zum Hauptinhalt
Im Rampenlicht. Der AfD-Politiker Arthur Wagner hatte am Mittwoch in das Potsdamer Restaurant „Fliegender Holländer“ zur Pressekonferenz geladen. Dort wollte der Konvertit erklären, warum der Islam nun doch zur AfD gehört.

© Andreas Klaer

Ex-Parteivorstand in Brandenburg: Warum AfD-Politiker Arthur Wagner zum Islam konvertierte

Brandenburgs AfD-Politiker Arthur Wagner hat zu einer Pressekonferenz geladen und begeistert erklärt, warum er zum Islam konvertierte. Ein einstündiger Auftritt voller skurriler Züge. Und was macht die AfD?

Falkensee - Er sei nun Muslim und wolle in der AfD bleiben. Das sagt der Brandenburger AfD-Politiker Arthur Wagner, der jüngst zum Islam konvertiert ist. Der 48-jährige Russlanddeutsche, der mit seiner Familie in Falkensee (Havelland) lebt, hat sich bislang nicht öffentlich über seinen Religionswechsel äußern wollen. Aber nun spricht der Konvertit über den Übertritt, über den selbst die BBC berichtet hatte. Und wie er das tut. Er kann kaum aufhören damit, er gibt Interviews. Er lud sogar zu einer Pressekonferenz nach Potsdam.

Warum verlässt er die Rechtsaußenpartei nicht, die den Islam bekämpft? „Ich bleibe nationalkonservativ, bis ich sterbe“, sagte er dieser Zeitung. „Ich stehe dazu, ich kann nicht anders: Es gibt einen deutschen Geist, eine deutsche Seele. Fast jeder AfD-ler hat das.“ Und: „Wenn wir diese deutsche Seele, das Deutschtum nicht beschützen in den kommenden Jahren, dann ist das Ding weg, dann ist Deutschland weg.“

Nach Wagners „Salam Aleikum“ folgt ein einstündiger Auftritt mit skurrilen Zügen 

Und dabei hat er seine Mission gefunden, die er am frühen Abend in Potsdam erläuterte. Er hatte Journalisten ins Restaurant „Fliegender Holländer“ geladen, der Medienandrang war gewaltig, und auch Herbert Heider von der Potsdamer AfD war da. Nach Wagners freundlichem „Salam Aleikum“ folgte ein einstündiger Auftritt mit skurrilen Zügen. Er sei zwar noch ein „kleines Kind in der großen Islam-Welt“, sagte Wagner, den man jetzt auch Ahmad nennen darf. Er wolle, so seine Botschaft, den jungen deutschen Islam mit den Nationalkonservativen versöhnen, Brücken bauen. „Wir müssen reden, wie Männer, wie Menschen!“ Und er sprach viel von „Liebe“, „Frieden“, von seinen spirituellen Erfahrungen. Ja, er habe einen deutschen und einen russischen Pass, sagte er. Angela Merkel sei seine Kanzlerin, und Wladimir Putin sein Präsident. Zwar wolle er den russischen Pass abgeben, aber das sei kompliziert.

Er hat natürlich von den Gerüchten in der AfD gehört, dass er von Geheimdiensten geschickt worden sei. Polizei und Geheimdienste finde er gut, sagt er. „Aber ich habe damit nichts zu tun. Wenn die Fragen haben, können sie sich aber gern an mich wenden!“ Er erzählt, dass er Alkoholiker gewesen sei, was mit dem Eintritt in die AfD aufgehört habe. Es sind solche Szenen, die einen Journalisten irgendwann fragen lassen, ob er von Jan Böhmermann oder vom Zentrum für politische Schönheit geschickt worden sei. Aber Wagner bleibt ernst, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

Christopher Street Day? „Das hat mich wahnsinnig gemacht. Da waren auch Kinder dabei."

Ehe er zum Islam konvertierte, hatte er mit der evangelischen Kirche gebrochen. Er sei in der früheren Sowjetunion aufgewachsen und „immer auf der Suche nach Wahrheit“, sagt er. „Ich war Atheist, ich habe als treues Parteimitglied gegen Kirchen gekämpft, bis 1989, bis ich 20 war.“ Evangelischer Christ sei er im August 1989 geworden. Bei einem Besuch in Dresden habe er sich mit seiner Familie taufen lassen, „das war eine große spirituelle Erfahrung“. Danach habe er ein halbes Jahr in Riga Theologie studiert, auch die orthodoxe und die neuapostolische Kirche kennengelernt.

Ausschlaggebend für seinen Kirchenaustritt nach fast drei Jahrzehnten, den er formal nächste Woche erklären will, sei vor allem der Christopher Street Day im vorigen Sommer gewesen, bei dem auch Pfarrer teilgenommen hätten. „Das hat mich wahnsinnig gemacht. Da waren auch Kinder dabei. Für Kinder ist es nicht richtig, dass sie das hören und sehen.“ Es sind Sätze wie aus einem anderen Jahrhundert, voller Ernst. Zum Islam übergetreten sei er im Herbst 2017 beim Besuch einer Moschee im russischen Ufa, nachdem dies schon einige Jahre gereift sei: „Ich habe mir erlaubt, es in mir wachsen zu lassen.“ Erklären könne er das nicht. Er habe plötzlich aufgehört, Schweinefleisch zu essen und zu rauchen. „Das lief von allein. Meine Familie ist glücklich. Alles schön“

Wagner über Islamgegner in der AfD: Es seien verwirrte Leute, denen der Glaube fehle

Alles schön? Nicht für die AfD. Wagner, seit 2013 Parteimitglied, seit 2015 im Landesvorstand in Brandenburg, zog sich zwar aus der Parteispitze und als Vize-Kreischef im Havelland zurück. Doch in der Partei reicht das vielen nicht. „Viele Mitglieder erwarten nun auch Wagners Parteiaustritt“, wird AfD-Kreischef Kai Berger auf der Partei-Homepage zitiert. „Wir werden keinen Druck auf ihn ausüben“, heißt es dort. Der Druck folgt im nächsten Satz: „Die AfD bleibt selbstverständlich weiterhin die politische Kraft gegen die Islamisierung, die überall in der Gesellschaft Platz greift und vor der sie nun selbst nicht verschont geblieben ist.“

Obwohl Wagner damit quasi zur Unperson erklärt wird, bemühte er sich, gelassen zu bleiben. Es sei verständlich, dass in der AfD viele seinen Schritt nicht nachvollziehen könnten. Mit dem Anti-Islam-Kurs der AfD hadert er dennoch. Es seien verwirrte Leute, denen der Glaube fehle. Und zum Auftritt von Björn Höcke in Erfurt sagte er. „Das tut weh“. Er wisse nicht, was der „an diesem Tag geraucht“ habe. Ob das mit der islamfeindlichen AfD und diesem Mann gut gehen kann? Beim Telefonat mit dieser Zeitung war Wagner am Morgen zuversichtlich. Am Abend auf der Pressekonferenz war er verhaltener. „Ich lasse mich überraschen. Ich will meine Partei noch nicht verlassen“, sagte er. Die AfD sei ja nötig für Deutschland, „sie beißt.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false