien von der Regierung messbare Indikatoren aufgestellt worden, um eine effektive Erfolgskontrolle zu ermöglichen. Und hier bekommt Rot-Rot ein „Grün“. „In Ansätzen in Koalitionsvertrag übernommen und auch in Teilen umgesetzt“. Steht das Lob auch so im neuen Rechnungshofbericht? Wohl kaum. (mit dpa)

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