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Beim Ausbau der Windkraft liegt das Land im Ländervergleich auf dem zweiten Platz.

© Uwe Zucchi/dpa

ENERGIESTRATEGIE: Platzeck hält Kohleausstieg für „Harakiri“

Streit um die rot-rote Energie-Regierungserklärung: Für Grüne ist zu viel Kohle geplant, die CDU befürchtet einen radikalen Ausbau von Windkraftanlagen

Potsdam - Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will Brandenburg als führendes deutsches Bundesland bei erneuerbaren Energien und „Vorreiter beim Klimaschutz“ profilieren, aber längerfristig an Braunkohle–Kraftwerken in der Lausitz trotz deren hohen Kohlendioxid-Ausstoßes festhalten. Diese rot-rote Doppel-Strategie hat Platzeck am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Landtag, der dritten seit der Landtagswahl 2009, verteidigt. Zuvor hatte er bereits vor einhundert Lausitzer Kohlekumpeln, die vor dem Landtag demonstrierten, einen Ausstieg aus der Braunkohle in den nächsten „zwei, drei Jahrzehnten“ kategorisch ausgeschlossen. Zur parallelen Anti-Kohle-Demonstration einiger Greenpeace–Aktivisten ging der Regierungschef hingegen nicht. Ein Kohleausstieg, so warnte Platzeck im Landtag, wäre „energiepolitisches Harakiri“. Dann müsste man nach seinen Worten „einen energie-, industrie- und sozialpolitischen Scherbenhaufen wegkehren“. Er begründete die Linie auch mit der Verantwortung Brandenburgs für die Stromversorgung Berlins und anderer Bundesländer. Die Braunkohle sei nach dem Atomausstieg eher „ein Teil der Lösung“ - und zwar für die Bundesrepublik, „als die Brücke, die wir unbedingt brauchen.“

Die Energie-Regierungserklärung, von der Opposition aus CDU, FDP und Grünen lange gefordert, stieß prompt auf heftige Kritik - und zwar aus entgegengesetzten Richtungen. Der CDU setzt Rot-Rot zu radikal auf erneuerbare Energien, den Grünen zu sehr auf die Kohle. Das Festhalten an der Kohle „verlangsamt nicht nur, sondern verhindert den vollständigen Umstieg in ein dezentrales Energiesystem“, kritisierte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Er warf Platzeck vor, mit dem Ja zu neuen Tagebauen und einem neuen Braunkohlekraftwerk „die zentralisierte Nutzung fossiler Braunkohle bis 2070 fortzuschreiben.“ Von einem Spitzenplatz beim Klimaschutz könne jedenfalls keine Rede sein. „Brandenburg ist höchstens Schwanzspitze“, sagte er. Dass die Linke dies alles mitmache, eigene Parteitagsbeschlüsse für einen Kohleausstieg auf Eis lege, enttarne „gnadenlos“ den Bruch früherer Wahlversprechen.

Tatsächlich sorgte die Intensität des Kohle-Bekenntnisses von Platzeck innerhalb der Linken-Fraktion für neues Unbehagen. Und FDP-Fraktionschef Andreas Büttner erinnerte an die monatelangen Auseinandersetzungen zwischen den Linke-Ministern Ralf Christoffers (Wirtschaft) und Anita Tack (Umwelt) um die Energiepolitik. Auf der anderen Seite warf CDU-Oppositionsführerin Saskia Ludwig, deren Partei das Festhalten an der Braunkohle unterstützt, der rot-roten Regierung einen Ausbau erneuerbarer Energien auf dem Rücken der Bevölkerung und zu Lasten der Landschaft vor. Nötig sei eine „brandenburgverträgliche Energiepolitik“. Einen weiteren Windkraftausbau in Brandenburg lehnte Ludwig ab. Dreitausend Anlagen im Land seien genug, die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Ludwig, die auf Reserven bei der Geothermie hinwies, rückte damit von früheren CDU-Positionen zur Ausweisung von Windkraftgebieten im Land zu Zeiten der Großen Koalition ab. „Wir haben nicht alles richtig gemacht, aber wir haben verstanden“, sagte Ludwig, die den Regierungschef direkt attackierte: „Sie haben schon einiges auf dem Kerbholz!“, sagte Ludwig. Unter Platzeck würden auch in der Energiepolitik „die Bürger nett über den Tisch gezogen.“

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