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Drei der vier Köpfe des neuen Berliner BER-Flughafens: Mehdorn, Platzeck und Wowereit (v.l.n.r.. Es fehlt: Verkehrsminister Ramsauer.

© dpa

Die Verantwortlichen am BER-Flughafen: Die vier von der Flugstelle

Platzeck, Mehdorn, Wowereit und Ramsauer: Von diesen vier hängt ab, ob es mit dem BER in Schönefeld doch noch etwas wird. Nicht immer ziehen sie an einem Strang. Aber was treibt sie an?

Für ihn geht es um alles. „Entweder das Ding fliegt oder ich!“ So sprach es Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) aus, als er Anfang 2013 den BER-Aufsichtsratsvorsitz übernahm. Seitdem hat der 59-Jährige zumindest erste Pflöcke eingeschlagen, mit dem Rausschmiss des Flughafenmanagers Rainer Schwarz – und der Bestellung von Hartmut Mehdorn als Nachfolger. Die Personalie hatte er eingefädelt. Er hält einen engen Draht zu Mehdorn, dem er die Tegel-Kapriolen nachsieht. Hauptsache, dessen Vorgehen insgesamt ist richtig. Um den Schallschutz droht allerdings eine Belastungsprobe zwischen Chefaufseher und Vorstand. Zur „Methode Platzeck“ beim BERFiasko gehört, bei Strukturdefiziten anzusetzen, hinter den Kulissen konträre Interessen der drei Eigner auszubalancieren, was besonders mit Berlin immer schwerer wird. Er setzt auf Kompromisse, „die Seele der Politik“, und auf längere Linien. Trotz der fatalen Symbolwirkung hätte er Mehdorn sogar einen mit 200 000 Euro fürstlich bezahlten Kommunikationsmanager bewilligt: Denn wenn wahrscheinlich noch eine Milliarde Euro nachgeschossen werden muss, von zwei Landesparlamenten und dem Bundestag, dürfte viel zu erklären sein. Für Platzeck, ein Jahr vor der Landtagswahl nach den Umfragen immer noch mit Abstand beliebtester Politiker der Mark, bleibt der BER-Posten hoch riskant. Einerseits lief er seitdem zu neuer Form auf, durchaus typisch für ihn in Krisenzeiten. Er habe, so lästern Genossen, „endlich wieder etwas Richtiges zu tun“. Andererseits gilt Platzeck nicht als der Robusteste, häuften sich zuletzt gesundheitsbedingte Ausfälle, was Erinnerungen an seinen Rücktritt als überlasteter SPD-Bundeschef wachruft. Als Ministerpräsident des BER-Sitzlandes steht Platzeck zusätzlich unter extremen Druck in einem Interessenkonflikt, um etwa beim Nachtflugverbot Zugeständnisse für Brandenburg herauszuholen.

Er ist wie ein offenes Buch und gibt doch vielen Rätsel auf: Hartmut Mehdorn, 70 Jahre, Chef-Manager der staatlichen Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes. Er soll dafür sorgen, dass am Pannen-Airport in Schönefeld wenigstens im fünften Anlauf einmal Flugzeuge starten und landen. Kaum einer spricht ihm nötigen Ehrgeiz, Ego und Entscheidungsfreude ab. Doch zunächst einmal tut er das, was man aus seinen Zeiten als Chef der Deutschen Bahn und von Air Berlin kennt: Er provoziert, er polarisiert. Er löst Erschütterungen aus – etwa mit dem regelmäßigen Plädoyer für einen längeren Betrieb des Flughafen Tegels selbst parallel zum BER, mit der avisierten Stufen-Eröffnung oder mit publik gewordenen Plänen, den Lärmschutz für die Anwohner zu verschlechtern. Manche halten das für „Ausraster“ eines hemdsärmligen, impulsiven Unternehmers, der sich bei Auftritten eben nicht zügeln kann. Das mag sein, aber es gibt dafür auch eine rationale Erklärung. Die „Methode Mehdorn“ hat mit der Trümmerwüste zu tun, die er überall vorfand – ob die nicht funktionierende Technik im Terminal, die aus dem Ruder laufenden Kosten, Folgen der Verschiebungen, den von Beginn an vermurksten Schallschutz. „Und es ist genau so kompliziert, einen Flughafen zu eröffnen, wie einen zu bauen“, wie er sagt. Einen „Königsweg“ daraus, ohne Nachteile, ohne Probleme, gibt es nicht. Mit seinen Vorstößen versucht Mehdorn, Spielräume für sein „Sprint“-Programm zu erweitern oder erst zu gewinnen. Schwer fällt ihm dabei, mit den Widersprüchen der Politik-Aktionäre umzugehen: etwa damit, dass Berlin, Brandenburg und der Bund es ablehnen, Tegel noch 2018 zu betreiben, aber gleichzeitig beispielsweise Berlins Regierender Klaus Wowereit für die sofort mögliche Sanierung der maroden BER-Nordbahn auch kein Geld ausgeben will. Der nächste „Mehdorn“ kommt bestimmt. Er puzzelt weiter.

Diese Rolle kennt er gar nicht mehr. Der seit 2001 amtierende Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mag sie auch nicht: Auftritte in der zweiten Reihe. Seit er im Januar seinen Chefposten im Flughafen-Aufsichtsrat aufgegeben hat, muss er auch bei öffentlichen Auftritten des Gremiums hinter seinem Nachfolger Matthias Platzeck und Flughafenchef Hartmut Mehdorn marschieren, auf die sich dann die Kameras richten. Wowereit kommt nur ins Bild, wenn die beiden vor ihm eine Lücke lassen. Dabei war der Flughafen einmal eine seiner Lieblingsaufgaben. Zur Chefsache hatte er den Ausbau gemacht. Und zunächst auch zügig Entscheidungen getroffen. Das Gezerre um die missratene Privatisierung hatte er schnell beendet; die erste Eröffnungsverschiebung 2010, als der Oktober-Termin 2011 platzte, mehr oder weniger souverän weggesteckt. Ins Trudeln geriet er im Mai 2012, als der nächste Termin nicht mehr zu halten war. Und als klar war, dass der von ihm als Flughafenchef geholte Rainer Schwarz auf Betreiben des Bundes und nach anfänglichem Zögern mit Unterstützung Platzecks gefeuert wird, zog sich Wowereit schmollend in die zweite Reihe zurück. Aber intern mischt er weiter mit. Und wie! Dass der bereits für die Vertragsunterzeichnung als Berater im Flugzeug sitzende ehemalige Frankfurter Flughafen-Boss Wilhelm Bender doch noch absagte, wird Wowereits Agieren zugeschrieben. Ähnlich wie beim vorangegangenen Versuch, Bender zum BER-Chef zu machen. Es war auch Wowereit, der den Plan Mehdorns, für viel Geld einen neuen Kommunikationschef zu inthronisieren, scheitern ließ. Und als Mehdorn dann sauer die anschließende Pressekonferenz schwänzte und Platzeck wegen einer Krankheit fehlte, spielte Wowereit sofort wieder den Chef – und rüffelte Mehdorn wegen dessen Tegel-Geschwätz. Wowereit wird auch in der zweiten Reihe die Strippen ziehen.

Er hat eine besondere Rolle: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mischt mit, ohne dabei zu sein. Eine Funktion beim Flughafen hat er nicht. Im Aufsichtsrat sitzt seit März 2010 sein Staatssekretär Rainer Bomba. Dieser vertritt – zusammen mit seinem Kollegen Werner Gatzer aus dem Finanzministerium – die Interessen des Bundes, der 26 Prozent der Anteile an der Flughafengesellschaft besitzt. Doch die wichtigen Entscheidungen trifft Bomba nicht ohne Zustimmung des Ministers. Das ist geschickt: Geht’s gut, wird auch Ramsauer gelobt, läuft’s schief, sind die anderen schuld. Ganz massiv hat Ramsauer im Hintergrund die Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz vorangetrieben und schließlich durchgesetzt. Dass danach Klaus Wowereit den Vorsitz im Aufsichtsrat Matthias Platzeck überlassen hat, war nicht unbedingt kalkuliert, aber durchaus im Sinne Ramsauers, der so einen politischen Gegner gedemütigt hat. Ohnehin erweckte Ramsauer zeitweise den Eindruck, er nutze das BER-Desaster, um den Genossen in Berlin und Brandenburg zu schaden, statt sich für eine Lösung am Problem-Flughafen einzusetzen. Seine von ihm eingesetzte Sonderkommission BER arbeitet bisher vor allem die Vergangenheit auf. Schwarz hat sich mit seinen Aussagen dort aber so blamiert, dass er auch von Wowereit nicht mehr zu halten war. Und nicht zuletzt durch die BER-Erfahrungen hat Ramsauer eine Kommission aus Fachleuten zusammengestellt, die sich mit den allgegenwärtigen Pannen bei Großprojekten beschäftigt und Vorschläge liefern soll, wie es besser laufen kann. Kostenklarheit und -wahrheit von Anfang an verlangt der Minister nun. Daran wird er am BER jetzt auch gemessen werden. Dass dort Hartmut Mehdorn Schwung in den fast toten Laden gebracht hat, kann Ramsauer als seinen Erfolg verbuchen. Wäre Schwarz noch da, sähe es für den Flughafen wohl weiter düster aus.

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