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Das Krematorium mit dem dahinterliegenden Gefängnis in der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück.

© Carsten Koall/dpa

Gedenkfeier via Internet: Erinnerung an Befreiung der Konzentrationslager in Brandenburg

Zum 75. Jahrestag der Befreiung der KZ Ravensbrück und Sachsenhausen wollten rund 60 Überlebende aus aller Welt anreisen. Wegen der Corona-Krise ist das Gedenken nur online zu erleben. Dabei geht es insbesondere um das Zeugnis der Überlebenden.

Berlin/Oranienburg - Mit einem christlich-jüdischen Gottesdienst ist in der Berliner Kirche Maria Regina Martyrum an die Befreiung der Konzentrationslager in Brandenburg durch die Rote Armee vor 75 Jahren erinnert worden. „Die Rettung im Frühjahr 1945 kam für viele Menschen zu spät und blieb ein Traum“, sagte Pröpstin Christina-Maria Bammel von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. „Aber die Überlebenden, die Befreiten, die begannen mit diesem Trauma zu leben.“ Der Vorsitzende der deutschen Rabbinerkonferenz, Andreas Nachama, sprach die Verzweiflung vieler Überlebender an: „Warum durfte ich überleben und sie mussten sterben?“

Das Denkmal erinnert «den Opfern des KZ Sachsenhausen» in der Gedenkstätte Sachsenhausen. 
Das Denkmal erinnert «den Opfern des KZ Sachsenhausen» in der Gedenkstätte Sachsenhausen. 

© Paul Zinken/dpa

Die ursprünglich in den Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück geplanten zentralen Gedenkfeiern mussten wegen der Corona-Krise abgesagt und auf kommendes Jahr verschoben werden. Der RBB sendete den Gottesdienst ohne Publikum live aus der Gedenkkirche der deutschen Katholiken für die Opfer des Nationalsozialismus. Bammel stellte auch die Frage nach der Verantwortung: „Wo waren eigentlich die Christen, als ihre jüdischen Geschwister in den Lagern gequält und ermordet wurden?“ Nachama erinnerte an seinen Vater, der zwei Jahre lang in Konzentrationslagern versklavt wurde und erst Anfang Mai nach dem „Todesmarsch“ im Belower Wald befreit worden sei. „Damals fragten viele: „Wo war Gott in dieser Zeit?““, sagte Nachama. „Vater fragte: „Wo war der Mensch in dieser Zeit?““

Das Eingangstor zu der Gedenkstätte Sachsenhausen. 
Das Eingangstor zu der Gedenkstätte Sachsenhausen. 

© Paul Zinken/dpa

Eine Gedenkfeier in Ravensbrück und Ansprachen in der Gedenkstätte Sachsenhausen waren bereits am Donnerstag aufgezeichnet worden und wurden im RBB am Sonntag als Zusammenschnitt gesendet. „Wir stehen nicht nur in der Verantwortung für das, was wir selbst tun - sondern auch für das, was wir zulassen“, mahnte Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) nach einer Kranzniederlegung auf dem ehemaligen Appellplatz. „Die barbarischen Schandtaten Deutscher in Konzentrationslagern wie in Ravensbrück zum Beispiel wurden im April 1945 für alle Welt sichtbar“, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) in ihrer Ansprache. Grütters erinnerte an die Gefangene Olga Benario, die Mitgefangenen in der „Hölle von Ravensbrück“ geholfen habe und selbst das Konzentrationslager nicht überlebte.

Ihr Anspruch, in dem Anderen stets einen Menschen mit Wert und Würde zu sehen, sei ihr Vermächtnis, betonte Grütters. Dieses Vermächtnis weiterzutragen sei Teil der Verantwortung, sich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung auch in der heutigen Gesellschaft zu stellen. „Schweigen wir also nicht, wenn neue politische Kräfte Hass und Ressentiments schüren und dieses Vermächtnis mit Füßen treten.“

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In einer Zeit, in der fremdenfeindliche und rassistische Bewegungen in Deutschland und Europa an Stärke zunähmen, sei die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten besonders von grundlegender Bedeutung, mahnte der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll. „Wichtig ist es vor allem, die Stimme derer zu hören, die den Terror in den Konzentrationslagern persönlich erleben musten“, sagte Drecoll. „Es sind die persönlichen Erfahrungen, die uns den menschenverachtenden Charakter des NS-Regimes besonders eindrucksvoll vor Augen führen.“

Skulpturen gegen das Vergessen stehen vor der "Mauer der Nationen" in dem ehemaliges KZ Ravensbrück. 
Skulpturen gegen das Vergessen stehen vor der "Mauer der Nationen" in dem ehemaliges KZ Ravensbrück. 

© Carsten Koall/dpa

Videobotschaften von Überlebenden sind seit Sonntag bei einem „Virtuellen 75. Jahrestag“ auf den Social-Media-Kanälen und auf der Webseite der Stiftung zu sehen. Gezeigt werden auch Clips über künstlerische und pädagogische Projekte, die Bestandteile der ursprünglich geplanten Veranstaltungen waren.

«Arbeit macht frei» steht am Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslagers in der Gedenkstätte Sachsenhausen. 
«Arbeit macht frei» steht am Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslagers in der Gedenkstätte Sachsenhausen. 

© Paul Zinken/dpa

Im KZ Sachsenhausen befreiten sowjetische und polnische Soldaten am 22. April 1945 rund 3000 Häftlinge. Zuvor wurden von der SS mehr als 30.000 Gefangene auf einen Todesmarsch getrieben, mehr als tausend von ihnen kamen ums Leben. Im KZ Ravensbrück wurden am 30. April 1945 rund 2000 Häftlinge von der Roten Armee befreit. Zuvor hatte die SS von dort mehr als 20.000 Häftlinge auf einen Todesmarsch geschickt.

Klaus Peters

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