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Helfende Hand: Pflegekräfte werden in Zeiten des demografischen Wandels in Brandenburg dringend benötigt.

© Patrick Pleul/dpa

Fachkräftemangel: Die Brandenburger Pflegeausbildung wird reformiert

Alten-, Kinderkranken- und Krankenpfleger werden künftig gemeinsam ausgebildet. So sollen mehr Fachkräfte gewonnen werden - denn die Prognosen sehen düster aus.

Potsdam - Nach acht Jahren ist für die meisten Schluss. Länger halten viele nicht durch im stressigen Arbeitsalltag der Pflegeeinrichtungen. Waschen, füttern, Medikamente bringen, aufmuntern im Akkord – der physisch und psychisch fordernde Beruf des Altenpflegers ist für einige Beschäftigte keine Daueraufgabe. „Wir können es uns nicht leisten, die Fachkräfte zu verlieren. Wir müssen versuchen, sie zu halten“, sagt Brandenburgs neue Gesundheits- und Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Mittwoch bei ihrer ersten Pressekonferenz im neuen Amt.

Denn die Zahlen sind alarmierend: Wie eine im vergangenen November veröffentlichte Studie im Auftrag des Landtages deutlich machte, wird sich die jetzt schon angespannte Situation in der Pflege extrem verschärfen. Zwischen 2005 und 2015 ist die Zahl der Pflegebedürftigen in Brandenburg bereits um 52 Prozent auf fast 112.000 Menschen gestiegen. 2017 waren schon rund 132.400 Brandenburger auf Pflege angewiesen und im Jahr 2030, so die Prognose des Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (ISW) in Halle (Saale), werden 166.000 Brandenburger Hilfe benötigen. Fast 44.000 neue Pflegekräfte müssten bis dahin gefunden werden.

Die Ausbildung wird reformiert

Ein Baustein, um den Beruf attraktiver zu machen, ist eine vom Bund vorgegebene Reform der Pflegeausbildung, die nun auch in Brandenburg umgesetzt wird. Die bisherige Aufteilung in Alten-, Kinderkranken- und Krankenpflege wird aufgehoben. Wer künftig eine Pflegeausbildung beginnt, kann in allen Bereichen arbeiten – also einfacher Abwechslung suchen, ohne den Beruf gleich komplett an den Nagel hängen zu müssen, wozu sich laut Nonnemacher in der Altenpflege desillusionierte Berufsanfänger im Schnitt schon nach acht Jahren entschließen.

„Die Ausbildung in der Pflege wird attraktiver“, ist die frühere Krankenhausärztin Nonnemacher überzeugt. Auch die hohe Abbrecherquote schon vor Berufsstart – momentan beenden 25 Prozent der Pflegeschüler ihre Ausbildung nicht – hofft das Land durch den neuen, generalistischen Ansatz zu senken. 

Die Altenpflege war zunächst skeptisch

Im Vorfeld habe es aber auch Bedenken gegen die Reform gegeben, sagt Nonnemachers neuer Staatssekretär Michael Ranft. Gerade die Altenpflegeeinrichtungen, die besonders unter Fachkräftemangel leiden, befürchteten, nun erst recht unter die Räder zu kommen, weil sich viele Pflegeschulabsolventen künftig lieber in Krankenhäusern bewerben würden. 

„Inzwischen überwiegt der Optimismus“, sagt Andreas Kaczynski, Sprecher der Liga der Freien Wohlfahrtsverbände und Vorstandsvorsitzender des Paritätischen Landesverbandes. Die Überlegung: Viele, die sich vorher gar nicht erst für eine Altenpflegeausbildung entschieden hätten, gehen den Weg vielleicht doch – weil sie wissen, dass das System nun durchlässiger ist, sie zwischen den Pflegewelten wechseln können.

Die Pflegebedürftigen werden zur Kasse gebeten

Für die Pflegebedürftigen selbst hat das neue Modell auch einen Haken: Sie werden über die Beiträge zur Pflegeversicherung an den Ausbildungskosten beteiligt – obwohl sie selbst zum Teil gar nicht mehr davon profitieren werden, denn die neue generalistische Ausbildung, die viel praktisches Lernen in Pflegeeinrichtungen beinhaltet, dauert drei Jahre. Im Frühjahr werden in Brandenburg die erste Pflegeazubis starten.

Das Pflegestudium, das künftig an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg angeboten wird, kann frühestens nach drei Jahren abgeschlossen werden. Wie hoch die zusätzliche finanzielle Belastung für den einzelnen Pflegebedürftigen ausfallen werde, könne man noch nicht sagen, so Staatssekretär Ranft. Neben den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen zahlen Krankenhäuser, das Land und die Pflegeversicherung in einen Fonds zur Ausbildungsfinanzierung ein.

Derzeit existieren in Brandenburg 40 Pflegeschulen, die die Ausbildung anbieten. Weitere Ausbildungsplätze werden geschaffen, zum Beispiel in Potsdam. Auf der Insel Hermannswerder soll wie berichtet bis 2024 eine Pflegeschule für dann bis zu 1000 Schüler entstehen. Bereits im April nächsten Jahres soll der erste Jahrgang seine Ausbildung beginnen können. An der Gründung der Pflegeschule sind neben der evangelischen Hoffbauer-Stiftung auch das Klinikum „Ernst von Bergmann“ sowie das Evangelische Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin beteiligt.

In den vergangenen fünf Jahren sind die Ausbildungszahlen in den Pflegefach- und Pflegehelferberufen bereits von 3600 auf 4200 gestiegen. „Wir schaffen jetzt die Rahmenbedingungen, damit sich dieser Trend fortsetzt“, so Nonnemacher.

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