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Brandenburg: Geld gegen Gift

Entschädigung für kranke Berliner Polizisten

Berlin - Die auf den Schießständen der Berliner Polizei vergifteten Beamten sollen mit Geld in „vier- bis fünfstelliger Höhe“ entschädigt werden – und das schnell. Eine unabhängige Kommission aus Medizinern und einer Sozialrichterin soll rasch über die Geldvergabe entscheiden. Dies kündigte Innenstaatssekretär Torsten Akmann am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses an. Die Oppositionsparteien hatten das Thema erneut auf die Tagesordnung setzen lassen, vor allem um die Rolle der Polizeiführung zu beleuchten. Polizeipräsident Klaus Kandt und Polizeivizepräsidentin Margarete Koppers sollten berichten, was sie über die Gesundheitsgefahren in den Schießständen wussten und ob und was sie gegen die Schadstoffbelastung veranlassten. Jahrelang mussten Beamte giftige Pulverdämpfe einatmen, weil die Lüftung defekt war.

Doch Polizeipräsident Kandt kam nicht, Vizepräsidentin Koppers auch nicht. Die Innenverwaltung hatte die beiden angewiesen, nicht zu dieser Sitzung zu kommen, weil sie als Beschuldigte ein Aussageverweigerungsrecht haben. Bekanntlich ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen beide wegen des Verdachts auf schwere Körperverletzung im Amt durch Unterlassen. Ermittlungen gibt es auch gegen andere Personen, darunter den ehemaligen Polizeichef Dieter Glietsch. Die AfD betonte, dass es zwar ein Aussageverweigerungsrecht gebe, aber keine Pflicht dazu. Deshalb hätten Kandt und Koppers erscheinen sollen. An Bedeutung gewonnen hat das seit vielen Jahren bekannte Gift-Thema für die Opposition dadurch, dass die 56-jährige Spitzenjuristin Koppers am 1. März an die Spitze der Generalstaatsanwaltschaft wechselt, sie also die Behörde leiten wird, die gegen sie ermittelt. Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux lobte Koppers, weil sie eine der Ersten gewesen sei, die sich ernsthaft um das Thema Gifte auf Schießständen gekümmert habe.

Erkrankt sind vor allem Beamte der Spezialeinheiten, die besonders oft trainieren müssen, sowie Schießtrainer. Zeitweise waren fast alle Stände geschlossen, Berliner Polizisten konnten entweder nicht trainieren oder mussten nach Brandenburg ausweichen. Ende 2017 hatte das Abgeordnetenhaus beschlossen, die erkrankten Schießtrainer der Polizei finanziell zu entschädigen. Die Gewerkschaft der Polizei ist nur teilweise zufrieden. „Die Entschädigung ist sicher ein Anfang, aber jeder muss für sich selbst entscheiden, ob man das unter Fürsorgepflicht eines Dienstherren versteht.“ Akmann sagte, es gebe kein Disziplinarverfahren gegen Kandt und Koppers, weil es keinen Verdacht auf ein Dienstvergehen gebe. Polizisten kritisierten am Rande der Sitzung sowie bei Twitter die Sonderbehandlung für die Behördenspitze: Bei den meisten Kollegen werde sofort ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Nach Berichten, dass auch bei den Schießständen der Brandenburger Polizei eine hohe Schadstoffkonzentration festgestellt worden sei, sollen alle neun erneut überprüft werden. Eine vom Innenministerium eingesetzte Task-Force untersucht, ob die Lüftungsanlagen womöglich unzureichend seien. Zudem können sich die rund 100 Schießtrainer untersuchen lassen. Jörn Hasselmann

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