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Brandenburg: Explosion in Mariendorf

Unbekannte sprengten am Sonntag eine Bank in Berlin – und leerten alle Schließfächer

Von Sandra Dassler

Berlin - Die ältere Dame, die sich am Sonntagvormittag ihren Weg am rot-weißen Flatterband entlang durch Löschwasser, Laub und Scherben bahnt, ist sehr aufgeregt: „Ich habe es irgendwie geahnt“, sagt sie zu einem der Polizisten, der die zerstörte Sparkassenfiliale am Mariendorfer Damm 118 absichert: „Ich war verreist und hatte deshalb alle Wertpapiere, aber auch Geldkarten und Schmuck hier im Schließfach deponiert.“

Der Polizist darf der Frau keine Auskunft geben, aber tatsächlich sind fast alle Schließfächer im Keller der Filiale leer – es sind mehr als 100. Zwar hatte es erst so ausgesehen, als sei ein Geldautomat gesprengt worden, doch der Einbruch am Sonntagmorgen galt den Schließfächern. Und die Explosion, die viele Anwohner aus dem Schlaf aufschreckte, sollte wohl nur Spuren verwischen.

Es war 6.50 Uhr, als bei der Polizei die ersten Anrufe eingingen: Mieter hatten einen lauten Knall in der Sparkasse, die im Erdgeschoss ihres mehrstöckigen Nachkriegsbaus untergebracht ist, gehört. Als kurz darauf Feuerwehrleute – bei der Detonation entstand auch ein kleiner Brand – und Polizisten eintrafen, bot sich ihnen ein Bild der Zerstörung: Mehrere große Schaufensterscheiben waren zu Bruch gegangen, der Kassenraum war völlig verwüstet und im Keller standen fast alle Schließfächer offen – gähnend leer.

Nach ersten Erkenntnissen der Polizei waren die Täter über den Seiteneingang in die Filiale eingedrungen, indem sie die Tür aufbrachen. Dass sie dann auf dem Weg zurück eine Flüssiggasflasche leerten und damit das Luft-Gas-Gemisch zur Explosion brachten, ist eine Vermutung, die sich zunächst nicht bestätigte. „Wir haben jedenfalls bislang keine Hinweise auf ein Flüssiggasflasche gefunden“, sagte ein Polizeisprecher. Auch zu Spekulationen, wonach sich die Einbrecher verkalkulierten und die Detonation stärker ausfiel als von ihnen gewünscht, wollte er sich nicht äußern.

Die Zerstörungen waren jedenfalls erheblich. Dabei setzten die Täter nicht nur ihr eigenes Leben aufs Spiel, sondern auch das der Menschen, die in den vier Etagen über der Sparkasse wohnen. Nach dem Knall wollen Zeugen gesehen haben, wie ein graues Auto vom Tatort wegfuhr. Ob es sich dabei um das Fluchtfahrzeug handelte, ist bislang unklar. „Wir ermitteln und werten die Zeugenbefragungen aus“, sagte der Sprecher. „Aber bislang fehlt von den Tätern jede Spur.“

Noch am Mittag standen einige Mieter auf den Balkonen und diskutierten. „Wir sind froh, dass wenigstens niemand verletzt wurde“, sagte einer. „Ich habe auch einen Knall gehört, aber ich dachte, es sei ein Unfall auf dem Mariendorfer Damm. Da kracht es häufiger, seitdem es die Baustelle gibt.“ Seit dem Morgen habe seine Wohnung keine Wasserversorgung mehr, auch das Telefon funktioniere nicht.

Die Bauaufsicht des Bezirks muss nun entscheiden, ob das Gebäude noch sicher ist. Die Mieter der unteren Etagen waren nach der Detonation von der Polizei aufgefordert worden, ihre Wohnungen zu verlassen. Inzwischen durften sie diese wieder betreten. Der Verkehr am Mariendorfer Damm war zeitweilig gesperrt.

Zu den Schaulustigen gesellten sich im Laufe des Tages immer mehr Betroffene. Neben der älteren Dame meldete sich auch ein Mann, dem eines der Schließfächer gehört. Ihm standen die Tränen in den Augen. Er habe in der Sparkasse Schmuck, darunter einige Erbstücke von seiner verstorbenen Frau, deponiert. Alles sei nun weg, sagte er traurig. Hoffnung auf Ersatz mache er sich kaum: In der Filiale weise ein Schild darauf hin, dass Schmuck und Geld im Schließfach nicht versichert seien. Sandra Dassler

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