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Brandenburg: Geduldete Unrechtszustände im Innenministerium

Das Ressort hatte die Dienstwagenaffäre von Woidkes Ex-Büroleiter seit 2014 im Blick. Doch zwei Jahre lang schritt niemand ein

Potsdam - Zwei Jahre lang hat die Ministerialbürokratie im brandenburgischen Innenressort mögliche Rechtsverstöße in der Dienstwagenaffäre um den bisherigen Büroleiter von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) offenbar gedeckt und ist nicht eingeschritten. Erst der amtierende Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) beendete Ende April die nach seiner Ansicht möglicherweise rechtswidrige Praxis, bei der Woidkes Vertrauter, der stellvertretende Landesbranddirektor Carsten Pranz, offenbar auf Steuerzahlerkosten einen Dienstwagen auch privat genutzt haben soll. Das ist das Ergebnis einer Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage von CDU-Landtagsabgeordneten und von PNN-Recherchen. Damit steht nun die Frage im Raum, ob Mitarbeiter im Innenressort einen über Jahre anhaltenden möglichen Rechtsverstoß nicht nur geduldet, sondern ein Vorgehen gegen rechtswidrige Dienstwagennutzung sogar behindert und ausgebremst haben.

Spätestens seit 10. Juni 2014, nachdem der Landesrechnungshof auf Ungereimtheiten bei den Dienstwagen des Landesbranddirektors und seiner Stellvertreter, darunter Pranz, gestoßen war, waren die Verstöße intern bekannt und wurden geprüft. Doch trotz der bereits vor der Landtagswahl 2014 klaren Faktenlagen und obwohl nach PNN-Recherchen intern mehrfach klare Hinweise auf „strafrechtlich relevante Tatbestände“ vorlagen, schritt das Innenministerium nicht ein. Erst Ende April 2016 zog Schröter Pranz’ roten Feuerwehr-Audi Q5 samt Blaulicht ein, Woidke ließ Pranz fallen, der seither den Asylstab im Innenministerium leitet. Und Ende Mai, also zwei Jahre später, schaltete Schröter unter Hinweis auf jene Tatbestände die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) ein, die jetzt die Akten und Fahrtenbücher prüft. Grund waren die Ergebnisse einer neuen Untersuchungskommission, die den Fall erneut prüfte. Demnach soll Pranz seinen Dienstwagen zu Unrecht privat genutzt und die Fahrtenbücher nicht korrekt geführt haben. Zudem besteht der Verdacht, dass er den Vorteil durch die Privatfahrten nicht versteuerte.

Das Innenministerium hatte vor Kurzem das lange Stillhalten bis zum Einschalten der Staatsanwaltschaft damit verteidigt, dass alle zuvor „vorliegenden Teilergebnisse“ bis dahin „noch keine abschließende Bewertung ermöglicht“ hätten. Nun hieß es, die „vertiefte Prüfung“ seit 2014 hätte bis vor Kurzem gedauert.

Auffällig ist noch mehr – es betrifft Staatskanzleichef Rudolf Zeeb, vormals als Staatssekretär im Innenressort unter Minister Woidke. Zeeb übernahm im Landtag die Verantwortung dafür, dass es keine Absprachen mit dem zentral für das Dienstwagenrecht zuständigen Finanzressort gab, bevor den Landesbranddirektoren 2011 Dienstwagen gestellt wurden. Doch was ist diese Aussage wert? Zeeb hatte im Landtag erklärt, drei mit der Dienstanweisung zur Beschaffung der Dienstwagen für die Landesbranddirektoren befassten Referate im Ministerium hätten darauf gepocht, dass das Finanzressort nicht hätte einbezogen werden müssen. Er selbst stellte es nun als Fehler dar, nicht darauf bestanden zu haben. Aus der Antwort des Innenministeriums geht nun hervor, dass die Einbindung des Finanzministeriums nach Ansicht der Fachleute im Innenressort gar nicht nötig gewesen – weil rechtlich alles klar war.

Denn in der Anweisung zur Beschaffung der Dienstwagen für die Landesbranddirektoren wird ausdrücklich auf die landesweit gültige Dienstwagenrichtlinie Bezug genommen. Die Anweisung zur Beschaffung der Dienstwagen hätte keine Ausnahmen von der Dienstwagenrichtlinie vorgesehen. Hätte sich Woidkes Ex-Büroleiter Pranz daran gehalten, lägen die Akten zu seinem Fall nicht bei der Staatsanwaltschaft.

Und auch in der inzwischen aufgehobenen Anweisung des Innenressorts hieß es, den Landesbranddirektoren werde ein Fahrzeug nur für dienstliche Zwecke bereitgestellt, konkret „zur Erfüllung ihrer vom Land übertragenen Aufgaben“. Obendrein konkretisierte das Innenressort nun, dass etwa die Autos – bei Pranz erst ein Mercedes-Benz E-Klasse, dann der Audi – keine sogenannten personengebundenen Wagen mit eingeschränkten Nutzungsrechten waren. Darauf hat nur ein beschränkter Kreis ranghoher Beamter Anspruch, wie der Präsident des Oberlandesgerichts, der Generalstaatsanwalt oder der Polizeipräsident. Und für die gilt auch: keine Privatfahrten zulässig, außer zwischen Wohnung und Dienststelle. Und dafür müssen sie ein Nutzungsentgelt zahlen. Pranz gehörte ausdrücklich nicht zu diesem Personenkreis, erklärte das Ministerium. Damit war eine auch nur annähernd private Nutzung schon seit 2011 grundsätzlich ausgeschlossen.

Dass Pranz den Wagen privat genutzt hat, ist zumindest insoweit unbestritten, als dass er mit dem Dienstwagen von seiner Wohnung im Barnim nach Potsdam fuhr. Allein die Kosten für Sprit und Instandhaltung der Dienstwagen aller Landesbrandmeister belaufen sich auf 32 000 Euro. Den privaten Kostenanteil wollte das Ministerium nicht mitteilen. Zumindest für die Fahrten zwischen Wohnung und Dienstort aber hätte das Land – zusätzlich zur Versteuerung des Vorteils – von Pranz und seinen Kollegen ein Nutzungsentgelt verlangen müssen. Ob das überhaupt geschehen ist und in welcher Höhe, ist unklar. Alexander Fröhlich

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