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Gastbeitrag: Ein klares Ja für ein Nachtflugverbot am BER

Matthias Platzeck muss den Willen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen. Von Dagmar Enkelmann

Erstmals war ein Volksbegehren in Brandenburg erfolgreich. Statt geforderter 80 000 kamen mehr als 106 000 gültige Unterschriften zusammen. Noch vor Wochen hatten selbst die Initiatoren damit nicht gerechnet. Zum Erfolg trugen auch die Ende 2011 auf Initiative der Linken im Landtag beschlossene Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre und die Fristverlängerung für Volksbegehren auf sechs Monate bei.

Echte Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger ist nicht länger nur notwendiges Übel bei der Umsetzung von Infrastrukturvorhaben, sondern Voraussetzung zu deren Gelingen. Auch beim BER finden sich viele Bürgerinnen und Bürger nicht mit ihrer Rolle als ohnmächtige Zuschauer längst gefallener Entscheidungen ab. Für sie war die jahrelange Geheimniskrämerei um die Flugrouten ein Trauerspiel. Auch aus dieser demokratischen „Wut“ heraus speiste sich der Erfolg des Begehrens.

Mobilisierend wirkte sich der skandalöse Umgang mit dem Lärmschutz am BER aus. Das passt leider allzu gut ins Bild von Pleiten, Pech und Pannen des Flughafens.

Der Schutz der Gesundheit, in erster Linie vor Fluglärm, sollte dem Sparzwang zum Opfer fallen. Das ist gescheitert, dank auch der klaren Forderungen der Landtagsfraktion der Linken.

All das sollten Politiker bedenken, die schon am Tage danach erklären, man könne weitermachen wie bisher. Herr Platzeck, nehmen Sie den Willen der Bürgerinnen und Bürger ernst! Ich empfehle, sich mit den Initiatoren an einen Tisch zu setzen und gemeinsam zu überlegen, was das Land Brandenburg tun kann. Dass für ein umfassendes Nachtflugverbot z.B. das Landesentwicklungsprogramm geändert und Gespräche mit den anderen BER-Eignern, dem Bund und Berlin, geführt werden müssen, ist kein Grund zum Abwinken, sondern Aufforderung zum Handeln.

Für Die Linke geht es beim Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr nicht zuletzt um ihre Glaubwürdigkeit. Im Bundestag hat sich die Partei mit einer Vielzahl parlamentarischer Initiativen eingesetzt, um dem nächtlichen Lärmschutz Priorität vor wirtschaftlichen Belangen einzuräumen, so mit einer Großen Anfrage zum BER und einer Änderung des Luftverkehrsgesetzes.

Bundesweit setzt sich Die Linke für ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr ein. Es gibt keinen plausiblen Grund, beim BER eine Ausnahme zu machen.

Hitzige Debatten gibt es auch um die zweite Forderung des Volksbegehrens. Die lautet, dass der „der nationale und internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg nicht allein auf den Ballungsraum Berlin konzentriert werden“ soll. Wer daraus u.a. die Forderung nach einer dritten Landebahn für den BER oder nach einem weiteren Flughafen herausliest, dessen Argumentation gleicht einer eingesprungenen Sitzpirouette.

Diese Forderung lässt sich am besten mit einem verbindlichen Nationalen Luftverkehrskonzept umsetzen. Hier geht es u.a. um eine nationale Verkehrsplanung für den Flugverkehr, weil zurzeit vorhandene Kapazitäten nicht ausgelastet werden.

So war schon in der Planungsphase des BER eine Kooperation mit dem Flughafen Halle/Leipzig angedacht. Diese Idee könnte erneut belebt werden. Verkehrspolitisch fordert Die Linke seit Langem auch, den Kurzstreckenverkehr weitgehend auf die Bahn zu verlagern.

Es ist politisch falsch und kurzsichtig, das Ergebnis des Volksbegehrens unter den Tisch fallen zu lassen. Ansonsten ignoriert man nicht nur die offenkundigen Probleme mit der Lärmbelastung, sondern steuert in einen gesellschaftlichen Großkonflikt ähnlich Stuttgart 21. Das sollte und kann sich eine rot-rote Landesregierung nicht leisten.

Die Autorin ist Bundestagsabgeordnete der Linken in Brandenburg und Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung

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