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Der Countdown läuft: Wie realistisch ist eine BER-Eröffnung in einem Jahr?

Ein Jahr vor der geplanten BER-Eröffnung gibt sich der Flughafenchef optimistisch. Doch es gibt auch Risiken. Ein Überblick.

Schönefeld - Noch ein Jahr. Der Countdown am BER wird scharf geschaltet, wieder mal. Der neue Hauptstadt-Airport soll im Oktober 2020 an den Start gehen, 14 Jahre nach Baubeginn. Der BER werde 2020 eröffnet, versichert Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup, in Interviews, auf einer Airline-Konferenz oder der Immobilienmesse in München. Er versucht, keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen, dass es diesmal wirklich klappt. Aber kann am BER wirklich nichts mehr schiefgehen, drohen keine „Showstopper“ mehr, wie Lütke Daldrup sagt? Ein Überblick, wo der BER ein Jahr vor dem Zieldatum steht.

ABGEHAKT: DIE BRANDSCHUTZANLAGE

So weit wie jetzt, so nahe an einem Start, war man nie. In den letzten Monaten verkündete Lütke Daldrup eine Erfolgsmeldung nach der anderen: Tatsächlich funktionieren etwa die hochkomplexe Brandschutz- und Entrauchungsanlage, die lange als „Monster“ berüchtigt war, und auch die anderen sicherheitsrelevanten Systeme. Der TÜV Rheinland hat die Freigaben für die Einzelanlagen erteilt. 

Und auch bei den gefürchteten Wirk- und Prinzipprüfungen (WPP), bei denen von August bis Ende September in 260 Brandszenarien diese Anlagen im Zusammenspiel getestet wurden, blieben Hiobsbotschaften aus. Viele Probleme, wie die nicht funktionierenden Automatiktüren oder die unterdimensionierte Sprinkleranlage, sind gelöst und abgehakt.

RISIKO: KABELMÄNGEL

Und trotzdem: Es bleiben Risiken für den BER-Start im Oktober 2020, das größte sind Mängel an Sicherheitskabelanlagen. Es geht dabei nicht um Kleinstmängel, sondern um überbelegte Kabeltrassen, zusammen verlegte Stark- und Schwachstromleitungen oder den nicht gewährleisteten „Funktionserhalt“ von Stromleitungen etwa zur Brandmeldeanlage oder den Notdurchsage-Lautsprechern, die auch im Brandfall 90 Minuten funktionieren müssen. Lütke Daldrup verkündete nach der Aufsichtsratssitzung Ende September, dass noch „15 Prozent“ dieser Kabelmängel beseitigt werden müssen. Aber 15 Prozent wovon? Diese Zahlen nennt der BER-Chef auffälligerweise seit geraumer Zeit nicht mehr. Der Grund: Die Zahl der Kabelmängel, die der TÜV Rheinland im BER-Terminal insgesamt feststellte, war mittlerweile auf 15.567 (Stand September) gestiegen. Seit April 2019, wo es nach einem TÜV-Bericht noch rund 11.000 Mängel waren, kamen einige tausend dazu. Im BER-Terminal waren davon zuletzt 3356 Mängel an Sicherheitskabeln noch nicht behoben. Davon waren allerdings rund 700 Mängel, die die Flughafengesellschaft als „beseitigt“ gemeldet hatte – die aber erneut durch den TÜV fielen.

Jeder sechste Mangel, den die FBB abmeldete, war also nicht richtig beseitigt. Bleibt es bei dieser Quote, kann es eng für den BER-Starttermin werden. Probleme gibt es auch mit fehlenden „Errichterbescheinigungen“ von Firmen, die für eine Abnahme vorliegen müssen. Auch die Problematik nicht zugelassener Dübel ist bisher nicht gelöst. Nach PNN-Informationen müssen Kabeltrassen auf einigen hundert Metern nun erneut verdübelt werden, weil die eingebauten Dübel nicht zugelassen sind und – nach fehlgeschlagenen Brandversuchen – eine Zulassung auch ausgeschlossen ist.

RISIKO: BAHNHOFSÜBERGANG

Direkt unter dem Terminal befindet sich der BER-Bahnhof. Beim Übergang vom unterirdischen Bahnhof zum Terminal gab es schon früher Brandschutzprobleme, jetzt wieder: So müssen die Motoren für die Rauchschürzen ausgetauscht werden. Diese werden im Brandfall herabgelassen, um zu verhindern, dass Rauchgase vom Bahnhof ins Terminal ziehen können. Nach PNN-Informationen musste ein erster Heißgastest in diesem neuralgischen Bereich abgebrochen werden: Die Schürzen funktionierten nicht.

RISIKO: KNAPPE ZEIT

Eigentlich wollte Flughafenchef Lütke Daldrup – das war noch der Stand im Frühjahr – im Oktober 2019 die Baufertigstellungsanzeige bei den Behörden einreichen. In diesem Zeitplan ist man inzwischen vier Monate im Verzug. Die Kabelmängel sollen nach seinen Worten nun bis Jahresende beseitigt sein. Danach braucht der TÜV Rheinland noch Zeit für seine Prüfungen, die nun frühestens im Februar 2020 abgeschlossen sein können. Der TÜV selbst setzt zusätzliche Prüfteams ein. Von einem abnahmefähigen – also mangelfreien – Zustand ist das BER-Terminal, wie TÜV-Vertreter zuletzt im Aufsichtsrat im September betonten, noch deutlich entfernt. Und der zuständige Landrat Stephan Loge (SPD) hat wiederholt klargestellt, dass sich die für den BER zuständige Baubehörde bei Sicherheitsmängeln nicht auf Kompromisse einlassen und keine Genehmigung für die Inbetriebnahme erteilen wird: „Bei sicherheitsrelevanten Mängeln werden wir keine Zugeständnisse machen, auf keinen Fall.“

Es gibt ein Datum, das im FBB-Terminplan eisern steht, wenn es mit dem Oktober 2020 etwas werden soll: Im April 2020 muss der ORAT-Probebetrieb beginnen, zunächst mit der künftigen BER-Mannschaft, ab Sommer dann mit bis zu 20.000 Komparsen. Voraussetzung dafür ist das grüne Licht von Genehmigungsbehörde und TÜV.

ERÖFFNUNGSDATUM

An den Mängeln im Terminal wird noch gearbeitet, wenn Lütke Daldrup auf der Aufsichtsratssitzung Ende November den verbindlichen genauen Eröffnungstermin für den BER bekannt geben will. Nach PNN-Recherchen läuft es darauf hinaus, dass der BER in der letzten Woche im Oktober 2020 – nach den Herbstferien binnen zwei Tagen – eröffnen soll. Eine „Lex BER“ wird im neuen Kenia-Koalitionsvertrag in Brandenburg ausgeschlossen. Der BER müsse, so heißt es da, „in einen von TÜV und Behörde genehmigungsfähigen Zustand versetzt werden“.

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