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Den Blick öffnen. Die Aussicht ermöglicht es zumindest, wie hier aus einem Fenster des Vereins Schloss Trebnitz Bildungs- und Begegnungszentrum. Es ist eine Bildungsstätte mit politisch-kulturellem Profil und dem Schwerpunkt auf internationalen Austausch- und Beteiligungsprojekten in der deutsch-polnischen Grenzregion.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Ein Schloss als Dorfzentrum

In Trebnitz ist der Spagat gelungen – zwischen einer hoch angebundenen Bildungs- und Begegnungsstätte für Kinder und Jugendliche und dem Ort mit seinen Bewohnern selbst

Trebnitz - Das neobarocke Schloss mit seiner strahlend gelben Fassade ist der Blickfang im 400-Einwohner-Ort Trebnitz (Märkisch-Oderland). Das Besondere: Das Herrenhaus von 1900 steht nicht isoliert im Dorf, sondern ist Dreh- und Angelpunkt. Das mag zum einen daran liegen, dass es zu DDR-Zeiten unter anderem Kindergarten, Arztpraxis und Maschinenausleihstation war, die Dorfbewohner hier also „schon immer“ ein- und ausgingen. Zum anderen aber sind es die inzwischen ebenfalls sanierten Nebengebäude, die Ort und Schloss verbinden. Aus der ehemaligen Remise beispielsweise wurde der Dorfladen mit Café sowie Räumen, in denen regelmäßig der Gemeinderat tagt.

Die alte Schmiede ist inzwischen Seminarzentrum mit Übernachtungsmöglichkeiten, das von den Trebnitzern auch für Hochzeiten oder größere Familienfeiern genutzt wird. „Es gibt keine Berührungsängste“, bestätigt Martina Schneider, Verkäuferin im Dorfladen und auch Köchin im Schloss. Sie schwärmt von der Gemeinschaft und dem Zusammenhalt in Trebnitz. „So etwas erlebt man leider nicht überall“, sagt die gebürtige Sächsin, die vor 17 Jahren herzog. Zu ihren Kunden gehören die Dorfbewohner ebenso wie „die jungen Leute aus dem Schloss“. Gemeint sind Kinder und Jugendliche aus Deutschland, Polen sowie anderen osteuropäischen Ländern, die sich im Bildungs- und Begegnungszentrum zu Workshops treffen. Und das schon seit 25 Jahren, wie Leiter Dariusz Müller betont.

Die Idee für eine Bildungs- und Begegnungsstätte in Grenznähe als Ort der Versöhnung und der Verständigung kam seinen Angaben zufolge Anfang der 1990er- Jahre vom damaligen Brandenburger Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD). Ein Trägerverein gründete sich, es flossen Fördermittel von Bund, Brandenburg und dem Partnerland Nordrhein-Westfalen für Schlosssanierung, Bildungsreferenten und Jugendaustauschprojekte. 85 Übernachtungsplätze gibt es im Schloss, dazu verschiedene Räume für Theaterspiel, gemeinsames Musizieren, Filmdrehs oder politische Planspiele, bei denen Jugendliche lernen, wie Demokratie funktioniert.

Bis heute hat Schloss Trebnitz viele Unterstützer, wie das deutsch-polnische Jugendwerk, die Landeszentrale für politische Bildung und das Brandenburger Bildungsministerium, das allein in diesem Jahr knapp 123 000 Euro Fördermittel bereitstellt.

Bildungsminister Günter Baaske (SPD) lobt die einmalige Atmosphäre in der Bildungs- und Begegnungsstätte, in der jährlich mehrere Tausend Kinder und Jugendliche die Gelegenheit nutzen würden, sich besser kennen und verstehen zu lernen. „Wir sind schließlich Nachbarn, gute Nachbarn“, betont der Minister.

„Begegnung ist die einzige Art, die Angst vor Fremden abzulegen“, sagt Politikwissenschaftler Müller, der vor neun Jahren die Leitung übernahm. Das gelte auch für die Dorfbewohner. Die Schloss-Herbstfeste sind jetzt das alljährliche Dorffest, zudem gibt es Kochclub, Erzählcafé und natürlich den 27 Hektar großen Schlosspark mit 2000 Pflanzenarten, die im 18. Jahrhundert von den damaligen Gutsbesitzern importiert worden waren. „Seit sieben Jahren arbeiten wir gemeinsam daran, die ursprüngliche Schönheit wieder herzustellen“, sagt der Schlossleiter.

Besonders stolz ist er auf die seit mehr als drei Jahren bestehende Schülerfirma, die an den Wochenenden das „Kaffee zum Glück“ im Dorfladen führt. Hervorgegangen aus einem Projekt der Bildungs- und Begegnungsstätte engagieren sich die Jugendlichen weiter in binationalen Teams in Trebnitz.

Seit vielen Jahren unterhalten die zwölf Mitarbeiter der Bildungs- und Begegnungsstätte enge Beziehungen zu Schulen im weißrussischen Brest, im polnischen Grenzland sowie in Seelow und Bad Freienwalde. „Über diese Kontakte kommen die Jugendlichen zu uns. Es ist ein anderes Lernen bei uns – mit maximal zwölf Schülern in der Gruppe und Workshopleitern, die nicht viel älter sind“, sagt Müller. „Hier entdecken sie ihre Kreativität, für die im Schulalltag oftmals keine Zeit bleibt.“

Auch die Grundschule Steinhöfel (Oder-Spree), die eine polnische Partnerschule in Czermin hat, schickt regelmäßig ihre Mädchen und Jungen zum Kennenlernen der polnischen Kinder nach Trebnitz. „Aus diesen Begegnungen sind schon echte Freundschaften entstanden“, sagt Lehrerin Birgit Krippaly. Die Kennenlernwoche auf dem Schloss sei für viele ihrer Schützlinge der erste Kontakt zu Gleichaltrigen, die eine andere Sprache sprechen. „Das ist wichtig und baut Berührungsängste ab“, sagt die Pädagogin überzeugt. dpa

Jeanette Bederke

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