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Flughafen Tegel.

© Britta Pedersen/dpa

Flughafen Berlin: Lufthansa ätzt gegen Tegel

Konzernchef Carsten Spohr spricht von „unhaltbaren Zuständen“ am Berliner Flughafen.

Berlin - Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr hat angeregt, die Offenhaltung des Berliner Flughafens Tegel nochmals zu prüfen. Er begründete seine Ansicht mit dem wachsenden Flugverkehr und Zweifeln, ob die Kapazität des Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld ausreichen wird, dessen Eröffnung für Oktober 2020 geplant ist. Der Flughafen Tegel soll spätestens ein halbes Jahr später schließen, also im Frühjahr 2021.

Der Berliner Senat reagierte mit einem gewissen Humor auf die Lufthansa-Idee: „Auch in der Vergangenheit ist die Lufthansa hin und wieder mit vorsichtig formuliert ,originellen‘ Stellungnahmen in den Medien präsent gewesen. Ein Schelm, wer Strategie vermutet.“

Lufthansa fordert Verbesserung der Zustände

Lufthansa-Chef Spohr sprach nicht nur von der Offenhaltung, sondern auch von „unhaltbaren Zuständen“ in Tegel. „Und wir werden weiterhin keine Ruhe geben, bis diese Situation verbessert wird“, sagte er nach Angaben des Unternehmens am Dienstagabend beim Neujahrskonzert der Lufthansa in Berlin. Spohr kritisierte laut „Bild“ auch die veraltete Technik bei den Sicherheitskontrollen und Warteschlangen von bis zu hundert Metern im engen, kleinen Terminal. Eine Debatte zur Offenhaltung Tegels sei nötig, da das Wachstum im Luftverkehr weitergehen werde und noch nicht beurteilt werden könne, ob und wie der BER und die umliegende Infrastruktur dieses Wachstum überhaupt aufnehmen können.

Deshalb erwarteten „inzwischen unsere Kunden und viele in der Öffentlichkeit zu Recht von allen Beteiligten, dass wir die Frage der Offenhaltung von Tegel mit Blick auf die aktuelle Entwicklung des Luftverkehrs neu bewerten“. Spohr hatte sich bislang öffentlich dafür ausgesprochen, den Berliner Luftverkehr auf den einen Standort Schönefeld zu konzentrieren.

Ideen der Lufthansa würden immer wieder zu "Irritationen" führen

Der Senat sieht in der Idee der Lufthansa eher etwas ganz anderes. „Mit der Inbetriebnahme des BER wird der Wettbewerb unter den großen deutschen Verkehrsflughäfen stärker“, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder. „Das weiß natürlich auch die Lufthansa. Trotzdem muss es für die größte deutsche Airline elegantere Möglichkeiten geben, für die von ihr präferierten Standorte jenseits der Hauptstadt zu werben, als den Konsensbeschluss der drei öffentlichen Gesellschafter der Flughafengesellschaft infrage zu stellen.“ Ideen der Lufthansa würden „immer wieder zu Irritationen“ führen. Und trotzdem gehe die Landesregierung davon aus, dass die Lufthansa auch am BER vertreten sein wird.

Der Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, sprang Spohr bei. Der Lufthansa-Chef lege den Finger in die Wunde. „Die Kapazitätsprognosen von Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup sind nicht glaubwürdig. Es braucht eine ehrliche Abschätzung der künftigen Fluggastzahlen als Grundlage für eine seriöse Flughafenplanung und eine Schließung Tegels“, sagte Hofreiter dieser Zeitung. „Das ist der Flughafenchef den Anwohnerinnen und Anwohnern im Norden von Berlin schuldig, wie auch den Gesellschaftern Bund, Berlin und Brandenburg.“

Zu Wort meldete sich auch Sebastian Czaja, Berlins FDP-Fraktionschef und Pro-TXL-Werber: „Das Bekenntnis der Lufthansa zu Tegel ist eine Misstrauenserklärung an die Flughafengesellschaft und die Zukunftsfähigkeit des BER.“ Und: „Die drohenden Kapazitätsengpässe am BER, die Aussicht auf eine Dauerbaustelle voller Einschränkungen und nicht zuletzt die Großflughafenpläne bei Warschau erfordern ein grundlegendes Umdenken für den Luftverkehrsstandort Berlin-Brandenburg.“ Polen will bis 2027 den größten Flughafen Mitteleuropas bauen. Kapazität: 100 Millionen Passagiere pro Jahr. Auch Christian Gräff, Obmann der CDU im BER-Untersuchungsausschuss, schloss sich der Lufthansa-Kritik an: „Es ist höchste Zeit für eine Wende in der Luftverkehrspolitik, für mehr Investitionen in Tegel und für die Einsicht, den Airport doch weiter offen zu halten.“ Millionen Fluggäste, die Jahr für Jahr das Chaos am City-Airport erdulden müssten, würden Spohr recht geben.

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