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Brandenburg: Doppelte Angst

Asylbewerber aus Eritrea fürchten sich sowohl vor Tschetschenen in Forst als auch vor Rechtsextremen in Guben. Nun gibt es Hilfe

Von Sandra Dassler

Forst/Guben - Sie haben Angst und wollten wieder weg – 15 Flüchtlinge aus Eritrea hatten bereits am 30. September dieses Jahres in einem offenen Brief auf ihre Probleme aufmerksam gemacht, jetzt haben Opferperspektive und Flüchtlingsrat Brandenburg eine Gemeinsame Erklärung herausgegeben. Darin heißt es: „Vor der Militärdiktatur in Eritrea geflohen, in der Forster Unterkunft von anderen Flüchtlingen misshandelt, in Guben von Rassisten angegriffen und nach Zeugenaussagen auf der Polizeistation in Handschellen gelegt – sieht so der Flüchtlingsschutz in Brandenburg aus?“

Es wäre schlimm, wenn dem so wäre, heißt es bei Polizei und Staatsanwaltschaft in Cottbus. Allerdings stelle sich das Geschehen in der Forster Unterkunft für die Ermittler so dar, dass es sich nicht um einen einseitigen Überfall auf die Männer aus Eritrea gehandelt habe, sondern um Gewalttätigkeiten zwischen ihnen und Flüchtlingen aus Kamerun gegen Flüchtlinge aus Tschetschenien:

Am 20. August dieses Jahres war die Gewalt eskaliert, die beiden Gruppen seien mit Steinen und Eisenstangen aufeinander losgegangen, auch die Polizei hatte Mühe, die Männer zu trennen, sagte eine Polizeisprecherin. Es habe Opfer und Täter auf beiden Seiten gegeben.

Nach Aussagen der Flüchtlinge aus Eritrea hatten die Tschetschenen wohl Verstärkung geholt und seien dann ein weiteres Mal über sie hergefallen. Vier Afrikaner mussten danach im Krankenhaus behandelt werden, einer neun Tage lang.

Um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden, wurden die Flüchtlinge aus Eritrea ins etwa 25 Kilometer entfernte Guben verlegt. Doch auch in der Grenzstadt an der Neiße fanden sie keine Ruhe. Wenige Tage nach ihrer Ankunft wurde die Parole „Refugees go home“ vor ihrer Unterkunft auf die Straße gemalt, am 30. August wurde einer von ihnen mit einem Spray angegriffen, am 25. September wurden sie von vier Personen in einem schwarzen Auto verfolgt.

Als sie das der Polizei melden, wird angeblich einer von ihnen in Handschellen gelegt. „Der Mann war von den Ermittlungen zu der gewalttätigen Auseinandersetzung am 20. August als Tatverdächtiger bekannt“, begründet das eine Sprecherin. „Unsere Kollegen gingen davon aus, dass er gefährlich ist, und haben ihm deshalb Handschellen angelegt. Was den Angriff mit dem Spray und die Verfolgung anbelangt, habe die Polizei bereits einen Tatverdächtigen und ermittle weiter.

Die Flüchtlinge aus Eritrea würden nun am liebsten nach Cottbus umziehen, obwohl sich in Guben unterdessen in dieser Woche ein Netzwerk zur Unterstützung der Flüchtlinge gebildet hat. Initiiert wurde es von den Integrationsbeauftragten Monika Wagschal und Regina Bellack. „Es darf nicht sein, dass diese Menschen Angst haben, hier in Guben auf die Straße zu gehen“, sagte Regina Bellack dem Tagesspiegel: „Sie haben in ihrer Heimat schon Schlimmes erlebt, sind hierher geflohen und müssen nun wieder Gewalt und Ablehnung erdulden, das ist nicht hinnehmbar.“

Regina Bellack will mit Vertretern von Vereinen und Behörden, aber auch mit Privatpersonen dafür sorgen, dass die Männer aus Eritrea, die bei der Gründung des Netzwerks dabei waren, sich in Guben sicher fühlen – genau wie Flüchtlinge aus Syrien und anderen Krisengebieten. Es soll persönliche Patenschaften geben und Integration in Sport- und andere Vereine. „Es ist ein Angebot“, sagt Regina Bellack: „Wir versuchen einfach nur, Menschen zusammenzuführen, die Integration leben wollen.“ Sandra Dassler

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