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Dreifachmordprozess: Doch nicht schizophren

Der Mann, der in Ostbrandenburg zuerst seine Großmutter erstach und dann auf der Flucht zwei Polizisten überfuhr, soll doch nicht schizophren sein.

Frankfurt (Oder) - Der Angeklagte im Dreifachmordprozess von Ostbrandenburg soll doch nicht unter einer schizophrenen Erkrankung leiden. Ein Arzt für Psychiatrie, der den 25-Jährigen in einer Einrichtung in Brandenburg/Havel behandelt, sagte am Dienstag vor dem Landgericht Frankfurt (Oder), dass ihn dieses Krankheitsbild nicht überzeugt habe. Es war zu einem früheren Zeitpunkt von anderer Stelle diagnostiziert worden. Zugleich attestierte der Arzt dem Beschuldigten eine Persönlichkeitsstörung. „Er ist nicht beziehungsfähig“, sagte der Sachverständige. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 25-Jährigen vor, Ende Februar zuerst seine Großmutter in ihrem Wohnhaus in Müllrose (Oder-Spree) erstochen und danach auf der Flucht mit dem Wagen der Rentnerin zwei Polizisten totgefahren zu haben. Die Beamten sollten das Fluchtauto an einer Bundesstraße bei Oegeln mit einem Nagelbrett stoppen.

Bei der Tat unter Drogeneinfluss

Seit seiner Festnahme ist der Beschuldigte in der psychiatrischen Einrichtung in Brandenburg/Havel untergebracht. Die Taten hatte er im Prozess indirekt eingeräumt, indem er über den Tatablauf gesprochen hatte. Er soll bei den Taten Ende Februar unter dem Einfluss von Drogen und Psychopharmaka gestanden haben.

Die Aussage des Arztes am 13. Verhandlungstag rückt eine der großen Fragen des Prozesses in den Mittelpunkt – nämlich die nach der Schuldfähigkeit des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft machte schon vor dem Prozessauftakt Mitte Oktober deutlich, dass sie von verminderter Schuldfähigkeit ausgeht. Sie berief sich auf eine Gutachtereinschätzung, die eine Persönlichkeitsstörung attestiert hatte.

In einem früheren Prozess gegen den Beschuldigten wegen Raubes vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) war er Ende 2016 dagegen wegen einer „undifferenzierten Schizophrenie“ für schuldunfähig erklärt worden. Die Kammer ordnete die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an – allerdings setzte sie die Vollstreckung auf Bewährung aus. Im Februar kam es dann zu dem dreifachen Mord. Der Beschuldigte hatte mit auf dem Grundstück seiner Großmutter gelebt, im Nebenhaus lebte seine Mutter mit ihrem Lebensgefährten.

Höflichkeit ließ nach

Der behandelnde Arzt beschrieb vor Gericht den Angeklagten ausführlich. Zunächst sei der 25-Jährige charmant, offen, höflich und zurückhaltend gewesen. Der Beschuldigte habe ein Interesse daran gehabt, aus einem Isolierzimmer heraus in ein Einzelzimmer zu kommen. Da er sich kooperativ und unauffällig gezeigt habe, kamen die Ärzte dem Wunsch nach, berichtete der Sachverständige. Nach und nach habe er aber Forderungen gestellt und die Höflichkeit habe nachgelassen – zeitlich etwa seit dem Widerruf der Bewährung aus dem früheren Prozess.

Der Arzt sprach auch von einem „völligen Fehlen von Mitgefühl“ bei dem jungen Mann. „Er erwartet, dass die Umwelt seine Bedürfnisse befriedigt.“ Er habe auch Fähigkeiten, zu manipulieren und er gehe strategisch vor. „Es geht um ihn, es geht einzig um ihn“, sagte der Arzt. Mit versagten Wünschen könne er nicht umgehen. Der Sachverständige sprach auch von „Gefühlskälte“ bei dem Angeklagten. Körperlich sei er gesund. Medikamente seien bis Mitte März nach und nach abgesetzt worden. Der Zeuge bezeichnete den 25 Jahre alten Deutschen als „speziellen Patienten“. „Wir haben so einen noch nicht gehabt.“ Er zeige der Einrichtung auch ihre Grenzen auf, betonte der Arzt. Der Prozess wird in einer Woche fortgesetzt. (dpa)

Anna Ringle

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