zum Hauptinhalt
Wieder eine Option. Zuletzt war der Tower vom Flugplatz Sperenberg 1994 im Betrieb, als von dort aus die Flugzeuge zum Heimtransport russischer Truppen und Ausrüstungen dirigiert wurden. Nun ist Sperenberg als Erweiterungsfläche für den BER im Gespräch.

© Archiv

Geheimes Flughafen-Abkommen: Das Sperenberg-Drehbuch

Für den Fall einer Länder-Fusion stand 1996 bereits die Verkündung Sperenbergs als Flughafen-Standort fest. Doch die Entscheidung für Schönefeld fiel nicht nur wegen der in Brandenburg gescheiterten Volksabstimmung: Das Land hätte mit dem Standort Sperenberg Verluste gemacht.

Potsdam – In Brandenburg reißt die Debatte um den gescheiterten Flughafenstandort Sperenberg nicht ab. Aktuell befeuert wird sie jetzt von Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD). Wie berichtet hatte er jetzt in den PNN nach 18 Jahren erstmals öffentlich bestätigt, dass er sich 1995 bereits mit Berlins Regierendem Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) über Sperenberg als Standort des künftigen Hauptstadt-Aiports einig war, was ein interner Diepgen-Vermerk belegt - und alles „letztlich“ am Nein der Brandenburger bei der Fusions-Volksabstimmung im Mai 1996 scheiterte. Kurz danach fiel der „Konsensbeschluss“, den Airport in Schönefeld zu errichten, was bis heute umstritten ist.

Am Dienstag löste Stolpe nun mit einer öffentlichen Anregung Verwunderung und Kontroversen aus, das 30 Kilometer entfernt liegende Areal in Sperenberg zumindest langfristig als Erweiterungsfläche für den BER „in Betracht“ zu ziehen. Er begründete dies damit, dass es fraglich sei, ob in 30 Jahren die Kapazitäten in Schönefeld ausreichen. Unterstützung kam von Brandenburgs CDU-Opposition. „Manfred Stolpe ist und bleibt ein kluger Mann“, sagte dazu Fraktionschef Dieter Dombrowski. Es sei seit zwei Jahren Position der Union im Land, vorsorglich Standorte wie Sperenberg als BER-Reserve freizuhalten. Ortwin Baier (SPD), Bürgermeister der BER–Anrainergemeinde Mahlow-Blankenfelde, forderte Brandenburgs Regierung auf, „den Vorschlag aufzugreifen“. Dagegen erinnerte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel daran, dass ein gleichlautender Vorstoß der „seligen“ früheren CDU-Fraktions- und Landesvorsitzende Saskia Ludwig im Landtag von allen anderen Parteien abgeschmettert worden sei. „Es gibt keinen Anlass, auf diese Position umzuschwenken“, sagte Vogel.

Wie knapp es war, dass Sperenberg scheiterte, dazu werden nun weitere Details bekannt. Dass es eine Einigung zwischen Berlin und Brandenburg auf Sperenberg als Flughafenstandort gegeben hatte, bestätigt auch Michael Schröder, Potsdamer CDU-Politiker und damals bei der landeseigenen Brandenburgischen Bodengesellschaft für die Immobilie Sperenberg zuständig. „Ja, was viele nicht wussten, ist die Tatsache, dass der Standort Sperenberg tatsächlich der favorisierte Standort war.“ Er sei 1996 bei der Bodengesellschaft auch für die Verwaltung des ehemaligen sowjetischen Militärflugplatzes Sperenberg verantwortlich gewesen. „Unmittelbar vor der Volksabstimmung über die Länderfusion Berlin-Brandenburg hatte mich der damalige Generalsekretär der CDU Brandenburg, Thomas Klein, darüber informiert, dass im Falle eines positiven Votums für eine Länderfusion bereits der Ort und die Person festgelegt sei, die die Standortentscheidung für Sperenberg noch am gleichen Tag verkünden sollte“, erinnert sich Schröder. Ihm sei angeboten worden, Klein zu diesem Termin zu begleiten.

Auch in Berlin gibt es konkrete Erinnerungen an eine interne Einigung auf Sperenberg, obwohl nach außen immer Schönefeld favorisiert wurde. Ein ehemaliger persönlicher Referent eines Senatsmitgliedes sagte den PNN: „Intern war bei den verantwortlichen Senatoren in Berlin bekannt, dass im Falle einer Fusion der Flughafen in Sperenberg gebaut werden soll.“ Auch die Existenz des Diepgen-Vermerkes, über den die PNN am Montag berichtete, sei „in den zuständigen Kreisen bekannt gewesen“. Dass Brandenburgs damaliger Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) gegenüber den Mitgesellschaftern in der Flughafengesellschaft, Berlin und dem Bund, schließlich Sperenberg fast kampflos aufgegeben habe, habe aber nicht nur an der in Brandenburg gescheiterten Volksabstimmung zur Länderehe gelegen: „Brandenburg hätte mit dem Standort Sperenberg eigene Grundstücke im Umfeld Schönefelds massiv im Wert gemindert.“ Gemeint sind jene Grundstücke, die die landeseigene Landesentwicklungsgesellschaft LEG ab 1991 im Auftrag Brandenburgs im Osten des Alt-Flughafens Schönefeld erworben hatte, auf Pump, für mehr als 600 Millionen Mark. Diese Geschäfte mit dem sogenannten „Baufeld Ost“ hatten die LEG an den Rand des Ruins gebracht, was später ein Untersuchungssausschuss des Landtages untersuchte. Ohne den Flughafen in Schönefeld, so der ehemalige Berliner Regierungsmitarbeiter, wäre der Verlust mit dem „Baufeld Ost“ für das Land weit größer geworden. Das sei der Landesregierung bewusst gewesen. So könnten sie wenigstens noch für Gewerbeansiedlungen am Flughafen vermarktet werden.

Zur Startseite