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Modernes Lernen. Brandenburgs Landesregierung will unter anderem die digitale Bildung voranbringen. 

© Armin Weigel/dpa

Digitalisierung in Brandenburg: Land verspricht Ende der "weißen Flecken"

Bei der Digitalisierung hinkt Brandenburg bislang hinterher. Mit einer nun vorgelegten Strategie will die Landesregierung die Mark ans Netz bringen und die papierlose Verwaltung realisieren.

Potsdam - Es hat endlich klick gemacht in der rot-roten Landesregierung. Schnelles Internet, papierlose Verwaltung, I-Pads im Klassenzimmer und modernste Sensorentechnik in der Landwirtschaft braucht das Land, um fit für die Zukunft zu sein: Das Kabinett hat am Dienstag die erste Digitalisierungsstrategie des Landes verabschiedet, die Brandenburg zum Serverparadies machen soll. Denn bislang ist die Mark zumindest in einigen Bereichen und Regionen eher Onlineödland.

450 Millionen Euro für Digitalisierung

Der Frontrunner, also Spitzenreiter, bei der Digitalisierung sei Brandenburg bislang nicht gewesen, räumte Staatssekretär und Digitalkoordinator Thomas Kralinski (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung der 108 Seiten umfassenden Strategie ein. Dennoch sei sie ein „Meilenstein“: „Brandenburg ist bereit für die digitalen Neuerungen in allen Gesellschafts- und Politikbereichen“, so Kralinski. Problem nur: Die Bereitschaft scheitert manchenorts an der nicht vorhandenen schnellen Breitband- und Mobilanbindung. In drei bis vier Jahren, prognostiziert Kralinski, sollen die weißen Flecken auf der Brandenburger Landkarte verschwunden sein. „Am Geld liegt es jetzt nicht mehr“, betont er. „Es muss nur in die Erde gebracht werden.“ 450 Millionen Euro will das Land in den kommenden Jahren in die Digitalisierung investieren – und wenn die Infrastruktur steht, Bürgern und Unternehmen dadurch das Leben erleichtern. 

Papierlose Verwaltung bis 2022

Bis 2022, so das Ziel, sollen alle Verwaltungsdienstleistungen digitalisiert werden. Von der Beantragung von Kfz-Kennzeichen über autonom fahrende Busse bis hin zum digitalisierten Wolfsmonitoring – vieles soll künftig per Mausklick mach- und steuerbar sein.

Viel Zeit bleibt Rot-Rot nicht mehr, um die Strategie vor dem Ende der Legislatur im kommenden Herbst auf den Weg zu bringen und mit Leben zu füllen. Im kommenden Jahr soll der Fokus unter anderem auf digitale Bildung gelegt werden. So soll die vom Potsdamer Hasso-Plattner-Institut (HPI) entwickelte Schul-Cloud, die Schüler und Lehrer Zugriff auf digitale Lern- und Lehrinhalte ermöglicht, laut Kralinski an 20 Schulen fest eingesetzt werden. Auch die ersten 1200 kostenlosen Wlan-Hotspots sollen 2019 im Land bereitstehen.

Einsatzmöglichkeiten in der Landwirtschaft

Cornelia Weltzien, Professorin am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam, sieht weitere Potenziale fürs Digitale gerade in Brandenburg. Durch vorherige Analysetechnik bedarfsgerecht hergestellte Produkte, die lückenlos im Netz dokumentiert und direkt online vermarktet werden – das könne eine Vision von digitaler Teilhabe gerade auch in ländlichen Regionen sein. Für diese sei es unerlässlich, dass die Infrastruktur unabhängig von wirtschaftlichen Interessen durch die öffentliche Hand und Public-Private-Partnership in die Fläche getragen werden, sagt Weltzien, Mitglied im neunköpfigen Digitalbeirat, der Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf dem Weg zum smarten Brandenburg berät.

Brandenburg als Flächenland sei ein „toller Ort“ für Digitalisierung, meint Sven Slazenger, Geschäftsführer des Potsdamer Softwareentwicklers Interlake, ebenfalls Berater der Landesregierung. Das kleine Estland etwa sei zur Vorzeigenation bei der Digitalisierung geworden. Manches lasse sich durchaus auf Brandenburg übertragen, davon ist er überzeugt. Eine Firma online anmelden zum Beispiel – das ist in Estland längst möglich.

Die CDU ist skeptisch

In Brandenburg sei nicht nur Smartcity, sondern vor allem Smartvillage, das digitale Dorf gefragt, meint der märkische CDU-Fraktions- und Parteichef Ingo Senftleben. Ob das Bundesland mit der rund 200 kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen beinhaltenden Strategie wirklich schnell den Anschluss in die digitale Zukunft schafft – da sei er skeptisch. „Wir brauchen keinen Bericht, sondern endlich einen Quantensprung“, sagt Senftleben. „Die Menschen wollen ganz konkret wissen, was sich für sie wann in ihrem Alltag verbessert“, sagte er am Dienstag. Im Doppelhaushalt 2019/20, der ab dem heutigen Mittwoch im Landtag debattiert und anschließend beschlossen werden soll, schlage sich die Digitalisierungsoffensive zu wenig nieder. „Wir brauchen eine digitale Staatskanzlei, die mit gutem Beispiel vorangeht“, so der Oppositionspolitiker.

Wirtschaft fordert schnelles Internet

Auch der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Christian Amsinck, drückt aufs Tempo. Für die Wirtschaft zentral sei der Netzausbau. Neue Geschäftsmodelle wie das jüngst von Rolls-Royce angekündigte Zentrum für Künstliche Intelligenz seien ohne industriefähiges Breitband nicht möglich. Auch der Strukturwandel in der Lausitz werde nur mit digitaler Unterstützung gelingen. „Die wichtigen Wirtschaftsstandorte im Land müssen bei der Ausstattung mit Glasfaserkabeln Priorität erhalten und können nicht bis Anfang der 2020er Jahre warten“, so Amsinck. 

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