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Brandenburg: Die Mark ist ein Hühnerland

Die Zahl an Legehennen und Masthähnchen erreicht einen neuen Rekord – der Widerstand gegen Massentierhaltung wächst

Von Matthias Matern

Potsdam - Im Land Brandenburg leben so viele Hühner wie seit 1991 nicht mehr. Nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg wurden 2013 im Land Brandenburg insgesamt 8,5 Millionen Hühner registriert, ein Zuwachs um mehr als 21 Prozent seit der jüngsten Landwirtschaftszählung vor drei Jahren. Besonders stark nahm der Bestand von Legehennen zu. Die Zahl stieg um 23 Prozent auf 3,5 Millionen Tiere. Insgesamt werde damit in Brandenburg so viel Geflügel gehalten wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr, teilen die Statistiker mit. Zurückzuführen ist der Anstieg bei den Hühnern Experten zufolge vor allem auf den Boom bei der Massentierhaltung.

Wie berichtet suchen immer mehr Investoren nach Ausweichstandorten in den neuen Bundesländern, nachdem in Hochburgen der Massentierhaltung wie Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Kommunen wegen wachsender Kritik und Umweltschäden Genehmigungsverfahren zunehmend erschweren. „Eine besorgniserregende Tendenz. Sehr viele Anlagen sind bereits in Planung“, warnt Axel Kruschat, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in Brandenburg. „Vernünftige Haltebedingungen und Massentierhaltung schließen sich gegenseitig aus.“

Umstritten ist die Massentierhaltung aber auch wegen der steigenden Stickstoffbelastung durch das Ausbringen der Gülle auf die Felder in der Umgebung der Ställe. Bei neugeborenen Kindern kann mit Stickstoff belastetes Wasser zur Blausucht oder Zyanose führen. Dabei verfärbt sich die Haut der Kinder blau, ein Zeichen dafür, dass ihr Blut nicht mehr genügend Sauerstoff transportieren kann. In einigen Teilen Niedersachsens muss deshalb Trinkwasser bereits über mehrere Hundert Kilometer weit aus dem Harz herangeholt werden.

Der rot-roten Landesregierung Brandenburgs wirft Kruschat vor, Investoren aus der Massentierhaltung zu ermuntern, sich in Brandenburg niederzulassen. Sämtliche Kritik lasse die Landesregierung an sich abperlen, so Kruschat. „Die Landesregierung sagt immer, es gebe zu wenig Tierhaltung in Brandenburg. Das kann aber kein Argument für Massentierhaltung sein“, kritisiert der BUND-Landeschef.

Unterdessen hat zumindest ein Investor, der in Alt Daber bei Wittstock/Dosse (Ostprignitz-Ruppin) eine Hähnchenmastanlage mit rund 450 000 Tierplätzen bauen lassen wollte, die Lust verloren. Der Antrag wurde Anfang Februar ohne Begründung zurückgezogen – per Fax. Bereits in Bau ist dagegen eine Anlage in der Nähe von Wittstock. In Groß Haßlow sollen knapp 400 000 Hähnchen gemästet werden.

Wie berichtet will ein Investor in der Gemeinde Steinhöfel (Oder-Spree) ebenfalls mehr als 430 000 Masthähnchen halten. Am gestrigen Freitag haben nun die örtliche Bürgerinitiative gegen die Anlage und der Grünen-Kreisverband Oder-Spree ein Gutachten vorgestellt, das zu dem Schluss kommt, dass die geplante Hähnchenmast das Vorkommen mehrerer Amphibien- und Reptilienarten bedrohen würde, darunter den ohnehin bereits seltenen Laubfrosch. Durch Nährstoffeinträge und Zerschneidung der Landschaft durch Transportwege wäre ein einzigartiger Naturraum in Gefahr, wenn die Anlage mit über 430 000 Hähnchen kommen sollte, so das Ergebnis der Untersuchung des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND). Matthias Matern

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