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Kein Krach in der Nacht? Die Fluglärmgegner in Berlin und Brandenburg kämpfen für ein striktes Flugverbot in der Zeit zwischen 22 und sechs Uhr.

© Sören Stache/dpa

Flughafen BER: Hoffen auf Punktlandung

Es schien aussichtslos, doch plötzlich können die Initiatoren der Volksbegehren gegen Nachtflüge am BER in Berlin und Brandenburg wieder hoffen.

Von Sandra Dassler

Berlin - Hat es am Ende doch noch geklappt? Hat es sich gelohnt, dass sie bis zur letzten Minute an der Gedächtniskirche und an der Weltzeituhr in Berlin standen? Dass sie noch kurz vor 24 Uhr Listen mit Unterschriften in die Briefkästen der Berliner Bürgerämter warfen? Dass sie nicht aufgegeben haben?

Wahrscheinlich werden die Organisatoren und Unterstützer des Berliner Volksbegehrens für ein striktes Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr am Flughafen BER in Schönefeld (Landkreis Dahme-Spreewald) die Antwort auf diese Fragen schon am heutigen Montag erfahren. Die Landeswahlleiterin hat für den 1.Oktober eine Pressemitteilung über die Anzahl der Unterschriften, die bis Ende der Eintragungsfrist am vergangenen Freitag eingereicht wurden, angekündigt.

Rund 173 000 müssen es sein und eigentlich hatte noch vor vier Wochen keiner mehr an den Erfolg des Volksbegehrens geglaubt. Denn bis zum 28. August 2012, also nach drei von vier Monaten, waren erst rund 58 300 Unterschriften bei der Landeswahlleiterin eingegangen.

„Das lag wohl vor allem daran, dass der neue Airport ja nicht wie geplant eröffnet wurde“, sagt Sebastian Fasbender: „Die Organisatoren des Volksbegehrens hatten fest damit gerechnet, dass im Sommer schon Hunderttausende Berliner vom Fluglärm betroffen sein würden – besonders in den Nachtstunden, denn bislang gilt ja ein Nachtflugverbot nur von 23.30 Uhr bis 5.30 Uhr.“

Sebastian Fasbender wohnt mit Frau und Kind seit 2002 in Friedrichshagen. Als bekannt gegeben wurde, dass die Flugrouten vom neuen Airport auch über den Müggelsee führen sollen, engagierte er sich in der Bürgerinitiative seiner Gemeinde und war – wie viele andere – enttäuscht, als so wenige Unterschriften für das Nachtflugverbot zusammenkamen. Da Fasbender gerade ein wenig Zeit hatte – der 44-Jährige war zuvor Pressesprecher für First Solar, das sich im April aus Deutschland zurückzog – gründete er mit Gleichgesinnten die Kampagne „Aufwachen Berlin“ zur Unterstützung des Volksbegehrens. „Wir haben die Bürgerinitiativen aus Berlin und Brandenburg zusammengeführt und koordiniert, wir haben Geld für Plakate und Flyer gesammelt und immer wieder zu Aktionswochenenden für Unterschriftensammlungen aufgerufen“, sagt Fasbender.

Schon vier Wochen später verkündete die Kampagne, dass 109 000 Berliner unterschrieben hatten. Kurz vor Toresschluss rief am vergangenen Mittwoch der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler dazu auf, das Begehren zu unterstützen, am gleichen Tag wurden, so die Aktivisten, rund 27 500 Unterschriften an das Statistische Landesamt überreicht. Am Freitag gingen die Initiatoren jedenfalls von 130 000 bis 140 000 gesammelten Unterschriften aus.

„Wir haben dann am Freitag alles getan, um die restlichen 33 000 Unterschriften noch zu sammeln“, sagt Michael Lippoldt: „Wir haben den ganzen Tag mit unseren Tischen zwischen dem S-Bahnhof und dem Rathaus Zehlendorf gestanden und über tausend Menschen haben allein bei uns unterschrieben.“ Viele hätten noch ihre Stimme für das Nachtflugverbot im Rathaus abgeben wollen, aber das war ab 14 Uhr geschlossen.

„Die sind uns fast um den Hals gefallen, dass sie noch bei uns unterschreiben konnten“, erzählt Lippoldt. Der 70-jährige ist eigentlich Sprecher der Bürgerinitiative Kleinmachnow gegen Flugrouten, aber wie er haben viele Brandenburger in den vergangenen Tagen die Berliner Aktivisten unterstützt – Stahnsdorfer in Lichtenrade, Teltower in Lichterfelde. Warum auch nicht, schließlich läuft auch in Brandenburg ein Volksbegehren für ein striktes Nachtflugverbot. Dort müssen nur 80 000 Unterschriften zusammenkommen, allerdings dürfen die Bürger nicht einfach auf der Straße unterschreiben. „Das ist eine ziemliche Hürde“, sagt Michael Lippoldt. „Aber wir haben in der Mark schon mehr als die Hälfte zusammen und noch bis 3. Dezember Zeit.“

Wird die nötige Anzahl der Stimmen erreicht, müssen sich die Parlamente beider Länder mit dem Antrag beschäftigen. In einer ersten Stufe haben beide Häuser die Anträge abgelehnt. Tun sie dies erneut, folgt ein Volksentscheid. Gibt es dabei eine Mehrheit für das Nachtflugverbot, wäre der Entscheid dennoch für die jeweiligen Regierungen nicht zwingend bindend, zumal dafür der Staatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg geändert werden müsste. Nur wegen dieses Vertrags kann übrigens auch in Berlin über das Nachtflugverbot abgestimmt werden, obwohl für betreffenden Regelungen allein Brandenburg zuständig ist.

Die Bürgerbewegungen sind jedenfalls vorsichtig optimistisch. „Vielleicht können wir ja heute bei unserer allwöchentlichen Montagsdemo in Friedrichshagen schon die Sektkorken knallen lassen“, sagt Sebastian Fasbender: „Vielleicht dauert die Auszählung auch länger. Aber in jedem Fall heißt es ab jetzt: Aufwachen, Brandenburg!“ Sandra Dassler

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