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Brandenburg: Frischzellenkur für 300 Jahre alte Linde

Ausgerechnet Pilze sollen wertvollen Bäumen neue Lebenskraft geben

Von Matthias Matern

Groß Lindow - Auf den ersten Blick wirkt die alte Linde von Groß Lindow (Oder-Spree) noch recht gesund. Rund dreihundert Jahre schon steht sie mitten im Ort. Doch die vergangenen Jahrzehnte haben dem Riesen schwer zu schaffen gemacht: Zunehmender Verkehr, Streusalz, sogar angekokelt wurde das Naturdenkmal von Unbekannten vor einigen Jahren. Dazu kommt manche Wunde, die nie richtig verheilte. „Dort, wo größere Äste abgeschnitten wurden, haben sich Bakterien eingenistet. Innen wie außen fault die Linde an einigen Stellen“, sagt Hans-Jürgen Müller von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises. Bald jedoch könnte es dem Baum wieder besser gehen. Helfen soll ausgerechnet ein Pilz.

„Es gibt gute und schlechte Pilze“, erklärt Müller. Insgesamt sieben steinalte Bäume lässt der Landkreis zusammen mit der Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg derzeit mit einem Substrat aus sogenannten Mykorrhizapilzen behandeln, darunter vier bis zu 500 Jahre alte Eichen. Bei Mykorrhiza handelt es sich um eine Lebensgemeinschaft aus speziellen Wurzelpilzen, die normalerweise von Natur aus in Symbiose mit fast allen Pflanzenarten leben. Durch ihr wattefeines Gespinst sind sie besonders gut in der Lage, Nährstoffe und Wasser aufzunehmen. Zudem helfen sie, Schadstoffe abzuwehren. Dafür werden sie von den Bäumen mit lebenswichtigen Zuckerstoffen versorgt.

Aufgrund der starken Belastung und dem extrem verdichteten Boden würden Stadt- und Straßenbäume wie die Linde an einem erheblichen Mykorrhiza-Mangel leiden, sagt Roland Dengler, der als Sachverständiger für Vegetationstechnik das Projekt begleitet. „Wir verpassen der Linde sozusagen eine Frischzellenkur.“ Die rund um den Stamm in den Boden eingebrachten Pilze sollen sich später an den Baumwurzeln ausbreiten und sie zusätzlich mit Nährstoffen und Wasser versorgen. Mit einer ähnlichen Therapie wurden vor rund zwei Jahren freistehende alte Eichen in der Schorfheide erfolgreich behandelt. Nun soll sich zeigen, ob auch besonders angeschlagene Bäume an Straßen und in Städten mit Mykorrhiza zu helfen ist.

Für die Behandlung hat der Kreis einen Landschaftspflege-Betrieb beauftragt. „In regelmäßigen Abständen, zwischen 80 und 100 Zentimetern, wird das Substrat in Pulverform in die Erde eingestreut“, erklärt Dengler. Im Fall der Linde will man rund 20 Stellen behandeln. Das Mykorrhiza-Substrat sei ganz normal über den Handel erhältlich.

Insgesamt hat die Stiftung Naturschutzfonds Brandenburg für das Projekt knapp 25 000 Euro zur Verfügung gestellt. „Wir erhoffen uns übertragbare Ergebnisse“, sagt Stiftungs-Sprecher Marc Thiele. Mit einer Auswertung sei aber erst in vier bis fünf Jahren zu rechnen. „Ich hoffe, dass dann weit weniger Äste absterben und die Blätter wieder länger grün bleiben.“ Matthias Matern

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