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Flugrouten-Streit: Gutachten hält Routenplanung für unzureichend

Das Bundesumweltamt sieht in der nun doch veröffentlichten Studie bei den Planungen für die An-und Abflüge zum neuen Großflughafen in Schönefeld die Bevölkerungsdichte nicht angemessen berücksichtigt

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Potsdam/Berlin - Die Routenvorschläge der Deutschen Flugsicherung enthalten nach Ansicht des Umweltbundesamtes (UBA) aus Sicht des Lärmschutzes zwar eine „Reihe positiver Aspekte“, sie würden aber der „komplexen Besiedelungsstruktur in der Umgebung des Flughafens BER“ in Schönefeld nur unzureichend gerecht. Dies werde, so steht es in der jetzt veröffentlichten sehr umfangreichen Stellungnahme des UBA, an drei Regionen besonders deutlich – am Müggelsee, am Wannsee und an den Havelseen.

WANNSEE

Bei Abflügen Richtung Westen will das UBA die Piloten, die nach Norden wollen, tagsüber auf den langen Weg um Berlin und Potsdam herumschicken, und so das Überfliegen der Wannseeregion vermeiden. Abends spät und frühmorgens sei dies allerdings wegen des geringeren Verkehrs möglich, zumal es von 0 Uhr bis 5 Uhr ein generelles Nachtflugverbot gebe.

Keine Überflüge am Tag, aber in der Nacht – das ist nach Ansicht von Markus Peichl ein „Widerspruch, der sich nicht erschließt“. Der Sprecher für das „Bündnis Berlin Brandenburg gegen neue Flugrouten“ hält diese Aussage für nicht akzeptabel. „Damit sind wir nicht zufrieden“, sagt er. Erleichtert zeigte sich am Mittwoch der Stahnsdorfer Bürgermeister Bernd Albers von der Initiative „Bürger für Bürger“. Alles bliebe jedoch nur Makulatur, wenn das Bundesaufsichtsamt bei der endgültigen Festlegung der Flugrouten die Empfehlungen der für den Gesundheitsschutz zuständigen Fachbehörde nicht berücksichtige, so Albers. Gesundheit müsse Priorität vor Wirtschaftlichkeit haben.

HAVELSEEN

Über den Havelseen stuft das UBA bei Anflügen die Belastung als „eher gering“ ein. Trotzdem sollte durch besondere Verfahren, die zum Teil auf anderen Flughäfen bereits praktiziert oder erprobt werden, der Krach reduziert werden.

Der Sprecher der Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“, Peter Kreilinger, begrüßt die Stellungnahme sehr. Experten hätten festgestellt, dass nicht so tief geflogen werden könne, „wie das die DFS aus Bequemlichkeit vorgesehen hat“, sagte er. Außerdem würden moderne Anflugverfahren ausdrücklich empfohlen – um „unsere Region vollends zu schonen.“

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) teilte in einer Erklärung mit, er habe den Eindruck, dass die Flugroutenführung im Interesse der Menschen auch durch die Hinweise des Umweltbundesamtes noch besser werden könne.

MÜGGELSEE

Beim von der Flugsicherung vorgesehenen Überfliegen des Müggelsees seien sowohl am Tag als auch in der Nacht weniger Menschen vom Fluglärm betroffen als durch die alternativ vorgeschlagene Route über Erkner, heißt es in der Studie. Die Müggelsee-Route sei aber sehr spät aufgenommen worden und hätte die Anwohner überrascht. Zudem sei der Müggelsee ein wichtiges Naherholungsgebiet. Das UBA übernimmt deshalb den Vorschlag der Senatsgesundheitsverwaltung, alle Abflüge in östlicher Richtung nur über die Nordbahn zunächst geradeaus zu führen und dann nach rechts südlich an Bohnsdorf vorbei bis zum Langen See zu fliegen. Von dort aus soll nach einer Rechtskurve zwischen Karolinenhof und Müggelheim über die Gosener Wiesen geflogen werden.

Damit wären Geradeausstarts von der Südbahn nicht mehr möglich, weil die von der Nordbahn nach Süden abbiegenden Maschinen zu nahe an die Route der Südbahn kämen. Dies würde den Verkehr erheblich einschränken. Während das UBA dies für möglich hält, hat die Flugsicherung den Vorschlag mit dem Hinweis, er widerspreche dem Planfeststellungsbeschluss, bereits abgelehnt.

Für den Sprecher der Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) Ralf Müller ist die Stellungnahme des Umweltbundesamtes trotzdem in mehrerlei Hinsicht eine Bestätigung. „Hier kommen auch die Experten zu der Ansicht, dass das Überfliegen des Müggelsees definitiv nicht die schonendste Variante ist, was die Lärmbelastung angeht“, sagte er den PNN. „Aber für noch gravierender halte ich, dass das Amt feststellt, dass die am wenigsten belastende Routen, nämlich die über die Gosener Wiesen, gar nicht geprüft wurden.“ Die UBA-Stellungnahme sei, so Müller, eine „Ohrfeige für die Flughafenplaner, -befürworter und Politiker, weil die Behörde feststellt, dass der Betrieb des Flughafens mit den jetzt geplanten Routen nur auf Kosten der Gesundheit vieler Bürger möglich ist.“

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