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Eine Reisende geht zu einem wartenden ICE. 

© Arne Dedert/dpa

Für 6890 Euro im Jahr: Erster Klasse nach nirgendwo

Auch damalige brandenburgische Regierungsmitglieder stehen auf der Liste der Politiker, die 2016 eine Bahncard100 beantragt, aber nie an "auswertbaren" Bundesratssitzungen teilgenommen haben sollen. 

Berlin/Potsdam - Vom Dienstsitz von Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres bis zum Bundesrat sind es 3,3 Kilometer. Mit dem Rad schafft man das in ein paar Minuten. Trotzdem hat die SPD-Politikerin 2015 und 2016 für diese Strecke als Mitglied oder stellvertretendes Mitglied des Bundesrats eine BahnCard 100 Erster Klasse beantragt. Regulär kostete diese 6890 Euro. Dienstlich scheint die Senatorin das Ticket jedoch nicht genutzt zu haben – denn sie nahm 2015 und 2016 an keiner einzigen „auswertbaren Sitzung“ des Bundesrates teil.

Das geht aus einer Liste des Bundesrats hervor, die am Montag von der „Bild“-Zeitung veröffentlicht wurde. Das Blatt hatte sich die Herausgabe vor dem Verwaltungsgericht erstritten. Die Liste der Landespolitiker, die 2015 und 2016 eine Bahncard100 beantragt haben, aber an keiner Sitzung des Bundesrats teilnahmen, umfasst 89 Personen. Darunter sind prominente Namen wie Bayerns heutiger Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) und Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), die damals Ministerin in Schleswig-Holstein war und die Frau von Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist. 

Rechtlich ist der Vorgang nicht angreifbar, heißt es

Auf der Liste für das Jahr 2016 stehen auch drei damalige Regierungsmitglieder aus Brandenburg, die die Bahncard bekommen, aber an „keiner auswertbaren“ Sitzung des Bundesrates teilgenommen haben: Der damalige Bildungsminister Günter Baaske, die damalige Wissenschaftsministerin und heutige Präsidentin der Humboldt Universität Sabine Kunst sowie Ex-Agrarminister Jörg Vogelsänger (alle SPD).

Rechtlich ist der Vorgang nicht angreifbar. Im Eisenbahnneuordnungsgesetz heißt es: „Die Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften des Bundes und der Länder (...) haben das Recht der freien Benutzung der Verkehrsmittel der Eisenbahnen des Bundes in beliebiger Beförderungsklasse.“ Seit Jahren gibt es Kritik an der Regelung, der Rechnungshof rügte die unnötigen Ausgaben.

Ein Sprecher der Berliner Bildungsverwaltung teilt am Abend mit: „Die Bundesratstätigkeit ist nicht nur an den Standort Berlin gebunden.“ Er verwies auf die Familienministerkonferenz und die Kultusministerkonferenzen (KMK), zu denen Scheeres mit der Bahncard gereist sei. Erstere findet einmal jährlich statt, die KMK kommt viermal im Jahr zusammen – davon dreimal in Berlin. 

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