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Brandenburg: Glocken der Gedächtniskirche erklingen wieder

Berlin - Gespannt blicken die Menschen nach oben. Wenige Sekunden noch, dann ist es so weit.

Berlin - Gespannt blicken die Menschen nach oben. Wenige Sekunden noch, dann ist es so weit. Der Posaunenchor hat aufgehört zu spielen, auf dem Breitscheidplatz ist es nun ungewohnt still. Da! „Bimm – Bimm – Bimm “ Die altvertrauten Töne, die viele zwischen der Tauentzienstraße und dem Kudamm seit mehr als zwei Jahren vermisst haben, sind seit Sonntag wieder zu hören. Das Glockenspiel im alten Turm der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche hat wieder zu schlagen begonnen. Es ist zwölf Uhr mittags in Berlin.

„Das ist ein schöner Moment“, sagt Pfarrer Martin Germer. Seit 2007 bekannt wurde, dass die Fugen am Turm marode waren und Steine zu bröckeln anfingen, sammelte der Theologe Spenden und verkaufte Fugenpatenschaften. 1,2 Millionen Euro sind am Ende zusammengekommen, dazu eine Million Euro vom Land Berlin, eine Million von der Lotto-Stiftung und eine Million vom Bund. Mit einem großen Festgottesdienst – 750 Gäste waren an diesem Sonntag da, darunter auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) – feierte die Gemeinde den ersten Glockenschlag.

Und in seiner mit Applaus bedachten Predigt ließ Germer die Geschichte des 1895 errichteten Gotteshauses Revue passieren. Da war der Pfarrer, der schon vor dem Ersten Weltkrieg ein Ende des Wettrüstens forderte, da war die Zeit des Nationalsozialismus, wo auch an der Gedächtniskirche der Streit zwischen hitlertreuen Deutschen Christen und der widerständigen Bekennenden Kirche tobte. Und da war die Kriegsnacht von 1943, in der die Turmspitze von einer Bombe zerstört wurde, und der Streit um den Wiederaufbau in der Nachkriegszeit. „Hier durften und sollten Kriegsspuren sichtbar bleiben“, sagte Germer. Und auch wenn nun in der City-West Hochhäuser geplant sind, die weit höher werden sollen als der Turm – die Gedächtniskirche werde auch weiter als „steinerner Zeuge in die Stadt hineinwirken.“ So sieht das auch der Regierende Klaus Wowereit. „Berlin erhält sein Wahrzeichen zurück“, sagte er in einem Grußwort, das auch einen kleinen Querverweis zur Dauerbaustelle BER enthielt: „Auf anderen Baustellen würde man wohl von einem Softopening sprechen“, sagte Wowereit. Denn die Gerüste rund um die Kirche würden ja erst im Frühjahr endgültig abgebaut. „Die Ruine des Kirchturms ist seit der Befreiung von der Nazi-Diktatur ein Denkmal für die Verheerungen des von den Deutschen begonnenen Krieges“, sagte Wowereit. „Sie steht als Mahnung für den Frieden, als Zeichen der Hoffnung und des Wunsches nach Vergebung und Versöhnung.“ Benjamin Lassiwe

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