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Brandenburg: Gift für die Adler: Jäger schießen wieder mit Blei

Forstverwaltung hatte Bleischrot erst 2005 verboten, weil Aasfresser an Schrot verendeten Doch mit der seitdem verwendeten Munition häuften sich Querschläger

Von Matthias Matern

Potsdam - Wegen Sicherheitsbedenken darf in Brandenburgs Wäldern nun nicht mehr mit bleifreier Munition gejagt werden. Aus „Fürsorgeverpflichtung für Mitarbeiter und Jagdgäste" hat die Landesforstverwaltung den Einsatz von bleifreien Geschosse verboten, hieß es gestern in einer Mitteilung. Grund seien Meldungen darüber, dass Schießen mit bleifreie Munition weitaus häufiger zu unberechenbaren Querschlägern führt.

Anfang 2005 noch hatte Brandenburg genau die gegenteilige Verordnung erlassen und seinen Forstmitarbeitern die Benutzung von Bleimunition untersagt. Zuvor waren mehrere Seeadler verendet, die offenbar von Resten geschossener Tiere gefressen und sich mit Blei vergiftet hatten (PNN berichteten).

Mit dem Erlass zum Schutz der Greifvögel betrat Brandenburg damals bundesweit Neuland und gründete zudem 2006 die Steuergruppe „Bleifreimonitoring", die seitdem den Einsatz der bleifreien Munition untersuchte. Dabei seien von der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen in Paderborn vor allem „Mängel am Abprallverhalten“ festgestellt worden, heißt es in der Erklärung der Landesforstverwaltung. Jedoch würden auch zwei Jagdunfälle mit dem ballistischen Verhalten der betreffenden Munition in Verbindung gebracht, sagte gestern Jens-Uwe Schade, Sprecher im Brandenburger Umweltministerium. Während dabei in Franken ein Jagdteilnehmer ums Leben kam, endete ein Zwischenfall in Brandenburg nur mit einer Verletzung. Zu beiden Fällen gebe es allerdings einen Expertenstreit, inwieweit bleifreie Munition eine Rolle gespielt habe, sagte Schade.

Zumindest, was den Unfall in Brandenburg betreffe, sei mittlerweile eindeutig geklärt, dass die Ursache in der bleifreien Munition lag, sagte dagegen der Leiter der Landesforstverwaltung Brandenburg, Karl-Heinrich von Bothmer. Wegen des Vorfalls, der sich im Dezember 2006 in der Oberförsterei Potsdam ereignet haben soll, hält auch Wolfgang Bethe, Präsident des Brandenburger Landesjagdverbandes, die Entscheidung der Landesforstverwaltung für richtig. Seines Wissens habe dort ein Jäger von einem Hochsitz aus auf ein Wildschwein geschossen und danach einen weiteren Jagdteilnehmer gebeten, den tödlichen Fangschuss abzugeben. Dieser Schuss sei jedoch vermutlich von einem Knochen des Tieres abgeprallt und habe den Jäger im Hochsitz in die Wade getroffen, berichtete Bethe. „Fakt ist, dass die Geschosse unkontrolliert abprallen."

Während die relativ weiche bleihaltige Munition beim Aufprall sehr viel Energie abgibt, deformiert und deshalb keine weiten Strecken mehr zurücklegen kann, verformen sich die härteren bleifreien Geschosse nicht und prallen daher mit sehr hoher Geschwindigkeit in unberechenbarem Winkel ab.

Gregor Beyer, der selbst seit rund 15 Jahren Jäger ist und für den NABU in der Monitoring-Gruppe sitzt, bezweifelt jedoch den geschilderten Ablauf des Jagdunfalls bei Potsdam. „Dass ein Fangschuss so abprallt, dass er den Schützen im Hochsitz trifft, ist fast ausgeschlossen“, sagt er. Wolfgang Mädlow, Landesgeschäftsführer des Naturschutzbundes Brandenburg, hält das Verbot der bleifreien Munition deshalb für voreilig. „Es gibt noch viele Unklarheiten zu beiden Fällen, die erst geklärt werden müssen", sagt er.

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