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Die Coronakrise belastet viele Kinder psychisch und physisch.

© Nicolas Armer/dpa

Folgen der Pandemie: Brandenburg nimmt Gesundheit von Kindern in den Blick

Die Landesregierung soll sich mehr um die  Pandemie-Folgen für Kinder kümmern. Der Landtag verabschiedete am Donnerstag ein entsprechendes Zwölf-Punkte-Programm.

Potsdam - Angst, Verhaltensauffälligkeiten, Essstörungen, Haltungs- und Augenschäden durch Bewegungsmangel und die übermäßige Nutzung von Laptop und Smartphone, Zahnprobleme wegen versäumter Arztbesuche: Die Liste der in mehreren Studien beschriebenen psychischen und physischen Corona-Folgen für Kinder und Jugendliche ist lang seit Pandemiebeginn vor mehr als einem Jahr. 
Brandenburg will nun gegensteuern und die Gesundheit von Kindern verstärkt in den Fokus nehmen. Der Landtag verabschiedete am gestrigen Donnerstag einen Antrag der Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, insgesamt zwölf Maßnahmen zu ergreifen, um gesundheitliche Langzeitfolgen der Pandemie für Kinder zu verhindern. 

Mehr Kontrolle bei den Kinderarzt-Untersuchungen 

Erwähnt werden etwa die sogenannten U-Untersuchungen beim Kinderarzt, zu denen Familien in Brandenburg per Schreiben des Gesundheitsamtes eingeladen werden. Wird die Einladung nicht angenommen, folgt ein Erinnerungsschreiben – aber mehr passiert in der Regel nicht. Die Quote der Kinder mit einem Gesundheitscheck müsse weiter erhöht werden, heißt es in dem Antrag. „Es ist zu prüfen, auf welchem Wege, zum Beispiel durch erfolgreiches Rückmeldewesen und Einbeziehung der Jugendämter, dieses Ziel erreicht werden kann.“

Paten bald drei Jahre länger im Einsatz?

Zudem solle die Ausweitung des Netzwerks Gesunde Kinder als Angebot für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr geprüft werden. Seit 2006 gibt es diese Netzwerke im Land. Ehrenamtliche Paten begleiten Familien, beraten, unterstützen – allerdings bislang nur bis zum dritten Lebensjahr des Kindes. 

Die Linksfraktion stimmt dem Antrag nicht zu 

Die Opposition kritisierte den Antrag als verspätet und zu schwammig. Die Koalition habe die Probleme durch ihre Eindämmungsmaßnahmen – das zeitweise Schließen von Kitas und Schulen – selbst verursacht, sagte der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Dennis Hohloch. Dem sei nicht so, konterte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Landtag, Björn Lüttmann (SPD). Die Maßnahmen würden immer in einem Abwägungsprozess getroffen, gerade in der Corona-Hochphase habe der Schutz vor Ansteckung Vorrang gehabt – ohne dabei die Folgen für Kinder und Jugendliche aus den Augen zu verlieren. „Die Nerven liegen blank in den Brandenburger Familien“, so Lüttmann, das sei allen wohl bewusst. Auch die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Kristy Augustin (CDU), erklärte, dass die Auswirkungen der Pandemie auf die Psyche von Kindern niemand bestreite – im Gegenteil. Deswegen sei der Antrag wichtig.
Eine Umfrage der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer (OPK) ergab, dass im zweiten Lockdown die Anfragen von Jugendlichen in den Praxen deutlich gestiegen sind. „Unsere Kapazitäten für Neupatienten sind jedoch stark begrenzt, weil ein Großteil der Kinder und Jugendlichen, die schon Patienten waren, sich wieder in Not befinden und in die Praxen zurückkehren“, hatte Anne Fallis, Mitglied der OPK und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in Potsdam, anlässlich des Vorstellung des Arztreports der Krankenkasse Barmer Anfang Mai erklärt, der zu ähnlichen Befunden kam. 
Die AfD stimmte trotz ihrer Grundsatzkritik dem Antrag zu. Anders die Linke. Etwa bei den Netzwerken Gesunde Kinder falle die Koalition hinter ihren eigenen Vor-Pandemie-Koalitionsvertrag zurück, kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Ronny Kretschmer. Im Kenia-Vertrag von 2019 steht ohne Konjunktiv, dass das Patenprogramm erweitert und die Mittel dafür um zwei Millionen Euro erhöht werden. Doch nun stehen die Maßnahmen unter Haushaltsvorbehalt. 

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