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Tourist im Terminal. Gerome Jeames machte auf seinem Rundgang durch das Flughafengebäude Schnappschüsse – völlig ungestört.

© privat

Flughafen BER: Hallo, ist da BER?

An sich suchte der Potsdamer Gerome Jeames nur jemanden, um über ein Klubtreffen auf einem Parkplatz zu verhandeln Doch dann stand er plötzlich mitten im neuen Terminal. Sicherheitspersonal? Ja, das gab es auch.

Schönefeld/Potsdam - „Wir warten nicht, wir starten! / Was immer auch geschieht, / durch Wind und Wetter / klingt das Fliegerlied.“ Das sind berühmte Zeilen aus einem alten Ufa-Streifen, mit einem fast zur Redewendung geronnenen Refrain: „Flieger, grüß mir die Sonne“ – gesungen erst von Hans Albers, später von Extrabreit. Ein hübscher Song, passt eigentlich zu jedem Flughafen, nur vorerst nicht zum BER. Dort müsste gleich die erste Zeile umgedichtet werden: „Wir starten nicht, wir warten.“ Wie ein Mahnmal der Vergeblichkeit steht der Terminal einsam in der Gegend herum, man kennt ihn gut als Schönefelder Fluggast, aber eben nur aus der Ferne. Wie mag es drinnen aussehen, wird sich mancher Passagier gefragt haben, als seine Maschine vorbeirollte – ohne Hoffnung, in absehbarer Zeit einen Blick hineinwerfen zu können.

Einer hat es nun dennoch geschafft, unberechtigt zwar, vom Zufall begünstigt, aber egal: Er war drin, spazierte durch die Baubüros, auch durch den Terminal selbst, fotografierte nach Herzenslust, vom Sicherheitspersonal nicht nachhaltig behindert. Und dabei ist Gerome Jeames beileibe kein Luftfahrtenthusiast, der es nicht abwarten kann, auch kein Planespotter auf der Suche nach einem ausgefallenen Ort für sein aeronautisches Hobby. Der 32-Jährige ist Musicalsänger von Beruf, was hier keine Rolle spielt, dazu ein großer Freund der Automarke Renault und 2. Vorsitzender des Klubs Renault Team Berlin Brandenburg International.

Klubtreffen in Schönefeld geplant

Ein junger, rühriger Verein, gegründet 2016, der aber schon einige Treffen Gleichgesinnter organisiert hat, mit Zustimmung der Flughafengesellschaft gratis auf einem ungenutzten Parkplatz nahe des neuen Terminals. Für das Wohlwollen waren die Renault-Freunde dankbar, zeigten das auch bei der Wahl des Vereinsnamens, passte doch das Kürzel BBI „scheinbar perfekt zu unseren ersten Veranstaltungen am Flughafen, der diese Kurzform noch bis vor wenigen Jahren nutzte“.

Auch zu Ostern sollte ein Treffen auf dem Parkplatz stattfinden, entsprechende Vereinbarungen seien bereits im Oktober getroffen worden. 10 000 Flyer hatte der Verein drucken lassen, Sponsoren und Partner gefunden, doch seit ein paar Wochen ist alles Makulatur, möglicherweise ein Kollateralschaden des Personalwechsels an der BER-Spitze. Gespräche mit der Flughafengesellschaft folgten, letztlich erfolglos. Auch standen plötzlich 1000 Euro Platzmiete im Raum – untragbar für einen Verein von 25 Mitgliedern.

Offene Büros und technische Räume

Also versuchte Gerome Jeames, mittlerweile ziemlich ratlos, es auf die direkte Tour und fuhr am Samstag vor zwei Wochen einfach hin zum Terminal, hoffte wohl auf ein Wunder wirkendes Gespräch von Mann zu Mann. Und so stand er denn am späten Vormittag vor einem Gebäude aus Wohncontainern, zusammengestapelt zum Baubüro, die blaue Eingangstür stählern und mit Türcode-Tastatur versehen, doch nur angelehnt. Der unangekündigte Besucher trat ein, fand sich bald in einer Flucht ebenfalls unverschlossener Büros wieder, klopfte hier, versuchte es dort, stand dann auch in einem, das er für das des neuen BER-Chefs Engelbert Lütke Daldrup hielt und dann doch lieber rasch verließ. Auch an technischen Räumen kam er vorbei: Telefonanlage, Server, so schien es ihm. Mögliche Ansprechpartner? Keine.

Also versuchte er es im Terminal selbst, scheiterte erst an zwei Sicherheitsmitarbeitern, da ihm der verlangte Dienstausweis ja fehlte, versuchte einen anderen Eingang, konnte sich dort mit seinem Anliegen rausreden, wurde schließlich durchgelassen, stand im Terminal. Spazierte herum, fotografierte heimlich mit dem Handy, etwa die Gepäckbänder und den roten, an der Decke schwebenden „Magic Carpet“ der Künstlerin Pay White, das einzige, was im BER fliegt. Herumlaufende Bauleute nahmen keinen Anstoß. Selbst als er die mittlerweile angewachsene Gruppe der Sicherheitsleute auf dem Rückweg wieder passierte, wurde er nur gefragt, ob er einen Ansprechpartner gefunden habe, was er verneinen musste. Nun, vielleicht habe er den Flughafen verwechselt, lautete die launige Antwort.

Wie konnte der Mann gesicherte Bereiche der BER-Baustelle betreten?

Bei der Flughafengesellschaft sieht man den Vorgang offiziell nicht allzu dramatisch. Wohl überprüfe man derzeit, ob und wenn ja wie, es dem Mann gelingen konnte, gesicherte Bereiche der BER-Baustelle zu betreten und sich dort aufzuhalten, hieß es. Als sicher aber gilt: „Die Person erlangte keinen Zutritt in den Luftsicherheitsbereich. Passagiere waren zu keiner Zeit gefährdet. Der Flugbetrieb wurde nicht beeinträchtigt.“ Welche Passagiere? Welcher Flugbetrieb? 

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