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Brandenburg: Die nächste Haasenburg-Anklage

Misshandlungs-Skandal um Haasenburg-Heime beschäftigt die Justiz. Dabei geht es auch um Ministerin Martina Münch

Strausberg/Cottbus - Jetzt arbeitet die Justiz alles auf, vier Jahre danach: Es geht um einen der größten Skandale in Brandenburg nach 1990, nämlich um den Verdacht der Misshandlung von Kindern und Jugendlichen in Heimen der privaten Haasenburg-Firma, die deshalb von Brandenburgs damaliger Bildungsministerin Martina Münch (SPD) 2013 dicht gemacht wurden. Dass Münch 2016 wieder Wissenschaftsministerin wurde, trotz einer insgesamt miserablen Bilanz als Chefin des Bildungsressorts von 2011 bis 2014, hat etwa viel mit ihrem konsequenten, bundesweit beachteten Krisenmanagement im Haasenburg-Skandal zu tun. Auf der Pressekonferenz, als sie nach dem vernichtenden Abschlussbericht der externen Expertenkommission die Haasenburg-Heime dichtmachte, und das trotz juristischer Risiken, hatte Münch erklärt: „Ich entschuldige mich bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen, dass wir sie nicht besser haben schützen können.“

Und genau das arbeitet nun die Strafjustiz im Land auf: Mehr als vier Jahre nach dem Skandal hat die Staatsanwaltschaft erneut Anklage gegen einen Betreuer erhoben. Das Amtsgericht Strausberg bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur den Eingang der Anklage, in der es um Misshandlung von Schutzbefohlenen geht. Eine Entscheidung zur Eröffnung des Hauptverfahrens gebe es aber noch nicht. Laut Staatsanwaltschaft Cottbus soll der Erzieher am Standort Müncheberg (Märkisch-Oderland) einen jugendlichen Heimbewohner körperlich misshandelt haben.

Es ist nach Bekanntwerden des Skandals im Sommer 2013 nun das zweite Mal, dass gegen einen Haasenburg-Betreuer Anklage wegen körperlicher Gewalt erhoben wurde. Der bislang einzige Misshandlungs-Prozess ging 2015 allerdings mit einem Freispruch aus. Damals hatte die Staatsanwaltschaft einem Betreuer vorgeworfen, einem jugendlichen Heimbewohner mit dem Ellenbogen ins Gesicht geschlagen zu haben. Der Richter des Amtsgerichts Lübben stufte die Aussage des Jugendlichen aber als nicht glaubhaft ein. Daneben wurden zwei weitere Gerichtsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs eingeleitet. Ein Prozess gegen einen Betreuer endete mit einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren, der andere wurde gegen die Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Die jahrelangen Untersuchungen zu den Misshandlungsvorwürfen mit Dutzenden Verfahren sind weitgehend abgeschlossen. Ein Verfahren sei noch offen. Noch laufen die Ermittlungen, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Die Behörde hat bereits viele Verfahren nach und nach eingestellt.

Die damaligen Vorwürfe gegen die Betreuer der Haasenburg-Heime, Jugendliche drangsaliert und gedemütigt zu haben, lösten eine bundesweite Debatte aus. Es wurde über die Praxis der Unterbringung von Jugendlichen in geschlossenen Einrichtungen diskutiert.

Die drei Haasenburg-Heime in Neuendorf am See, Jessern (beide Dahme-Spreewald) und Müncheberg waren Ende 2013 von Ministerin Münch (SPD) dichtgemacht worden. Zuvor hatte eine hochkarätige Untersuchungskommission Missstände in den Heimen bestätigt, in die als schwer erziehbar eingestufte Jugendliche aus ganz Deutschland gebracht worden waren. Am 23. November befasst sich das Verwaltungsgericht Cottbus mit der damaligen Schließung durch Münch, gegen die der Betreiber vorgeht. Auch dieses Verfahren hat Brisanz. Vom Ausgang hängt ab, ob es Schadensersatzprozesse gegen Brandenburg geben wird. (mit dpa)

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