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Brandenburg: Ende des Provisoriums in Sicht

Die Mönche von Neuzelle können auf dauerhafte Bleibe hoffen Zisterzienser aus Österreich haben neuen Schwung ins brandenburgische Kloster Neuzelle gebracht

Neuzelle/Görlitz - Gregorianischer Gesang schallt seit bald fünf Monaten mehrmals täglich durch die Neuzeller Klosterkirche. Vier Zisterziensermönche halten dann ihr Stundengebet. Sie verkünden damit auch, dass ihr Orden nach 200 Jahren an die Neiße in Brandenburg zurückgekehrt ist. Nun zeichnet sich ab, dass sie auf Dauer Wurzeln schlagen können.

Die Einladung kam vom Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt an die florierende Zisterzienserabtei Heiligenkreuz in Österreich. Sie entsandte vier ihrer rund 100 Patres nach Brandenburg. Ihre Ankunft im vergangenen August fand große Beachtung in einer Region, in der die Kirchen meist nur mit rückläufigen Zahlen aufwarten können. Seither gehören die Männer in den schwarz-weißen Gewändern fast wie selbstverständlich wieder zu dem Wallfahrtsort des Bistums Görlitz. Sie engagieren sich in der Gemeindeseelsorge und halten Religionsunterricht.

Untergebracht sind die Ordensleute bislang jedoch nur provisorisch im katholischen Pfarrhaus. Zwar liegt es auf dem Klostergelände, es bietet aber keinen Platz für Verstärkung aus dem Wienerwald, geschweige denn für Gäste. Eine Unterbringung nach den Regeln ihres Ordens ist für die Gemeinschaft indes unverzichtbar, wie ihr Senior, Pater Simeon Wester, betont.

Das erweist sich als gar nicht so einfach. Leer stehende Gebäude gibt es in Neuzelle nicht. 1817 hatte Preußen alle Besitzungen des Klosters verstaatlicht. Nun sind sie Eigentum der Stiftung Stift Neuzelle des Landes Brandenburg. In den Erhalt der weitläufigen Anlage investierte sie mit Hilfe von EU, Bund und Stiftungen über 50 Millionen Euro. Für die Nutzung der sanierten Gebäude fand sie eine Privatschule, zudem eröffnete sie ein Museum für die europaweit einzigartigen Neuzeller Passionsdarstellungen, ein barockes Kulissentheater über Leiden und Auferstehung Jesu.

Nun macht sich Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (SPD) für eine Lösung stark, die auch die Mönche favorisieren. Bei einem Neujahrsempfang des Bistums Görlitz nannte sie den ehemaligen Kanzleibau des Klosters als dauerhafte Bleibe der Mönchsgemeinschaft. Eine erneute kirchliche Nutzung wäre nicht ungewöhnlich. Bis 1993 war dort ein Priesterseminar der ostdeutschen Diözesen untergebracht. Nun sind es eine Musikschule und die Forstverwaltung. Für sie müssten räumliche Alternativen gesucht werden, wie die Ministerin einräumte.

Dabei wird sie ein entscheidendes Wort mitreden. Münch ist auch Neuzeller Stiftungsratsvorsitzende und hat „Neuzelle“ zur Chefsache gemacht. Im Bistum Görlitz ist sie als engagierte Katholikin bekannt. Mehrfach fuhr sie selbst nach Österreich, um mit Heiligenkreuz die Modalitäten der Wiederansiedlung zu klären. Nun stehen nach ihren Angaben Vertragsverhandlungen an. Es geht darum, inwieweit den Ordensleuten das Kanzleigebäude zur Nutzung überlassen wird. Demnach würde die Stiftung die noch ausstehende Außensanierung übernehmen, die Kirche die Innengestaltung. Finanziell sind dem Bistum Görlitz indes enge Grenzen gesteckt. Mit rund 30 000 Katholiken ist es die zahlenmäßig kleinste der 27 deutschen Diözesen.

Ungeachtet dessen sind Ministerin, Bischof und Mönche nach stagnierenden Gesprächen nun „sehr zuversichtlich“. Münch versichert, das Land Brandenburg wolle zum Erfolg „alles, was möglich ist, beitragen“. Bischof Ipolt erhofft sich durch die Mönche neue Impulse für die Kirche „in diesem so entchristlichten Landstrich Europas“. Die Ordensleute sähen durch das Kanzleigebäude die Voraussetzung für weiteren Zuwachs gegeben. Ihr Mutterkloster will bis zum Sommer weitere vier Patres entsenden, um die Wiederbesiedelung am 2. September in Form eines Priorats zu verankern.

Im 750. Gründungsjahr des Klosters dürften „echte Mönche“ die Anziehungskraft von Neuzelle weiter steigern. Als nördlichstes Beispiel süddeutschen und böhmischen Barocks in Europa ist die Anlage jedes Jahr bereits Ziel von 120 000 Touristen.

Besucher der Grünen Woche können indessen die Wiederbesiedelung des brandenburgischen Klosters Neuzelle fördern: In der Brandenburg-Halle 21 b der Landwirtschafts- und Ernährungsmesse (siehe Text unten) verkauft die Klosterbrauerei eine Sonderabfüllung ihres Schwarzbiers „Schwarzer Abt“, die sie zur Rückkehr der ersten Zisterziensermönche produzierte. 20 Cent pro verkaufter Flasche gehen an das Bonifatiuswerk, das damit den Klosteraufbau unterstützt. Das Hilfswerk fördert katholische Einrichtungen in Minderheitenlage. Allerdings können die vier seit vergangenem August in Neuzelle lebenden Ordensleute nicht selbst auf der Grünen Woche anwesend sein. Die Mönche wurden auf Einladung des Görlitzer Bischofs Wolfgang Ipolt von der österreichischen Abtei Heiligenkreuz entsandt.

Gregor Krumpholz

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