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Nicht ganz dicht. Am Flughafen Tempelhof bröckelt nicht nur das Dach.

© Heinrich

Brandenburg: Ex-Flughafen Tempelhof ist eine Bauruine

Gutachten beziffert Sanierung des denkmalgeschützten Flughafengebäudes auf fast eine halbe Milliarde

Berlin - Die Kosten für die Sanierung des denkmalgeschützten Flughafengebäudes am Rande des Tempelhofer Feldes sind viel höher als bisher bekannt. Um das rund 300 000 Quadratmeter große Gebäude so wiederherzustellen, dass die überwiegend leer stehenden Flächen wieder als moderne Büros genutzt werden können, müsste das Land Berlin rund 478 Millionen Euro investieren. Dies geht aus einem bislang unter Verschluss gehaltenen Gutachten von Ende 2011 hervor, das dieser Zeitung vorliegt.

Das Airportgebäude hatte das Land Berlin vor etwa vier Jahren komplett vom Bund übernommen. In seiner heutigen Form besteht das rund 1,2 Kilometer lange Baudenkmal nach Umbauten seit den 1940er-Jahren. Weil Teile des Albaus „seit Jahrzehnten“ nicht mehr saniert wurden, sind „teilweise gravierende Gebäudeschäden und Mängel“ zu beklagen, schreiben die Gutachter. Dem Gebäudebetreiber zufolge werden zurzeit 14 500 Quadratmeter Dachflächen „grundlegend repariert“ und dafür 4,1 Millionen Euro investiert.

Seit der Stilllegung des Flugbetriebes ist das spangenförmige Haus vor allem als Kulisse für die Modemesse Bread & Butter, für Sportveranstaltungen oder Unternehmensfeiern bekannt. Doch Shows und Events lasten Hangars und Hauptgebäude nur zeitweilig aus. Gerade mal ein Drittel der Büros ist vermietet, größtenteils an die Polizei und öffentliche Einrichtungen.

Die Mieteinnahmen reichen dem Betreiber zufolge zurzeit nicht aus, um die Kosten des Gebäudes zu decken. Allein die Sanierung der veralteten technischen Anlagen für Stromversorgung und Beheizung des Gebäudes beziffern die Gutachter auf 90 Millionen Euro. Der Betreiber sagte, in diesem und im vergangenen Jahr wurden 17 Millionen Euro für Modernisierung und Instandhaltung ausgegeben.

Weil die Berliner Landeskassen leer sind, zeigen die Gutachter abgespeckte Sanierungsvarianten auf. Die „Basiskosten“ der „für den Substanzerhalt zwingend notwendigen“ Grundinstandsetzung beziffern sie auf 144 Millionen Euro. Um diese Summe kommt das Land nicht herum, wenn es den weiteren Verfall des Baudenkmals stoppen will. Rechnen würde sich das aber kaum, weil die Büros nicht modernisiert werden und mit dem Auszug verbliebener Mieter gerechnet werden müsse. Stattdessen schlagen die Gutachter die Herstellung aller Büroflächen mit geringem bis mittlerem Aufwand vor. Die Kosten dieser „Vorzugsvariante“: 266 Millionen Euro.

In Dokumenten des Gebäudebetreibers werden Szenarien durchgespielt, wie die Kosten über viele Jahre verteilt werden können. Auf Anfrage hieß es, geplant sei ein „Kreativ- und Gründerzentrum im Flughafen Tempelhof“.

Das jüngste Gutachten aus 2011 bestätigt eine Expertise aus dem Jahr 2005 im Auftrag des Bundes, die den Sanierungsaufwand mit 466 Millionen Euro beziffert hatte. Im Gutachten heißt es weiter: „Alle bekannten Nutzungsszenarien machen für die einmalige Instandsetzung des gesamten Gebäudekomplexes einen Kostenbetrag erforderlich, der nicht unter circa 300 Millionen Euro liegt.“

Die Architektenkammer fordert deshalb, „die in den Haushalt eingestellten 270 Millionen Euro für den Neubau der Zentralbibliothek in die Instandsetzung des Flughafengebäudes zu investieren“, so Vize-Präsidentin Theresa Keilhacker. Stefan Evers, Ko-Fraktionschef der CDU, äußerte sich ähnlich: „Bevor wir Neubauten auf dem Feld in Angriff nehmen, hat die Sanierung des Flughafengebäudes für uns oberste Priorität.“ Zudem seien zehn Millionen Euro in der Sanierung des Airportgebäudes besser angelegt „als in den Bau eines Designerbeckens“, wie der Politiker das auf dem Tempelhofer Feld geplante Regenauffangbecken nennt.

Ralf Schönball

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