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Auf Sendung? Für die Kenia-Koalition gehöre die Netzabdeckung beim Mobilfunk zur Daseinsvorsorge, heißt es im Vertrag von SPD, CDU und Grünen.

© Matthias Balk/dpa

Funklöcher in Brandenburg: Kein Empfang für den Notruf

Bundesweit wurden für eine Karte der Bundesnetzagentur Funklöcher gemeldet – im Ernstfall können sie lebensbedrohlich sein, wie Fälle aus Brandenburg zeigen. 

Potsdam - Der Mann war auf der B96 zwischen Fürstenberg und Gransee im Norden Brandenburgs unterwegs. Es war am Freitagabend vor einer Woche, der Fahrer überholte mit seinem Auto einen Lastwagen und stieß mit einem entgegenkommenden Laster zusammen. Der Mann starb, der Lkw-Fahrer wurde verletzt. Später berichtete der anderer Lkw-Fahrer dem rbb, wie mehrere Zeugen die Feuerwehr alarmieren wollten. Doch alle seien im Funkloch, die Handys ohne Empfang. Einer der Zeugen lief dann den Schilderungen zufolge mehrere Hundert Meter weit auf eine Anhöhe – und erreichte von dort endlich den Notruf der Feuerwehr. Dem rbb sagte der Lkw-Fahrer: „Es war ein Moment der absoluten Hilflosigkeit.“

Einen Überblick darüber, wie groß die Lücken im Mobilfunk sind, bietet eine Karte, die am Donnerstag von der Bundesnetzagentur veröffentlicht wurde. Sie basiert auf den Daten der Funkloch-App, die vergangenen Oktober im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gestartet war. Minister Andreas Scheuer (CSU) hatte damit „die Jagd auf weiße Flecken im Mobilfunknetz eröffnet“. Seither haben Nutzer die App 187 000 mal installiert. „Insgesamt wurden bisher knapp 160 Millionen Messpunkte durch Nutzer ermittelt“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Die Idee ist nicht ganz neu: Bereits 2017 hatte die Brandenburger CDU-Landtagsfraktion einen Funklochmelder aufgesetzt – seither hat sich wenig verbessert. Brandenburg ist für seine Funklöcher berühmt-berüchtigt.

Schlechter Empfang in der Uckermark 

Auf der Deutschlandkarte wird die Netzverfügbarkeit in verschiedenfarbigen Waben angezeigt. Sie zeigt, wo es kein Netz gibt und in welchen Geschwindigkeiten mobiles Internet verfügbar ist. Dabei können die Nutzer zwischen verschiedenen Netzbetreibern wählen und sich die Daten von der Telekom, Vodafone oder Telefónica/O2 anzeigen lassen. Besonders große Gebiete ohne oder mit schlechtem Mobilfunkempfang zeigen sich in der Uckermark, in dünner besiedelten Gegenden im Landessüden, aber auch im Berliner Umland etwa zwischen Wandlitz und Oranienburg.

Inwieweit die Erhebung nun hilft, die Lücken zu schließen, ist fraglich. Minister Scheuer ist derzeit dabei, eine Mobilfunkstrategie auszuarbeiten. Die Erkenntnisse aus der Funkloch-App sollen in die Strategie einfließen, erklärte das Ministerium auf Anfrage. Der FDP-Bundestagsfraktionsvize Frank Sitta hatte die App schon im Vorfeld als „Marketing-Gag“ kritisiert. Nutzer der App hatten über technische Probleme geklagt. Ob sie den wahren Umfang der Netzmängel erfasst, ist daher ebenfalls offen. 

Probleme während des Waldbrandes in Treuenbrietzen 

Dennoch: Im Notfall können die Funklöcher lebensgefährlich sein. Als im August 2018 der große Waldbrand bei Treuenbrietzen in Potsdam-Mittelmark ausbrach, standen unzählige Einsatzkräfte im Funkloch, die Telekom musste einen mobilen Mast aufstellen, auch für den Digitalfunk der Feuerwehr. Selbst ein Sprecher des Innenministeriums sprach von einem „Versagen“, dass in den meisten Ländern Europas undenkbar sei. 

An 53 Orten im Land gab es keinerlei Handyempfang 

Als im Dezember in Steinförde bei Fürstenberg (Oberhavel) ein Forsthaus in Flammen aufging, konnte der Förster nicht einfach die Feuerwehr rufen: Er war im Funkloch. Mit einer Rauchgasvergiftung schleppte er sich ins Auto, fuhr zwei Kilometer über den Waldweg bis zu nächsten befestigten Straße, um 112 wählen zu können. An insgesamt 53 Orten im Land gab es bis Ende 2018 keinerlei Handyempfang. Das Land steuert gegen: Bis 2022 sollen 32 Masten für den digitalen Behördenfunk für Polizei und Feuerwehr aufgestellt werden. Die Mobilfunkanbieter sollen die Masten mitnutzen dürfen. Die Netzabdeckung in der Mark würde sich dadurch deutlich verbessern, erklärte die Landesregierung. Alle Funklöcher können aber auch damit nicht gestopft werden.

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