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Finanzen Brandenburg: Kritik an Förderschwenk für Speckgürtel

Brandenburgs Finanzminister warnt vor Vorfestlegung. CDU wirft SPD Entvölkerung der Peripherie vor.

Potsdam - Der angekündigte Schwenk der brandenburgischen SPD-Landtagsfraktion und des SPD-geführten Infrastrukturministeriums in der Förderpolitik zugunsten der wachsenden Speckgürtel-Kommunen stößt bei der Opposition, aber auch beim Koalitionspartner Die Linke auf Widerstand.

Finanzminister Christian Görke (Linke) sagte am Freitag den PNN: „Die Verteilung von Geld ist allgemein nie das Problem. Man sollte aber den ersten Schritt vor dem zweiten machen.“ Die größte Herausforderung für die rot-rote Koalition und speziell für das von ihm geführte Finanzministerium sei es angesichts der „nicht so schönen“ Steuerschätzung vom November, die von Rot-Rot zusätzlich geplanten Ausgaben in Höhe von 230 Millionen Euro von 2016 bis 2019 für Landes- und Kommunalstraßen, Schulen, Kindertagesstätten, Feuerwehren, Freizeit- und Sportanlagen zu stemmen. „Das ist unser erster Kampfauftrag für die Koalition.“

Zudem ist nach aller Erfahrung damit zu rechnen, dass das Finanzministerium bei der Verteilung der Gelder ein ernstes Wort mitreden will – zumal es das Programm und die Auszahlung der Gelder dann auch steuert.

Linksfraktionschefin Margitta Mächtig sagte, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Investitionsprogramm sei für alle Kommunen und nicht speziell für den Speckgürtel vorgesehen. Es sei zwar unstrittig, dass die Speckgürtelgemeinden vor wachsenden Herausforderungen etwa beim Neubau von Schulen und Kindertagesstätten stehen. „Das ist schon eine andere Hausnummer“, sagte Mächtig. „Aber den Speckgürtel zu fördern zum Nachteil der Peripherie, halte ich für nicht zukunftsfähig. Die berlinfernen Regionen weiter abzuhängen, kann nicht Ziel unserer gemeinsamen Politik sein“, sagte Mächtig den PNN. Die Koalition habe sich auf ein neues Leitbild für das Land verständigt, aber nicht auf ein gesondertes Leitbild für den Speckgürtel. Vielmehr gehe es um die Frage, wie starke Regionen in die schwächeren Regionen wirken könnten und damit ein gemeinsames Land entwickelt werden können, das in jedem Teil Reize hat, um dort zu leben und zu arbeiten. „Das sollte nicht durch eine lex specialis konterkariert werden.“

Harsche Kritik kam von der Opposition im Landtag. Der Tenor: Die SPD wolle die ländlichen Regionen gegenüber den Gemeinden im Berliner Speckgürtel vernachlässigen und die Peripherie gezielt entvölkern. „Wir müssen das Land zusammenhalten und als Ganzes zukunftsfähig machen“, sagte der infrastrukturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Rainer Genilke. „Wenn die SPD der Ansicht ist, dass die Speckgürtelgemeinden bisher radikal vernachlässigt wurden, ist sie schlecht beraten, dies nun durch eine radikale Vernachlässigung der berlinfernen Gemeinden heilen zu wollen.“ Zwar benötigten die wachsenden Gemeinden im Berliner Umland dringend Unterstützung vom Land beim Ausbau von Schulen, Kitas und Verkehrswegen, sagte Genilke. „Das Gleiche gilt aber auch für die ländlichen Regionen.“ Brandenburg brauche einen ganzheitlichen Ansatz zur Förderung der Infrastruktur. Der von der SPD-Fraktion angekündigte Kurs „klingt eher nach einer gezielten Entvölkerung ganzer Landstriche“, sagte Genilke. Dann sei damit zu rechnen, dass auch bei der Kreisgebietsreform oder beim Mobilitätsprogramm die berlinfernen Regionen abgehängt werden sollen. Auch AfD-Fraktionschef Alexander Gauland sagte: „Rot-Rot will Brandenburgs Ränder abhängen.“ Das Geld müsse in die berlinfernen Regionen fließen, damit diese für Zuzügler attraktiv blieben.

Wie berichtet hatte das Infrastrukturministerium erstmals eingeräumt, dass es in den Speckgürtel-Kommunen rund um Berlin infolge des rasanten Wachstums Handlungsbedarf gibt. Das Ministerium will die Entwicklung in den wachsenden Kommunen rund um Berlin künftig besser steuern. Auch die SPD-Landtagsfraktion zeigte sich offen für einen Paradigmenwechsel in der Förderpolitik. SPD-Fraktionschef Klaus Ness sagte:. „Wir müssen denen helfen, die unter Wachstumsschmerzen leiden, im Gegensatz zu den Gemeinden mit starkem Rückgang der Bevölkerung in den ferneren Regionen.“ Investitionen des Landes für Schulen und Sportplätze sollten vorrangig in den Speckgürtel fließen, da dort im Gegensatz zu den berlinfernen Regionen weiterer Zuzug zu erwarten sei.

Rot-Rot hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, von 2016 bis zum Ende der Legislaturperiode 2019 ein zusätzliches Investitionsförderprogramm in Höhe von 230 Millionen Euro aufzulegen. Wegen des Investitionsstaus sollen laut Koalitionsvertrag 100 Millionen Euro in dieser Zeit in Landesstraßen und Ortsdurchfahrten fließen. Für die sogenannte kommunale Bildungsinfrastruktur, also Schulen und Kitas, sind 80 Millionen Euro geplant, für kommunale Straßen und Wege sowie Feuerwehren 35 Millionen Euro und für Freizeit- und Sportanlagen 15 Millionen Euro. Hinzu kommt bei solchen Förderprojekten der jeweilige Eigenanteil der Kommunen.

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