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Saskia Ludwig und Alexander Gauland.

© promo, dpa

Gemeinsames Interview als "CDU-AfD-Premiere": Ludwig, Gauland und der Kampf um konservative Wähler

Die Brandenburger CDU-Politikerin Saskia Ludwig und AfD-Landeschef Alexander Gauland geben dem Rechtsaußen-Blatt „Junge Freiheit“ ein gemeinsames Interview. Über den Versuch einer Wahlkampfhilfe von rechts.

Potsdam - Nein, in die AfD will Saskia Ludwig nicht. Was auch immer die politischen Gegner von links der CDU-Landespolitikerin vorwerfen. Aber Wahlkampfhilfe von rechts gibt es schon, von AfD-Landeschef Alexander Gauland selbst – mit einem gemeinsamen Interview in der Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Genau jenes Rechtsaußenblatt, in dem sie 2012 einen Namensbeitrag veröffentlichte und darüber als CDU-Landes- und Fraktionschefin stürzte.

Nun kündigt dieses Blatt als „CDU-AfD-Premiere“ ein Streitgespräch zwischen Ludwig und Gauland an – das aber keines ist, sondern eher ein freundlicher Austausch über das Konservative und wie es darum in der CDU heute steht, aber auch über die AfD. Wobei Gauland in seiner Partei bundesweit etwas zu sagen hat. Ludwig dagegen – nichts. Sie gilt als isoliert.

In Potsdam kommen sich Gauland und Ludwig nicht in die Quere

Bemerkenswert an dem Interview ist auch: Beide wollen in den Bundestag. Beide wohnen in Potsdam. Doch Gauland tritt in Frankfurt (Oder) als Direktkandidat zur Bundestagswahl an, Ludwig in Potsdam und Mittelmark, wo sie auch CDU-Kreisparteichefin ist. Nach den aktuellen Umfragen liegt in diesem Wahlkreis die SPD vorn. In die Quere kommen sich Ludwig und Gauland jedenfalls nicht. Der AfD-Landeschef ist aber Spitzenkandidat seiner Partei in Brandenburg, sein Einzug in den Bundestag über die Landesliste gilt als sicher. Ludwig dagegen ist mit Platz acht nicht auf der Landesliste abgesichert.

Ludwig wirft Gauland in dem Interview Fahnenflucht vor, als er die CDU verließ, um die AfD zu gründen – der „bequemere Weg“, wie sie findet. Gerade so, als hätte Gauland in der CDU von 2017 noch etwas zu suchen. „Wären Sie und andere in der Union geblieben, lieber Herr Gauland, wären die Konservativen dort schon heute sehr viel weiter“, sagt Ludwig. Durch die AfD hätten Parteifunktionäre in der CDU den Meinungsspielraum der Konservativen scheinbar eingegrenzt. Gaulands Weggang sei ein „Bärendienst für all jene“ gewesen, mit denen er zuvor etwa im Berliner Kreis versucht habe, „für unsere Ideale zu kämpfen“.

Ludwig - eine gegen alle Bundestagsabgeordneten, Merkel sowieso und das CDU-Establishment

Ludwig gibt nun die Jeanne d’Arc der Konservativen in der CDU, sagt: „Ich stehe beharrlich für meine CDU – die nicht nur die Partei Merkels ist. Meine Kritik richtet sich hauptsächlich an die Abgeordneten im Bundestag, die Merkels Kurs folgen, obwohl sie ihn nicht gutheißen, statt ihn zu korrigieren.“ Dann geißelt sie die „Brandenburger Presse“, weil nicht notiert wird, wie Ludwig sich engagiert, die „offensichtlichsten Missstände in unserem Land zu beheben“, die kleinen Dinge.

Aber die AfD? Für Ludwig ein Sammelbecken von Konservativen, Glücksrittern und Radikalen, keine Alternative, wegen der Selbstdarsteller wie dem Ex-FDP- Mann Marcus Pretzell, Gatte von AfD-Chefin Frauke Petry, eher „klassischer Karrierist“ denn Konservativer.

Ein Seitenhieb: Petke der Pretzell der Brandenburger CDU

Für die Umstände ihres Rücktritts 2012 macht sie ihren Fraktionskollegen Sven Petke verantwortlich, für Ludwig ist er der Pretzell der Brandenburger CDU. Während es bei der Landespartei nach ihrem Rücktritt weitere Wechsel gab, habe aber der konservative Kurs bei den Wählern nie zur Debatte gestanden. Sie habe ihr Direktmandat danach sogar verteidigt. Und nun wolle sie - Ludwig, die Reserve-Offizierin der Marine - alles versuchen, um bei der Bundestagswahl „den vierten Stern für das vierte Direktman­dat zu erringen“.  

Dann spricht sie vom CDU-Establishment, dem Einknicken vor den 68ern. Sie dagegen braucht keine „strategische Perspektive, sondern nur die Meinungen der Bürger in Werder, Ludwigsfelde oder dem kleinen Kemnitz“,  eben nicht die veröffentlichte, politisch korrekte Meinung.

Terrorismus und die mul­tikulturelle Einwanderungsgesellschaft

Schließlich die SPD in Brandenburg: Sahra Wagenknecht, Linksfraktionschefin im Bundestag, „ist konservativer als die gesamte Sozialdemokratie in der Mark“. Was kommt, wenn die Pläne der SPD für ein Wahlrecht für Flüchtlinge - Ludwig nennt sie „Neuankömmlinge“ - wahr werden?  Da brauche man keine Pseudoexperten: Alles „nur eine Frage der Zeit ist, bis auch bei uns Extremismus und Terrorismus vermehrt an der Tagesordnung sind“.

Ein paar kritische Worte muss sich Gauland auch anhören. Ludwig fragt, ob Gauland „nicht jemandem Vorschub leistet, der versucht, die Partei über einen demo­kratischen Punkt hinaus zu schieben“. Gemeint der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke, der zuletzt mit Äußerungen über Hitler und das Holocaust-Mahnmal auffiel.

Gauland wirft sie ferner vor, die AfD würde das befördern, was sie verhindern wolle: eine rot-rot-grüne Machtübernahme im Bund und damit eine nicht mehr rückgängig zu machende „Um­wandlung unseres Landes in eine mul­tikulturelle Einwanderungsgesellschaft“.

Ludwig rechnet mit Spaltung der AfD und hofft auf Rückkehr konservativer Wähler

Aber vermutlich, so spekuliert Ludwig, werde eine Spaltung der AfD unvermeidlich sein. „Vielleicht bekommt die CDU anschließend eine Flut von Neuanmeldungen all derer, die sich ihrer Wurzeln zurückbesinnen“, sagt Ludwig. Und in den kommenden Wo­chen und Monaten würden „die konser­vativen Wähler wieder ihren Weg zurück zu uns finden“. Denn das konservative Ele­ment in der CDU erfahre seit geraumer Zeit eine Renaissance. 

Gauland, der Grand­sei­g­neur, der sich an seiner alten Partei abarbeitet, und Ludwig in ihrer Landespartei im einsamen Kampf im AfD-Duktus gegen den Merkel-Kurs, der nichts mehr gelegen käme, als dass sich die Parteispitze in Brandenburg von ihr öffentlich distanziert, ihr, der Rebellin, Märtyrertum verleiht. Gauland und Ludwig, beide haben sie ein Ziel: Die CDU konservativer machen. Was auch immer Konservatismus heute meint.

Klara Geywitz, die Generalsekretärin der Brandenburger SPD, findet, dass sich Ludwig weiter isoliert. „Gegen die Kanzlerin zu sein und für die CDU in den Bundestag zu wollen, passt nicht zusammen“, sagte Geywitz. „Mit ihrer speziellen politischen Sicht auf die Welt ist Saskia Ludwig offensichtlich politisch heimatlos geworden.“

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