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Viele Baustellen. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup (l.) und Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider hatten viel zu besprechen. Auch der neue Betriebsleiter der Flughäfen Tegel und Schönefeld wurde bekanntgegeben.

© Arne Immanuel Bänsch/dpa

Brandenburg: Ein Flughafen, viele Piloten

In Sachen BER wird mal wieder getagt. Es geht um Terminal, Tegel und mehr

An der Baustelle für den neuen Hauptstadtflughafen BER soll es voran gehen: Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hält die für Herbst 2020 angekündigte Eröffnung für machbar. Doch bei den Finanzen sind die Lücken noch nicht gestopft. Über all das – Zeitplan und Finanzen, über ein neues Terminal und über neue Personalien – wurde am Freitag im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft beraten. Ein Überblick.

NEUER BETRIEBSLEITER

Eine Personalie war bereits Tage vor der Sitzung des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft am Freitag klar – und wird als deutliches Signal für mehr Professionalität gewertet: Der in Lothringen aufgewachsene Patrick Muller wird als Betriebsleiter künftig die Flughäfen Tegel und Schönefeld steuern. Er verfügte über internationale Erfahrung im laufenden Airportbetrieb, war an den Flughafen Frankfurt-Hahn und Frankfurt tätig und hatte eine ganze Reihe von Spitzenjobs inne. Muller soll den neuen Job in Berlin im August antreten. Sein Vorgänger Elmar Kleinert war Anfang Juli als Geschäftsführer zum Flughafen Bremen gegangen.

Flughafenchef Lütke Daldrup nannte Muller äußerst kompetent und sagte, was dessen wichtigste Aufgaben sein werden: Natürlich geht es vorrangig um die Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER, dazu gehört der vorherige Test im Probebetrieb. Die schnelle Nachbesetzung des Führungspostens ist laut Lütke Daldrup nötig gewesen vor allem für den „gerade anlaufenden Prozess der operativen Inbetriebnahme“ des Hauptterminals am BER – aber auch für die Anwerbung von Airlines für den Standort Berlin und die Führung des mit 700 Mitarbeitern größten Bereichs der Flughafengesellschaft. Und daneben muss er trotz der Enge und Überlastung in Tegel und Schönefeld weiterhin einen „guten Flugbetrieb“ aufrechterhalten. Dort dürfe es keinen Abbruch geben, dort müsse „bis zum letzten Tag hocheffektiv“ weitergearbeitet werden, sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider.

NEUER BERATERVERTRAG

Bei einer anderen, von Berlin vorgeschlagenen Personalie hat der Aufsichtsrat die Bremse gezogen. Berlin wollte durchsetzen, dass Norbert Preuß, der schon auf Ticket der Berliner Grünen Mitglied des Aufsichtsrates ist, zusätzlich einen Beratervertrag für die BER-Kontrolle bekommt – und das per Direktvergabe und ohne Ausschreibung. Es soll um eine sechsstellige Summe gehen, regulär erhalten Aufsichtsräte ein Sitzungsgeld von 125 Euro plus Spesen. Preuß sollte nach dem Willen Berlins mit der Leitung eines neu zu schaffenden Aufsichtsratsbüros beauftragt werden. Der Vorschlag geht zurück auf die Grünen in der Berliner Koalition – angeblich aus Misstrauen gegenüber Lütke Daldrup. Der soll jedoch einen weiteren externen Überwacher abgelehnt haben. Daher hatte sich Rot-Rot-Grün trotz aller Warnungen auf die interne Lösung mit Preuß verständigt.

Der Berliner Antrag, der laut Bretschneider erst zwei Tage vor der Aufsichtsratssitzung offiziell vorgelegen habe, ist nun erst einmal vom Tisch. Dem Gremium sei der Berliner Vorschlag „zu komplex und zu umfassend“ erschienen, um darüber zu entscheiden. Stattdessen setzte der Aufsichtsrat eine Arbeitsgruppe ein, die das Berliner Ansinnen prüfen soll – nämlich die Frage, wie der Aufsichtsrat die Geschäftsführung und die Baustelle noch besser überwachen kann. Und ob der Aufsichtsrat Erkenntnisdefizite hat. Bis zur Sitzung Ende August soll die Arbeitsgruppe Ergebnisse liefern. Für die Berliner Koalition ist das eine herbe Niederlage. Schon im Vorfeld war Berlin von den anderen Anteilseignern, also Brandenburg und Bund, deutliche Ablehnung entgegengeschlagen. In Brandenburg gab es ein klares Urteil: Der Vorschlag habe ein Geschmäckle, sei eine Schnapsidee und mache fassungslos. Ohnehin würde dies gegen den Corporate Governance Kodex des Landes Brandenburg verstoßen. Offenbar sei den Vertretern der Berliner Koalition das Fingerspitzengefühl abhandengekommen, hieß es. Wenn Preuß mit seiner Firma im Auftrag des Aufsichtsrates ein neues BER-Baucontrolling übernehmen solle, müsste er sein Aufsichtsratsmandat abgeben.

FINANZEN

Ursprünglich war für die Aufsichtsratssitzung auch eine Lösung für die Finanzierung des Businessplans angekündigt. Doch die Probleme sind offenbar größer als gedacht. Es seien noch eine Reihe von Gesprächen mit Banken und den Gesellschaftern nötig, bereits in den vergangenen Wochen habe es dazu Treffen auf höchster Ebene mit Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) gegeben. Nun soll bis zur nächsten Sitzung des Aufsichtsrats Ende August geklärt sein, wie die Lücke von mehreren hundert Millionen Euro gestopft wird. Für den bereits 5,4 Milliarden Euro teuren Airport wird wieder Geld gebraucht, weil die Eröffnung um weitere zweieinhalb Jahre verschoben werden musste. Von einem 1,1-Milliarden-Euro-Darlehen der Eigner, das die FBB aktuell für den BER aufbraucht, waren im Frühjahr noch rund 400 Millionen Euro übrig, was bis zur zweiten Jahreshälfte reichen sollte. Dabei sollte aber bis 2020 kein neues Steuergeld für den BER fließen. Stattdessen sollte ein 1,1-Milliarden-Euro-Kredit, geplant für künftige Erweiterungen, für die Zeit bis zur Fertigstellung genutzt werden. Dabei müssen aber Banken und Eigner mitmachen und das Geld fehlt dann später. Die Lücke – knapp 800 Millionen Euro – müsste dann durch Kredite und Zuschüsse der Eigentümer gestopft werden.

NEUE EINNAHMEN

Immerhin haben sich für das Unternehmen neue Einnahmequellen aufgetan: Der VW-Konzern habe Interesse bekundet, seine Diesel-Neuwagen wegen Verzögerungen beim neuen Abgastest auf dem Flughafen zu parken. Und dieses Interesse sei „akut“, sagte Lütke Daldrup. Die Zahl von rund 10 000 Wagen sei „nicht ganz falsch“. Für die Flughafengesellschaft sei das Angebot wirtschaftlich interessant, die Parkhäuser und Stellflächen stünden ohnehin leer. „Wir können damit Geld verdienen“, so Lütke Daldrup.

ZEITPLAN

Flughafenchef Lütke Daldrup ist zuversichtlich, die Eröffnung 2020 zu schaffen. Man liege mit der Mängelbeseitigung im Plan, bei den Prüfungen durch die Sachverständigen „in den letzten Zügen“, sagte er. Der Zeitplan für die Inbetriebnahme sei weiter auf „soliden Füßen“. In den vergangenen Monaten habe es eine „deutliche Stabilisierung“ gegeben.

NEUES TERMINAL

Für das neue Terminal T2, das in Schlichtbauweise errichtet werden soll, um die Passagierzahlen zu bewältigen, hat der Aufsichtsrat ein höheres Budget bewilligt. Statt 100 sind nun wohl 200 Millionen Euro veranschlagt. Denn im Vergabeverfahren war wegen der angespannten Marktlage kein besserer Preis zu erzielen. Um bald den Zuschlag erteilen zu können, gab der Aufsichtsrat grünes Licht für die Mehrkosten. Die Baugrube ist bereits ausgehoben, im August soll ein Bauunternehmen den Zuschlag erhalten und im September soll der Bau beginnen. Über das Terminal sollen sechs Millionen Passagiere, zusätzlich zu den 22 Millionen im Rest des BER, pro Jahr abgewickelt werden können. Erst 2019 werde dann entschieden, ob das Terminal mit dem BER in Betrieb geht. Zum Ende des Sommers 2020, also kurz vor der BER-Eröffnung, solle das Terminal fertig sein.

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