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Brandenburg: Feuring in Erklärungsnot

Opposition hält frühere Aussagen zum Umgang mit der Kriminalitätsstatistik für unglaubwürdig

Potsdam – Brandenburgs Innenstaatssekretär Arne Feuring bleibt in Erklärungsnot. Die Opposition im Landtag hält seine Aussagen zum eigenwilligen Umgang mit der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) in seiner Zeit als Polizeipräsident für nicht glaubwürdig. Am Donnerstag war Feuring jedenfalls um Schadensbegrenzung bemüht, er erklärte sich im Innenausschuss des Landtags und in einer Pressemitteilung.

Wieder einmal – wie schon im März – versucht Feuring, Handlungsanweisungen der Polizeidirektion West zu verteidigen, die ihm den Verdacht einbrachten, in Zeiten hoher Diebstahls- und Einbruchsraten die Kriminalstatistik schönen zu wollen. Der Verdacht besteht immer noch – er wurde nach Ansicht der Innenexperten von CDU und Grünen, Björn Lakemacher und Ursula Nonnemacher, jetzt sogar erhärtet.

Wie berichtet hatte die Direktion West im Sommer 2013 mehrere Handlungsan- weisungen zur statistischen Erfassung von Diebstählen und Sachbeschädigung von Autos erlassen, verfasst von einem Vertrauten Feurings, den er später in seinen Stab ins Polizeipräsidium holte. Demnach sollten zum Beispiel mehrere solcher Taten in einer Nacht, in einem Straßenzug mit mehreren Geschädigten in der Statistik nur noch als ein Fall mit einer Anzeige erfasst werden. Der Effekt: weniger erfasste Fälle und eine bessere Aufklärungsquote.

Nun wurde bekannt, dass die Statistik-Experten des BKA und der Länder und selbst des brandenburgischen Landeskriminalamtes diese Anweisungen bereits im Oktober 2013 als nicht konform einstuften, weil sie von den bundeseinheitlichen PKS-Richtlinien abweichen. Die Experten der Kommission PKS warnten bei ihrem Treffen sogar vor der Gefahr, dass die Kriminalstatistik dadurch „verfälscht wird“. In einem Vermerk forderte die zuständige, mit Richtlinienkompetenz ausgestattete Fachabteilung des LKA, die Anweisungen zurückzuziehen.

Nach Feurings gestriger Erklärung bleibt nun festzuhalten: Entweder war er als Polizeipräsident schlicht nicht informiert über die eindeutige Haltung der LKA-Abteilung und der Experten des BKA, der Bundespolizei und aus anderen Bundesländern, was schlechterdings kaum vorstellbar ist. Oder er wollte nichts davon wissen und setzte sich darüber hinweg. Egal wie, es spricht nicht für Feuring.

Ob ihm der Vermerk der LKA-Abteilung bekannt gewesen sei, könne er nicht sicher sagen, erklärte Feuring gestern. Darauf komme es aber auch nicht an. Denn er sei damals gemeinsam mit LKA-Chef Dirk Volkland übereingekommen, dass sich die umstrittenen Handlungsanweisungen innerhalb der bundesweiten Richtlinien bewegen.

Heute legt sich Feuring nicht mehr fest, er sagt: Ob die Handlungsanweisungen bundeseinheitlichen Richtlinien entsprechen oder nicht, sei eine Frage, die fachlich in den dafür zuständigen Gremien wie der Kommission PKS geklärt werde. Genau dort aber war das ablehnende Votum des BKA und der anderen Bundesländer eindeutig und bleibt es auch, wie aus einem Protokoll des BKA zu einer Sitzung der Kommission Mitte Mai in Potsdam hervorgeht.

Die Vermerke von LKA und BKA zeigen noch etwas anderes: Im Oktober 2013 hatte ein Präsidiumsmitarbeiter Feurings in der Kommission die umstrittenen Handlungsanweisungen vorgestellt – mit dem Ziel, die Richtlinien entsprechend zu ändern, was abgelehnt wurde, weil nicht richtlinienkonform. Immerhin darf Brandenburg laut BKA-Protokoll seither eine Projektgruppe leiten, die die seit „Jahrzehnten gültigen und angewandten Erfassungsregeln“ mit Blick auf juristische Begriffe „redaktionell überprüfen“ soll, weil es in allen Bundesländern zu Fehlinterpretationen der PKS-Richtlinie kommt. Im Klartext: Brandenburg wurde zurechtgewiesen.

Oder wie die Grünen-Abgeordnete Nonnemacher es sagt: Brandenburg könne trotz aller Mängel von Statistiken keinen Sonderweg gehen. „Ich muss mich darauf verlassen können, dass in einem Rechtsstaat Kriminalität bundeseinheitlich erhoben wird, gerade weil daraus auch fachliche und politische Konsequenzen abgeleitet werden.“ Alexander Fröhlich

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