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Flüchtlinge in Brandenburg: Nur wer bleibt, soll in die Kommunen kommen

Innenminister und Landräte sagen: Asylbewerber sollen in Erstaufnahmen bleiben, bis ihr Status geklärt ist. Bislang werden auch Menschen ohne Bleibeperspektive Kommunen zugeteilt.

Potsdam - Brandenburgs Landräte und Oberbürgermeister drängen gemeinsam mit Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) auf Korrekturen in der Asylpolitik im Land. Dabei geht es auch um schnellere Abschiebungen. Nach einer Landrätekonferenz in Potsdam sprachen sich am Montag die Präsidenten von Landkreistag und Städtebund, Mittelmark-Landrat Wolfgang Blasig und Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (alle SPD) gemeinsam mit Schröter dafür aus, dass Asylbewerber künftig bis zu zwei Jahre in den zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes bleiben, also bis zum Abschluss der Asylverfahren. Ziel sei, nur Asylbewerber mit Bleibeperspektive auf die Kreise zu verteilen, hieß es.

Schröter unterstützt diese Forderung der Kommunen. Nötig dafür wäre eine Gesetzesnovelle, für die in der Regierung das von der Linke-Ministerin Diana Golze geführte Sozialministerium federführend zuständig wäre. In der rot-roten Koalition bahnt sich damit ein neuer Krach an.

Bislang ist es gängige Praxis, Menschen ohne Bleibeperspektive auf Kommunen zu verteilen

Bislang müssen in Brandenburg Asylbewerber spätestens nach sechs Monaten die Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt oder deren Außenstellen wie Wünsdorf oder Doberlug-Kirchhain verlassen. Danach werden sie landesweit untergebracht. „Bislang ist es damit gängige Praxis, dass auch Menschen ohne Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden“, sagte Blasig. Das mache es dann schwieriger, ja fast unmöglich, Abschiebungen durchzusetzen, da Betroffene dann aus dem Umfeld, Kinder aus Schulen gerissen würden. Und wenn abgeschoben werde, so Blasig, „sind die Menschen nach wenigen Tagen wieder da“. Würde man umsteuern, hätte Brandenburg die Möglichkeit, abgelehnte Asylbewerber gleich aus der Erstaufnahme heraus abzuschieben. Und die Kommunen gewönnen Freiräume, um sich besser um die Integration derer kümmern zu können, die bleiben, so Schröter. Die Kommunalebene sei sich darin einig, auch Cornelia Wehlan, die Linke-Landrätin von Teltow-Fläming, habe keine andere Position, sagte Blasig. Die Forderung der Kommunen ans Land sei: „Beeilt euch!“

Trotzdem erwartet Landrat Blasig offenbar selbst, dass der Vorstoß für ein „Gesetz zur beschleunigten Umsetzung der Ausreise“ in der rot-roten Regierungskoalition nicht ohne Turbulenzen aufgenommen wird. „Es muss ja den politischen Raum passieren“, sagte er. Wer die jetzige Koalition kenne, der wisse, dass nicht jeder Koalitionspartner das gut finden werde. In Brandenburgs Koalition waren es vor allem die Linken, die sich unter Hinweis auf die Negativ-Begleiterscheinungen von Massenunterkünften für eine schnelle Verteilung von Asylbewerbern auf die Kommunen eingesetzt hatten. Im Kabinett gibt es dazu noch keine Abstimmung. Schröter verwies darauf, dass Sozialministerin Golze nach einem Unfall noch nicht wieder im Amt sei. Es sei „nicht einfach“, sagte Schröter, der von „Vorklärungen“ sprach. „Wir sind unterwegs. Die kommunale Ebene drängt. Und ich kann das gut nachvollziehen.“

„Die Bedingungen haben sich so verbessert, so dass ein Lagerkoller nicht denkbar ist"

Nach Auffassung von Schröter sind die Erstaufnahmeeinrichtungen nach dem Ausbauprogramm der letzten Jahre inzwischen gut geeignet, um Menschen auch längere Zeit dort unterzubringen. „Die Zeit der Zeltstädte ist vorbei.“ Es seien gute Unterkünfte, mit Außenanlagen, Fitnessbereichen, in denen man auch Familien zwei Jahre unterbringen könne. „Die Bedingungen haben sich grundsätzlich so verbessert, so dass ein Lagerkoller nicht denkbar ist.“ Gleichwohl erwartet der Leiter der Eisenhüttenstädter Erstaufnahme, Frank Nürnberger, durch eine längere Aufenthaltsdauer in seiner Einrichtung eine andere Dynamik: Nämlich die, dass bei Asylbewerbern ohne Chance, in Deutschland bleiben zu können, die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise deutlich wachsen werde.

Doch es gibt noch ein Problem. Brandenburg hat seit März 2017 keine eigene Abschiebehaftanstalt mehr, da der Abschiebeknast in Eisenhüttenstadt wegen Sicherheitsmängeln vorübergehend geschlossen wurde. Wenn aus Brandenburg derzeit abgeschoben wird – es geht um 30 Fälle pro Jahr –, werden diese von der Polizei zu Abschiebegefängnissen in Rheinland-Pfalz gebracht. Schröter verhandelt mit Sachsen, aber auch mit Berlin über „Kontingente“, um bei Bedarf dortige Abschiebehaftanstalten zu nutzen. Es werde aber auch geprüft, ob nicht ausgelastete Untersuchungshaftanstalten in Brandenburg selbst dafür geeignet wären.

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