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Neuvermessung. Andreas Blankenfeld, Vermesser der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg, vor dem Neiße-Deich bei Bahren an der deutschen Grenze zu Polen.

© Theo Heimann/dapd

Brandenburg: Grenzfragen

Zentimeterarbeit: In Brandenburg wird die Neuvermessung der Oder-Neiße-Grenze vorbereitet

Von Katharina Wiechers

Bahren/Neiße - Wie ein Farbtupfer steht das orangefarbene Auto von Andreas Blankenfeld und Michael Natusch in der grünen Flusslandschaft an der Neiße. Die beiden Vermessungstechniker haben direkt am Deich ihre dreibeinigen Stative aufgebaut und tippen in die angeschlossenen GPS-Geräte. Kilometer für Kilometer fahren sie seit Anfang Juli die Grenze zwischen Brandenburg und Polen ab. Sie bereiten die Neuvermessung der deutsch-polnischen Grenze vor, die 2014 ansteht.

Fast 40 Jahre ist es her, dass die Oder-Neiße-Grenze das letzte Mal vermessen wurde, erklärt Günther Rothberger vom Landesbetrieb für Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (LGB). Seit 1977/1978 haben unzählige Hochwasser und andere Umwelteinflüsse die Ufer der Grenzflüsse höchstwahrscheinlich verändert und damit auch den Grenzverlauf. Während die Polen ihre Grenze „gehegt und gepflegt“ hätten, sei auf deutscher Seite nur so viel wie nötig getan worden, sagt Rothberger, der beim Landesamt für die Landes- und Bundesgrenzen zuständig ist. Doch 2010 trat ein Bundesgesetz in Kraft, das die Neuvermessung vorschreibt.

Vor der eigentlichen Vermessung müssen die Grenzmarkierungen überprüft, ihr genauer Standort notiert und dann ersetzt werden, wie Rothberger erklärt. An der 270 Kilometer langen Wassergrenze zwischen Brandenburg und Polen stehen schwarz-rot-gelb gestreifte, zwei Meter hohe Säulen. An der nur zehn Kilometer langen Landgrenze im Norden Brandenburgs sind es quadratische Grenzsteine.

Die Markierungen wurden im Lauf der Jahre stark mitgenommen. Von etwa 500 Säulen seien weniger als 20 noch intakt, sagt Rothberger. Viele seien schief, der Beton im Inneren sei porös, die Plastikverschalung kaputt oder die Farben seien nicht mehr gut erkennbar. Tatsächlich sieht das Rot an der Säule, an der Blankenfeld und Natusch stehen, mittlerweile eher wie ein verwaschenes Dunkellila aus. Zentimetergenau bestimmen die beiden Vermessungstechniker, wo die Säulen stehen und wie weit sie vom jeweiligen Pendant auf der polnischen Seite entfernt sind. Zwar liegen sie einige Hundert Meter von der eigentlichen Grenze entfernt und dienen lediglich der Orientierung. Für die eigentliche Vermessung 2014 ist es aber wichtig, ihren exakten Standort zu kennen.

An nicht schiffbaren Gewässern – wie der Neiße im Süden Brandenburgs – wird die Mitte zwischen den beiden Uferstreifen als Grenze berechnet, wie Rothberger erklärt. Bei schiffbaren Gewässern wie der Oder gilt der Talweg, also die tiefste Stelle im Fluss, als Grenze.

Es sei gut möglich, dass es durch die Neuvermessung an der ein oder anderen Stelle Flächengewinne oder -verluste für Deutschland oder Polen gebe, sagt Rothberger. Dass deshalb Reiseführer und Lexika neu geschrieben werden müssen, glaubt er aber nicht. „Da wird man sich schon irgendwie einigen“. Nicht immer ist es für die Vermessungstechniker einfach, an die Grenze zu kommen. „Hier am Deich ist es schick“, sagt Blankenfeld. Schließlich könne man bequem mit dem Auto vorfahren. Manchmal müssen sie aber auch querfeldein laufen, sagt der Techniker. „Dann heißt es schleppen.“

Alle 200 bis 1200 Meter stehen die Säulen. Entlang der gesamten deutsch-polnischen Grenze sind sie durchnummeriert, von Süden nach Norden. Brandenburgs erste Säule hat die Nummer 308, die letzte an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern die 771. Auch Natusch und Blankenfeld arbeiten sich von Süden nach Norden vor. Mittlerweile sind sie bei der Säule mit der Nummer 328 angelangt. Einiges liegt also noch vor ihnen. Katharina Wiechers

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