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Brandenburg: Goetjes im Zwielicht

Zeugin im Untreue-Prozess: Ex-Schatzmeister der Grünen ließ Prostituierte für sich anschaffen

Potsdam - Die Aussage einer Prostituierten vor dem Potsdamer Landgericht hat ein schlechtes Licht auf den früheren Schatzmeister der Brandenburger Grünen, Christian Goetjes, geworfen. Detailliert schilderte die 22 Jahre alte Bulgarin am Dienstag, wie Goetjes sie und mindestens fünf andere Prostituierte in einem von ihm betriebenen Escort-Service anschaffen ließ. Ein Polizeibeamter sprach vor Gericht von mindestens acht. Das Bild des mittellosen und reuigen Mannes, das Goetjes zu Prozessbeginn in einem Geständnis von sich selbst entworfen hatte, ist damit möglicherweise beschädigt.

Goetjes ist angeklagt, zwischen 2010 und 2011 rund 274 000 Euro von Parteikonten der Brandenburger Grünen veruntreut zu haben. Er hatte die Tat eingeräumt und angegeben, das Geld für zwei Prostituierte verwendet zu haben, um die Frauen aus angeblichen Notlagen zu befreien. Noch während des Prozesses wurde bekannt, dass der Beschuldigte in der Rotlichtszene tätig sein soll.

Nach den Schilderungen der Frau hat Goetjes zumindest im Februar 2012 über eine von ihm betriebene Internetseite bulgarische Frauen zur Prostitution angeboten. Dafür habe er selbst Fotos von den Frauen gemacht und deren Dienstleistungen und Preise beschreiben. Die Frauen hätten für 100 Euro pro Stunde gearbeitet. Davon habe Goetjes die Hälfte kassiert. Goetjes sei von Freiern auf seinem Telefon angerufen worden. Daraufhin habe er die Frauen vom Straßenstrich in der Berliner Bülowstraße zu den Kunden gefahren, im Auto gewartet und wieder zurückgefahren. Die Zeugin habe Goetjes selbst auf der Straße kennengelernt, als er ihr angeboten habe, für seinen Escort-Service zu arbeiten. Zudem soll er ihr offeriert haben, in seiner Wohnung zu wohnen, was zum Teil auch andere Frauen getan hätten.

Goetjes habe der Zeugin erklärt, dass er sich in sie verliebt habe. „Ich habe seine Gefühle nicht erwidert“, sagte sie. Daher sei sie bereits nach nur zwei Wochen aus dem Geschäft ausgestiegen. Da sie sich von ihm bedrängt und verfolgt fühle, habe sie ihn vor wenigen Wochen angezeigt. Ein Kriminalbeamter bestätigte die Abläufe bei dem Escort-Service. Der als Zeuge geladene Ermittler betonte aber, dass es keine Anhaltspunkte für Zuhälterei gebe, da die Prostituierten frei über ihre Arbeitszeit hätten verfügen können. Andernfalls wären die Straftatbestände der Zuhälterei erfüllt. Der Angeklagte äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen aus dem Rotlichtmilieu. Bedeutung könnte die Aussage der Bulgarin für das notarielle Schuldeingeständnis haben, das Goetjes, der keine abgeschlossene Berufsausbildung hat, im Juni den Grünen abgegeben hat. Auf Basis seiner eidesstattlichen Erklärung, mittellos zu sein und ausschließlich Arbeitslosengeld zu beziehen, willigte die Partei auf eine Rückzahlung des veruntreuten Geldes in Höhe von lediglich 65 000 Euro ein. Dabei sind es den Grünen zufolge hauptsächlich die Eltern des Angeklagten, die das Geld zurückzahlen, indem sie für 45 000 Euro ihr Haus verpfändet haben. Sollte sich herausstellen, dass Goetjes nicht mittellos war, würde der Vertrag ungültig und die Gesamtschuld fällig. Auch die Partei will juristisch gegen ihn vorgehen, sollte er seine Vermögensverhältnisse falsch dargestellt haben. Peter Könnicke

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