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Brandenburg: Gefährlicher Umgang mit Gefährdern

Amri-Untersuchungsausschuss fordert mehr Verantwortung für den Bund

Von Sabine Beikler

Berlin - Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte schon im Dezember 2015 Erkenntnisse über den späteren Attentäter Anis Amri, der am 19. Dezember 2016 auf dem Berliner Breitscheidplatz zwölf Menschen ermordete. Ein BKA-Beamter sagte am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus, dass eine Vertrauensperson „in einem Verfahren mit Geheimhaltung“ Amri als gefährlich eingeschätzt habe. Er dürfe über weitere Erkenntnisse in dem Kontext nicht sprechen, damit diese Person nicht identifiziert werden könne. Das sei auch den Berliner Sicherheitsbehörden übermittelt worden.

Das BKA hatte damals ein Ermittlungsverfahren unter dem Namen „Eisbär“ gegen tunesische Staatsbürger geführt, die im Verdacht standen, eine terroristische Vereinigung in Tateinheit mit der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat bilden zu wollen. Amri soll die „Kontaktperson einer Kontaktperson“ gewesen sein. In dem Zusammenhang wurde auch gegen Bilal Ben Ammar ermittelt, einen Tunesier, der im Februar 2017 – knapp zwei Monate nach dem Attentat – abgeschoben wurde. Das Verfahren „Eisbär“ wurde vor dem Attentat ohne weitergehende Erkenntnisse eingestellt.

Diese Erkenntnisse sind zwar nicht neu, spiegeln jedoch ein Grundproblem im Umgang mit potenziellen Gefährdern wider. Der BKA-Beamte sagte, die Bundesanwaltschaft und das BKA seien für die Verfolgung von Vereinigungsdelikten zuständig. „Wenn wir den Verdacht haben, dass es sich im Kontext um mindestens drei Personen handelt, ist grundsätzlich der Generalbundesanwalt tätig.“ Wenn es sich aber – wie bei Amri – um Einzelpersonen handelt, sei das jeweilige Landeskriminalamt zuständig. Im Jahr 2016 wurden bundesweit 497 Gefährder gelistet, im März dieses Jahres ging das BKA von 760 islamistischen Gefährdern in Deutschland aus.

Warum hat das BKA im Fall Amri die Zuständigkeit nicht an sich gezogen? Der SPD-Innenpolitiker Frank Zimmermann forderte eine rechtliche Überprüfung auf Bundesebene: „Der Bundestag sollte rechtspolitisch prüfen, ob der Bund nicht stärker in die Verantwortung gehen muss.“ Auch der designierte neue Ausschussvorsitzende Stephan Lenz (CDU) forderte eine „neue Definition“ des zugrunde liegenden BKA-Gesetzes.

Sabine Beikler

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