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Brandenburg: Ein Kind verschwindet – Ämter sehen kein Versagen

Anfang kommender Woche werden die Untersuchungsberichte erwartet

Von Sandra Dassler

Anfang kommender Woche werden die Untersuchungsberichte erwartet Cottbus - Nach dem Fund eines sechsjährigen Jungen in einer Tiefkühltruhe der elterlichen Wohnung wird in Cottbus und Potsdam über mögliche politische Konsequenzen diskutiert. Noch immer ist unklar, warum niemand ernsthaft nach dem Verbleib des Jungen forschte. „Wir haben inzwischen alle Unterlagen zu der betreffenden Familie ausgewertet“, sagte die Cottbuser Sozialdezernentin, Christina Giesecke, gestern den PNN: „Einige unserer Mitarbeiter stehen immer noch unter Schock, wir sind alle entsetzt und stellen uns dieselben Fragen wie die Cottbuser Bürger.“ Wie berichtet, war der Junge vermutlich am 20. Dezember 2001 gestorben. Vorangegangen war nach jetzigem Ermittlungsstand der Staatsanwaltschaft ein monate-, wenn nicht jahrelanges Siechtum. Zum Zeitpunkt seines Todes war das Kind unterernährt und extrem geschwächt. Möglicherweise wollte die Mutter diesen Zustand verheimlichen und versteckte die Leiche deshalb in der Tiefkühltruhe. Die 43-Jährige, die jahrelang Familienmitgliedern, Freunden und Behörden erzählte, der Junge befinde sich in der Berliner Charité, äußerte sich bislang nicht zu ihren Motiven. Sie hat acht Kinder geboren, zwei davon wurden noch in der DDR zur Adoption freigegeben. Im Haushalt lebten neben Dennis noch fünf Kinder zwischen fünf und 20 Jahren. Die beiden ältesten wohnen jetzt bei Freunden, die drei Minderjährigen sind im Heim, da ihre Eltern in Untersuchungshaft sitzen. Inzwischen haben sowohl das Brandenburger Bildungs- als auch das Sozialministerium Untersuchungen eingeleitet. Mitarbeiter des Jugendamtes hatten die Familie seit 1993 betreut, der Mutter aber geglaubt, dass Dennis im Krankenhaus sei. Auch das Schulamt hatte letztlich nichts unternommen, als die Einschulung immer wieder verschoben wurde. Anfang kommender Woche werden die Untersuchungsberichte erwartet. Bislang haben alle Behörden versichert, „ordnungsgemäß“ gehandelt zu haben. Die Cottbuser SPD-Fraktionschefin Martina Münch spricht aus, was viele denken: „Wenn das Jugendamt ordnungsgemäß gehandelt hat, und es verschwindet ein Kind, dann stimmt etwas mit der Ordnung nicht.“ Sandra Dassler

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