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Digitale Infrastruktur in Brandenburg: Kommt jetzt das Ende der Funklöcher?

Der Landtag macht Druck, damit ländliche Regionen bei der Vergabe des neuen Mobilfunkstandards 5G nicht abgehängt bleiben.

Potsdam - Schon jetzt ist Brandenburg berüchtigt für seine Funklöcher. Landesregierung und Landtag machen nun erneut Druck, damit dies endlich abgestellt wird und sich nicht auch noch in der nächsten Mobilfunkgeneration auf Jahrzehnte fortsetzt. Denn diese Gefahr besteht, wenn Anfang 2019 der Bund die Funklizenzen für den künftigen 5G-Standard versteigern will.

Auch die Opposition stimmte dem Antrag weitgehend zu

Der Landtag forderte in einem am Donnerstag mit großer Mehrheit verabschiedeten Antrag die Landesregierung auf, sich im Rahmen der geplanten Versteigerung von Funkfrequenzen dafür einzusetzen, dass bei den Zuschlägen zugleich „die flächendeckende Versorgung mit leistungsfähigem 4G-Mobilfunk (mind. 100 Mbit/s im Download) beauflagt wird“. Für den rot-roten Antrag stimmten auch CDU und Grüne, während sich die AfD enthielt. Die Aktuelle Stunde zu diesem heißen Eisen hatte die CDU beantragt, die das bis dahin von der Landesregierung beschönigte Funkloch-Drama vor zwei Jahren auf die Agenda der Landespolitik geholt hatte. Ein weitergehender CDU-Antrag, in dem ein eigenes 25-Millionen-Landesprogramm zur Erschließung von 53 Orten ohne jeden Handyempfang gefordert wird, wurde abgelehnt.

Mit dem Landtagsbeschluss im Rücken will sich Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) nun im Beirat der zuständigen Bundesnetzagentur dafür einsetzen, dass bei der Versteigerung die ländlichen Räume mobil erschlossen und nicht abgehängt werden.

In Brandenburg kann man nur auf 70 Prozent der Fläche mit dem Handy surfen

„Eine leistungsfähige flächendeckende Mobilfunkanbindung bedeutet für uns, Empfang zum Telefonieren und eine Downloadgeschwindigkeit von mindestens 100 Mb pro Sekunde“, sagte Steinbach. „Darauf soll jeder Brandenburger an jedem Ort zurückgreifen können.“ Das wäre erst einmal der aktuelle Standard (Stichworte sind LTE, 4G oder UMTS), auf dessen Netz danach der neue 5G-Standard aufgebaut werden soll. Eine Ursache der aktuellen Funklöcher liegt darin, dass bei der letzten Versteigerung der damaligen UMTS-Lizenzen die Anbieter nur verpflichtet wurden, eine Mobilfunkversorgung für 98 Prozent der Haushalte zu garantieren: Das hat dazu geführt, dass man in Flächenländern wie Brandenburg nur auf 70 Prozent der Landesfläche mit dem Handy telefonieren oder mobil im Internet surfen kann.

Brandenburgs Politik ist alarmiert, weil bei der aktuellen 5G-Versteigerung wieder nur eine 98-Prozent-Abdeckung der Haushalte vorgesehen ist. „Die Frage ist: Haben wir aus den damaligen Versäumnissen der 4G-Versteigerung gelernt“, warnte der CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer. Es reiche nicht aus, 98 Prozent der Haushalte zu erreichen. „Mobil bedeutet, unterwegs zu telefonieren.“ Es gehe schließlich „um nicht mehr und nicht weniger als um die künftige Existenz der ländlichen Räume in Deutschland und Brandenburg“. Ob der schnelle 5G-Standard vorhanden sei oder nicht, „werde schon in wenigen Jahren für die Wirtschaftskraft und Bleibeperspektive der Menschen auf dem Land entscheidend sein.“ Dass die Lausitz eine 5G-Modellregion werden soll, sei eine gute Nachricht, reiche aber nicht aus. Homeyer warf der Landesregierung vor, zu wenig zu tun. „Es fehlt Weitsicht und Gestaltungswille.“ Ein Landesprogramm wie in Hessen oder Bayern sei nötig. Man könne sich nicht darauf verlassen, dass die 53 Orte ohne Handyempfang in Brandenburg im Selbstlauf irgendwann erschlossen werden.

Der Minister irritierte mit einem Fauxpas

Der Linke-Abgeordnete Matthias Loehr wies darauf hin, dass inzwischen beim Ausbau von Infrastruktur, „egal ob Strommasten oder Mobilfunk“, die Mentalität ein Problem sei. Egal, was geplant werde, es rufe Widerstände hervor. Das werde wieder so sein, denn der neue Standard sei mit einer Verdopplung der Sendemasten verbunden. Loehr hält nichts von einem Landesprogramm gegen Funklöcher: „Ich bin dagegen, mit staatlichen Geld private Betreiber zu füttern.“ 

In der Debatte sorgte Minister Steinbach mit einem Fauxpas für Irritationen im Parlament: Auf den Hinweis des CDU-Abgeordneten Henryk Wichmann, dass besonders Naturschutzgebiete den nötigen Bau von Funkmasten verhindern würden, man 30 Prozent der Landesfläche nicht erschließen könne, verteidigte Steinbach die Naturschutz-Restriktionen mit dieser These: Nach Studien hätten elektromagnetische Wellen negative Auswirkungen auf Flora und Fauna. „Wir haben uns solche Reglements gegeben. Wenn es Gefahren für die Natur gibt, dann muss man das akzeptieren“, sagte Steinbach. „Ich will nicht ausschließen, dass solche Diskussionen auch zum Menschen aufkommen.“ Diese Aussage des Ministers provozierte im Plenum allgemeines Kopfschütteln – und einen Widerspruch des Grünen-Fraktionschefs Axel Vogel. „Thema verfehlt!“, sagte Vogel. Wenn es Einwände gegen Funkmasten in Naturschutzgebieten gäbe, dann aus vielen Gründen, aber mit Sicherheit nicht wegen elektromagnetischer Abstrahlungen. „Bitte verbreiten Sie so etwas nicht weiter.“

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