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In einem Seniorenheim in Schorfheide sind zwölf Menschen an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben.

© dpa

„Die Nerven liegen blank“: Brandenburgs Pflegeheime schauen mit Sorge auf den Winter

Nach einem Ausbruch mit einem Dutzend Toten in einem Heim in Schorfheide werden Forderungen nach klaren Test-Regelungen laut. Das geht ins Geld. Ist die Abdeckung der Kosten gesichert? 

Potsdam - Mit Sorge blicken Pflegeheime in Brandenburg auf die kalte Jahreszeit - und steigende Corona-Zahlen. Da auch Geimpfte mit dem Virus infiziert sein können, geben nur Tests mehr Sicherheit. Doch die kosten Geld. „Der Pflegerettungsschirm des Bundes läuft Ende des Jahres aus. Bis dahin bleibt nicht mehr viel Zeit. Wir fordern von der Politik, die Regelung bis mindestens März 2022 zu verlängern“, sagte AWO-Geschäftsführerin Anne Baaske. „Die Kostenfrage muss sichergestellt sein.“

Das Brandenburger Kabinett hatte am Dienstag eine tägliche Testpflicht für nicht geimpfte oder nicht genesene Pflegekräfte ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 beschlossen. Dies gelte unabhängig von der Inzidenz auch bei akuten Corona-Ausbrüchen. Zuvor war bekannt geworden, dass in einem Seniorenheim in Schorfheide am Werbellinsee ein Dutzend Bewohner im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion starben. Rund 45 Bewohner und mehr als 15 Mitarbeitende waren zunächst positiv auf das Virus getestet worden. Nach Angaben des Landkreises Barnim sind laut Amtsärztin Heike Zander etwa die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Einrichtung geimpft.

Eine weitere Finanzierung der Test-Kosten ist auch aus Sicht des DRK Brandenburg „dringend notwendig“, so Sprecherin Marie-Christin Lux. „Wir gehen davon aus, dass die Refinanzierung der Tests über den Bund verlängert wird.“ Der Landesverband verzeichnet nach eigenen Angaben unter den Mitarbeitenden eine Impfquote zwischen 75 und 80 Prozent. Mitarbeiter, die sich bislang nicht impfen lassen hätten, würden weiterhin von den Einrichtungsleitungen über die Möglichkeit und Vorteile der Impfung informiert.

AWO fordert klare Regelung für Pflegeheim-Besucher 

Die tägliche Testpflicht könne in den DRK-Einrichtungen bereits in dieser Woche umgesetzt werden, da noch genügend Tests vorhanden seien. Die Beschäftigten der mobilen ambulanten Pflegedienste kämen während ihres Arbeitstages mindestens einmal in die Verwaltungsräume des Pflegedienstes. Dort könne die Testpflicht kontrolliert werden, so Lux.

AWO-Geschäftsführerin Baaske fordert, die Testpflicht auch auf Besucher auszuweiten. „Wir haben kein Verständnis, warum in der Umgangsverordnung nicht bereits eine Testpflicht für jeden Besucher geregelt ist - egal ob geimpft, genesen oder nichts“, sagte Baaske der dpa. „Jeder, der sich den Bewohnern nähert, muss zuvor getestet sein. Wir haben auch Impfdurchbrüche.“ Von der Politik erwarte man klare Haltung.

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Nach der Brandenburger Corona-Umgangsverordnung müssen in Pflegeeinrichtungen Besucherinnen und Besucher während des gesamten Aufenthalts in den Innenbereichen der Einrichtung eine medizinische Maske tragen. Ungeimpfte Besucher müssen einen negativen Testnachweis vorlegen. Schärfere Maßnahmen sind - zum Beispiel wegen örtlicher Besonderheiten oder aufgrund eines lokalen Infektionsgeschehens - möglich.

ASB-Landesgeschäftsführer fordert Testpflicht für geimpfte Pflegekräfte

In der Eingliederungshilfe der AWO liege die Impfquote bei den Beschäftigten bei mehr als 90 Prozent. So auch bei den Fachkräften in den Pflegeheimen im Land. Anders siehe das allerdings bei den Hilfskräften aus, weiß Baaske.

Aber den Einrichtungsleitungen seien mit Blick auf Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen wollen, die Hände gebunden. „Es ist kein Kündigungsgrund“, sagte die Sprecherin des Arbeiter-Samariter-Bundes Brandenburg (ASB), Cindy Schönknecht. Momentan sei es der einzige Weg, die Kollegen über persönliche Gespräche zu erreichen. „Was bringt es uns, wenn sie zuhause bleiben?“, so Schönknecht. Die Personalsituation sei eh schon eng. Das könne man sich in den Einrichtungen nicht leisten. „Die Nerven liegen blank. Jeder in den Einrichtungen hat Angst, dass wir dieselbe Situation wie letzten Winter bekommen.“

ASB-Landesgeschäftsführer Dietmar Lippold fordert, eine Testpflicht auch für geimpfte oder genesene Pflegekräfte und Besucher auszuweiten. In einer ASB-Einrichtung seien sieben positive Fälle bei geimpften Beschäftigten nachgewiesen worden. Der ASB betreibt landesweit rund 20 Pflegeheime. Die Impfquote in den Einrichtungen liegt zwischen 70 bis 100 Prozent. (dpa)

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