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Update

Demonstration in Potsdam: Freie Schulen fordern höhere Zuschüsse

Tausende Schüler und Lehrer von freien Schulen demonstrierten am Donnerstag in Potsdam. Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) verteidigte das bestehende Modell.

Potsdam - Mehrere Tausend Schüler und Lehrer haben am Donnerstag für eine Gleichbehandlung der freien Schulen in Brandenburg demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 5000 Teilnehmern, die Polizei von 2400. Während die rot-rote Landesregierung seit Jahren die Bezahlung der staatlichen Lehrkräfte steigere, fänden sich diese Verbesserungen nicht immer in den Landeszuschüssen für die freien Schulen wieder, so der Vorwurf der Organisatoren. An diesen lernen nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft mittlerweile in Brandenburg 33000 Schüler, das entspricht 12,7 Prozent der Gesamtschülerschaft. 

Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Freie Schulen (AGFS) Brandenburg, Irene Petrovic-Wettstädt, eröffnete und moderierte die Redebeiträge. Der Hauptkritikpunkt ihres Verbands ist die Einstufung der Lehrergehälter. An öffentlichen Schulen wurde 2018 die Erfahrungsstufe 6 eingeführt, sodass der Durchschnitt der Lehrer an öffentlichen Schulen auf Erfahrungsstufe 5 stieg. Die freien Schulen werden derzeit bei der durchschnittlichen Erfahrungsstufe 4 eingestuft. Ihre Forderung: Eine Anhebung auf Stufe 5 – daher das Motto der Veranstaltung „Give me 5“.

Ganze Schulklassen hatten sich am Morgen mit ihren Lehrernam Hauptbahnhof versammelt und sich grüppchenweise zur Staatskanzlei aufgemacht. Vor der Staatskanzlei wurde getrillert, Demonstranten rollten Plakate aus. Um kurz nach 10 Uhr machte sich der Demonstrationszug auf in Richtung Landtag. Auf dem Alten Markt fand dann eine Kundgebung statt.

"Der Unterschied in der Bezahlung ist nicht gerechtfertigt"

Auf Plakaten war die Wut der Demonstranten abzulesen: „Ich kann gar nicht so scheiße arbeiten, wie ich bezahlt werde“, stand auf einem. Schüler und Schülerinnen riefen „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut.“ Ralph Müller lief mit einer Gruppe von der Kinderschule Oberhavel, wo seine Kinder in die zweite und vierte Klasse gehen. Die Schule nimmt nur 50 Schüler und Schülerinnen auf, die von der ersten bis zur dritten Klasse in zwei Flexklassen unterrichtet werden. Er weiß dort vor allem das Gemeinschaftsgefühl und die enge Betreuung zu schätzen und fürchtet eine schlechtere Personalsituation durch zu geringe Entlohnung. „Die finanzielle Situation hat Einwirkung darauf, ob wir überhaupt neue Lehrer einstellen können, denn wer will schon an einer freien Schule arbeiten, wenn die Bezahlung dort schlechter ist als an öffentlichen?“

Die Lehrerin Andrea Sperling lief mit gelber Weste neben ihren Schützlingen vom Leonardo-da-Vinci-Campus in Nauen her. Sie ist wütend, weil ihre Schule mit weniger Geldern auskommen muss. „Es ist schon ungerecht, weil wir an den privaten Schulen uns schon sehr für die Schüler und Schülerinnen engagieren. Dieser starke Unterschied in der Bezahlung ist überhaupt nicht gerechtfertigt.“

Irene Petrovic-Wettstädt sagte: „Niemand beim Bildungsministerium konnte uns sagen, warum man uns die Erfahrungsstufe 5 vorenthält. Der Unterschied zwischen Stufe 5 und 6 beträgt 600 Euro Arbeitgeberbrutto – das verdienen unsere Lehrerinnen und Lehrer an den freien Schulen.“

Britta Ernst sprach zu den Demonstranten

Die Rede von Bildungsministerin Britta Ernst traf auf wenig Begeisterung. Sie wies darauf hin, dass die freien Schulen seit 2012 wesentlich mehr Geld bekämen. Selbst wenn man die gestiegene Schülerzahl herausrechne, hätten die freien Schulen 28 Prozent mehr. „Auch wenn wir im Wahlkampf sind, habe ich leider keinen Sack Geld mitgebracht.“ Die Demonstranten reagierten mit Buhrufen. Ernst fügte hinzu, sie sei bereit, das Finanzierungsmodell zu diskutieren und gegebenenfalls zu ändern. 

Auf Ernst folgte die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Petra Budke. Sie erinnerte sich an ihre Zeit als Lehrerin und bezeichnete die freien Schulen als „wichtigen Motor für die Bildung in Brandenburg“. Gordon Hoffmann, bildungspolitischer Sprecher der CDU, bezeichnete die Behandlung der Freien Schulen als „Sauerei“. „Die Freien Schulen werden wie ein ungeliebtes Stiefkind behandelt“, sagte er. 

Der Vorsitzende des Paritätischen Landesverbandes Brandenburg und Sprecher der Liga der Spitzenverbände, Andreas Kaczynski, forderte dazu auf, keine Unterschiede zwischen freien und öffentlichen Schulen zu machen. Kathrin Dannenberg von der Linken fand deutliche Worte: „Auch wenn ich in der Regierungsverantwortung bin, werde ich den Arsch in der Hose haben, mich hier hinzustellen.“ Sie hob die Rolle der freien Schulen nach der Wende hervor: Sie hätten während des Stellenabbaus in den öffentlichen Schulen vor allem im ländlichen Raum für die Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Bildung gesorgt und viele arbeitslose Lehrkräfte aufgenommen. „Wenn man sich jetzt gegenseitig vor Gericht verklagen muss, ist das eine Katastrophe“, sagt sie. Derzeit laufen nach Angaben der AGFS über 250 Klagen freier Schulen für die Schuljahre 2018/19 und 2019/20 vor dem Verwaltungsgericht. Das Gesamtvolumen belaufe sich auf 40 Millionen Euro.

Wegen der Demonstration war kurzzeitig auch der Straßenbahnverkehr beeinträchtigt. Bei der S-Bahn kam es ebenfalls zu Verspätungen. 

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