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Stimmen im Kasten. Nach den aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl in Brandenburg büßen SPD und Linke Stimmen ein, die CDU führt. Für die Wahlstrategen wird vor allem spannend, wie die AfD abschneiden wird.

© dpa/Nestor Bachmann

Brandenburg: Denkzettel für Woidke?

In Brandenburg liegt laut Umfragen die CDU vorn. Rot-Rot könnte für Kreisreform abgestraft werden

Potsdam - Nach allen Umfragen zur Bundestagswahl in Brandenburg führt die CDU. Die Parteistrategen interessiert daher vor allem, ob die Union wie 2013 erneut alle Direktmandate in den zehn Wahlkreisen holt und wie stark die AfD wird.

Die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke, seit 27 Jahren im Land Regierungspartei, und die Linke müssen mit einem Denkzettel-Ergebnis für die vermurkste Kreisreform rechnen. In den Umfragen und Prognosen rangiert die CDU bei den Zweitstimmen bei etwa 30 Prozent, SPD und Linke jeweils um 20 Prozent. Der Online-Marktforscher YouGov sieht die Linke sogar leicht vor der SPD, der In-or-out-Faktor, berechnet von Tagesspiegel und mandatsrechner.de sieht die SPD leicht vor der Linken. Die AfD käme auf 17 Prozent. Aus landespolitischer Sicht ist das Ergebnis für SPD und CDU relevant: 2019 ist Landtagswahl, in den jüngsten Landes-Umfragen sank die SPD zuletzt auf unter 30 Prozent, der Abstand zur CDU schrumpft.

Bei der Bundestagswahl am Sonntag könnte es nach verschiedenen Umfragen und Prognosen für die Union mindestens auf sechs, sogar auf sieben oder acht Direktmandate hinauslaufen. Die Liste würde dann nicht mehr ziehen. Die SPD könnte fünf Mandate, davon zwei direkte erringen. Die Linke würde mit vier Listenkandidaten einziehen, die AfD ebenfalls, Grüne und FDP mit je einem Mandat.

Im Wahlkreis 59, von der östlichen Berliner Stadtgrenze bis zur Oder, könnte die dort traditionell starke Linke das Direktmandat holen – die Prognosen sehen mal die CDU, mal die Linke vorn. Die Tendenz geht hier jedoch zur CDU.

Für die SPD besonders wichtig ist der Wahlkreis 60 rund um Brandenburg/Havel, der Potsdam-Mittelmark, auch Teile von Teltow- Fläming und Havelland umfasst. Dort hatte Frank-Walter Steinmeier 2013 für die SPD das einzige Brandenburger Direktmandat mit nur knappem Vorsprung geholt. Und er sollte – so hatten es seine Genossen geplant – auch diesmal das Zugpferd sein, wurde als Direktkandidat aufgestellt, sollte die Landesliste anführen. Doch Steinmeier wurde im Februar zum Bundespräsidenten gewählt und zog ins Schloss Bellevue – für die märkische SPD ein herber, erster Rückschlag.

Für Steinmeier sprang Erardo C. Rautenberg ein, der Generalstaatsanwalt des Landes, der für seinen Kampf gegen Rechtsextremismus bekannt wurde. Er sollte für die SPD die Flanke bei der inneren Sicherheit abdecken, ist bekannt für seine Forderungen nach einem starken demokratischen Patriotismus. Doch Ende Juni kam die Krebsdiagnose, Rautenberg musste operiert werden. Inzwischen geht es ihm besser, aktiv in den Wahlkampf eingreifen kann er nicht. Den Prognosen zufolge wird es ein knappes Rennen. Die amtierende Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) hat die Wahl zur Entscheidung über die von der rot-roten Koalition geplante Kreisreform erklärt, mit der Brandenburg/Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) ihre Selbstständigkeit verlieren, Landkreise fusionieren sollen. Parallel läuft ein Volksbegehren gegen die Pläne, die Ende des Jahres Gesetz werden sollen. Aktuell sieht der In-or-out-Faktor Rautenberg vorn. Die Linke versucht, mit Prominenz gegenzuhalten: Mit der Ex-Piratin und Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg.

Spannend wird es in Frankfurt (Oder) und Oder-Spree. AfD-Spitzenmann Alexander Gauland tritt dort als Direktkandidat an. Der Wahlkreis 63 gilt als AfD-Hochburg, bei der Landtagswahl 2014 errang die Partei 20 Prozent. Umfragen und Prognosen sind nicht eindeutig: Mal sehen sie Linke-Urgestein Thomas Nord, mal Martin Patzelt (CDU) vorn. Nach dem In-or-out-Faktor würde aktuell Patzelt das Mandat erringen. Der 70-Jährige war einst Oberbürgermeister in Frankfurt (Oder), gewann 2013 mit 34 Prozent das Direktmandat. Er tritt ohne Listen-Absicherung als Gegenentwurf zu Gauland an: 2015 hatte er zwei Männer aus Eritrea bei sich aufgenommen – Patzelt erntete dafür viel Anerkennung, aber auch viel Hass.

Auch für Potsdam und das Umland, wo die SPD 2013 erstmals gegen die CDU verlor, wird ein enges Rennen vorhergesagt: Zwischen der CDU-Politikerin und Landtagsabgeordneten Saskia Ludwig, die wegen ihrer AfD-Nähe als Rechtsaußen gilt, und Manja Schüle, die von der SPD in Fraktion und Ministerien aufgebaut wurde. Der In-or-out-Faktor sieht aktuell Schüle mit dem Direktmandat im Bundestag. Für Ludwig wird es eine Zitterpartie, holt sie das Direktmandat nicht, würde auch ihr Platz acht auf der CDU-Landesliste nach den aktuellen Prognosen nicht ausreichen.

nbsp;Alexander Fröhlich

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