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Kulturgut. Neun Prunksärge in der Wunderblutkirche.

© Bernd Settnik/dpa

Denkmäler in Brandenburg: Mit Wattestäbchen und Landesspritze

Brandenburg hat im Vorjahr 39 Millionen Euro in die Sicherung und Sanierung von Denkmälern investiert, um die Kulturgüter vor dem Verfall zu bewahren. Auch die neun Prunksärge in der Wunderblutkirche St. Nikolai in Bad Wilsnack (Prignitz) wurden restauriert.

Bad Wilsnack (Prignitz) - Staubsauger, Bürste, Pinsel, 100 Wattestäbchen und 100 000 Euro: die Grundausstattung, um Brandenburger Kulturgut vor dem Verfall zu bewahren. Die neun Prunksärge in der Wunderblutkirche St. Nikolai in Bad Wilsnack (Prignitz) wurden auf diese Weise restauriert. Mit Akribie, Behutsamkeit und in spezielle Reinigungsflüssigkeit getauchten Q-tips wurden die historischen Holzmöbel der Familie von Bismarck aus der Zeit von 1700 bis 1900 wieder schick gemacht. Die Rettung der jahrzehntelang in einer Familiengruft vergessenen Zeugnisse neuzeitlicher Bestattungskultur ist ein Beispiel für gelungene Denkmalsanierung, die das Land Brandenburg fördert. Im zu Ende gegangenen Jahr wurden über mehrere Programme insgesamt rund 39 Millionen Euro – davon 24 Millionen aus dem Infrastruktur- und 15 Millionen aus dem Kulturministerium – in die Sicherung, Sanierung und Restaurierung von Denkmälern investiert.

„Die Denkmalförderung wirkt in allen Regionen Brandenburgs“, sagte Kulturministerin Martina Münch (SPD) gestern bei der Vorstellung der Denkmalbilanz für 2017 in Potsdam. Die zahlreichen Gutshäuser, Kirchen, Industriebauten und Wohnhäuser seien nicht nur einmalige Zeugnisse der Geschichte, sondern gerade auch für Kinder und Jugendliche identitätsstiftend. Auch die Tourismuswirtschaft – jährlich besuchen rund fünf Millionen Gäste die Mark – und die Baubranche profitierten davon, wenn einst dem Verfall preisgegebene, historische Gebäude saniert und bestenfalls einer neuen Nutzung zugeführt werden.

„So tragen wir dazu bei, dass auch die Städte wieder lebendiger werden"

So geschehen in der einstigen Hutmacherstadt Guben (Spree-Neiße) an der polnischen Grenze. Die Villa Cohn, eine 1875 im Stil des Spätklassizismus gebaute Villa eines Hutfabrikanten, stand 20 Jahre lang leer und war völlig heruntergekommen. Bis sich 2009 ein Investor an das einstige Schmuckstück wagte, das mit einem Parkett aus Eiche und Mahagoni aufwartete, wie es auch im Potsdamer Schloss Sanssouci verlegt wurde. Nun sind auf vier Etagen zehn barrierefreie Wohnungen für Senioren entstanden. „Die Sanierung wurde mit viel Herzblut durchgeführt“, sagte Gubens Bürgermeister Fred Mahro (CDU) gestern bei der Vorstellung des Projekts. Die Stadt besitze nun wieder ein Kleinod, das zudem sinnvoll genutzt werde. Dabei hatte er die Hoffnung, dass sich ein Investor für die Ruine findet, zwischenzeitlich schon aufgegeben. Die Gesamtkosten für die Villensanierung betrugen rund 1,9 Millionen Euro. Unterstützt wurde das Projekt mit mehr als 900 000 Euro aus dem Bund-Länder-Programm Stadtumbau. „So bringen wir neues Leben in die Häuser und tragen dazu bei, dass auch die Städte lebendiger werden“, erklärte Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD). Im Vorjahr seien durch das Programm städtebaulicher Denkmalschutz 37 Vorhaben in 31 Kommunen unterstützt worden.

In diesem Jahr werde sich die finanzielle Unterstützung des Landes für die Denkmalpflege wieder in der Größenordnung von 2017 bewegen, prognostizierte Kulturministerin Münch. Für die Denkmalhilfe, einem Topf zur Sicherung von bedrohten Denkmälern, hofft die Ministerin auf eine Aufstockung. Im Vorjahr standen dafür Landesmittel in Höhe von einer Million Euro zur Verfügung.

Die Chance für Bad Wilsnack in einer anderen Liga zu spielen

Wünschenswert wäre zwei Millionen, so Landeskonservator Thomas Drachenberg. „Eine Million ist großartig und gleichzeitig brandenburgisch bescheiden“, sagte Drachenberg. Im Vorjahr seien Anträge auf die Fördermittel in Höhe von fünf Millionen Euro gestellt worden. Die insgesamt 100 000 Euro teure Rettung der von Feuchtigkeit und Vandalismus stark beschädigten Prunksärge in Bad Wilsnack wurde mit 50 000 Euro aus dem Denkmalhilfefonds unterstützt. Bad Wilsnack habe nun die Chance, „in einer anderen Liga zu spielen und über Schlaglöcher in der Straße und die Therme hinauszudenken“, so Landeskonservator Drachenberg. Durch den neu geschaffenen kulturellen Anziehungspunkt in der Wunderblutkirche, der bilderbuchartige Einblicke in die Stilgeschichte vom Hochbarock bis zum Historismus biete, könne sich die 2500-Einwohner-Stadt in der Prignitz ganz anders präsentieren.

Die Liste der Bauwerke, die in diesem Jahr auf Rettung durch Fördermittel hoffen können, wird derzeit erstellt. Große Chancen auf einen positiven Bescheid haben laut Landeskonservator Drachenberg unter anderem die Gutsscheune in Ribbeck (Havelland) und die Dorfkirche in Grieben (Oberhavel).

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