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Brandenburg: Gefährder wieder laufen gelassen Berliner Fall erinnert an Attentäter Anis Amri

Berlin - Ein tunesischer Flüchtling, dessen Asylantrag abgelehnt worden ist, der als dauerauffälliger Straftäter gilt und der als islamistischer Gefährder einstuft wird – und trotzdem ist dieser Mann nach einer Festnahme in Berlin-Friedrichshain nicht in Haft genommen worden. Der Fall wird nächste Woche das Abgeordnetenhaus beschäftigen.

Berlin - Ein tunesischer Flüchtling, dessen Asylantrag abgelehnt worden ist, der als dauerauffälliger Straftäter gilt und der als islamistischer Gefährder einstuft wird – und trotzdem ist dieser Mann nach einer Festnahme in Berlin-Friedrichshain nicht in Haft genommen worden. Der Fall wird nächste Woche das Abgeordnetenhaus beschäftigen. Die Parallelen zum Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri sind erschreckend.

Zivilpolizisten hatten im Dezember 2017 Fathi Ben M. beim Drogenverkauf an der Warschauer Brücke festgenommen – wie zuerst der rbb berichtete. Der polizeibekannte M., der Tarnidentitäten nutzte, wurde von den Beamten durch Fingerabdrücke identifiziert. M. kam aber nicht in Abschiebehaft. „Alle Voraussetzungen für die Beantragung der Abschiebungshaft waren gegeben“, sagte CDU-Innenexperte Burkard Dregger. „Das ist kein Behördenversagen, das ist politisch gewollt.“

Tatsächlich erklärten SPD, Linke und Grüne im Koalitionsvertrag, sie hielten Abschiebehaft und Abschiebegewahrsam für unangemessene Maßnahmen. Innensenator Andreas Geisel (SPD) äußerte sich vorerst nicht, man warte die Ermittlungen ab. Ein Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 26. Januar 2018, der dieser Zeitung vorliegt, zeigt: Der Tunesier, der mit 18 Alias-Namen in Deutschland, der Schweiz und Italien unterwegs war, wurde als islamistischer Gefährder eingestuft, und der Beschluss an die Landesdirektion Sachsen übersandt; dort ist M. ausländerrechtlich gemeldet. Zudem wurde Abschiebehaft angeordnet – die Frist ist am 30. Januar 2018 verstrichen. Fände man M. nun, bräuchte es einen neuen Beschluss. Aus dem vorliegenden Beschluss geht hervor, dass M. im Juni 2014 unter falschem Namen nach Deutschland kam und im Landkreis Bautzen einen Asylantrag stellte. Dann tauchte er unter. Im April 2017 drohte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihm mit Abschiebung, allerdings scheiterten alle Versuche, weil er nicht greifbar war.

Trotzdem ließ ihn die Polizei laufen – zu den Gründen äußerte sich das Präsidium nicht. Die Opposition reagierte entsprechend. „Ein vollziehbar Ausreisepflichtiger gehört in Abschiebehaft, wenn er nicht sofort abgeschoben werden kann und sich bereits der Abschiebung entzogen hat“, sagte FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe. Auch die Gewerkschaft der Polizei erklärte, in Berlin brauche es eine Abschiebehaftmöglichkeit.

Tatsächlich kann die Berliner Polizei derzeit Abschiebekandidaten kaum einsperren. Das Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau wurde geschlossen, das in Eisenhüttenstadt ist aus Sicherheitsgründen ungeeignet. In Berlin wird offiziell von fast 100 Gefährdern ausgegangen, also aktiven Islamisten, denen ein Terrorakt zugetraut wird. Die Szene aus Männern aus dem Nahen Osten, die in Berlin in Drogenhandel, Raub und Schlägereien verwickelt sind und durch fanatische Glaubensbekundungen auffallen, ist wohl deutlich größer. Sie umfasst, so Schätzungen, mehr als 1000 Personen. hah/rori

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