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Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) schlägt sich beim AFD-Redebeitragdie Hände vors Gesicht.

© Soeren Stache/dpa

Debatte zum Landesklimaplan in Brandenburg: „Vorhof der Klimakatastrophe“

Brandenburgs Parlament debattiert über Klimaschutz. SPD lehnt früheren Ausstieg aus Braunkohle ab.

Potsdam - Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) will im Sommer 2022 den ersten Landesklimaplan vorlegen, der in ein verbindliches Klimaschutzgesetz mit konkreten Schritten für weniger Treibhausgase in Energie, Verkehr oder Landwirtschaft münden soll. Das kündigte Vogel am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Landtages in Potsdam an, die die Grünen beantragt hatten. Das Gesetz müsse zu real weniger Treibhausgasemissionen führen, dürfe „kein Rohrkrepierer“ werden.

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„Die rot-schwarz-grüne Regierung nimmt ihre Verantwortung für Klimaschutz ernst“, betonte Vogel. Das sei auch nötig. „Klimawandel haben wir schon seit Jahren erlebt. Was wir jetzt erleben, ist der Vorhof zur Klimakatastrophe.“ Und um die abzuwehren, seien die 2020er-Jahre „das entscheidende Jahrzehnt“. Denn es gebe „Kipp-Punkte“. Auch in Brandenburg würden Flüsse wie die Schwarze Elster regelmäßig trockenfallen, Seen austrocknen, träten Hochwässer auch im Binnenland nach Starkregen häufiger auf. Die Grünen drängen als bisher einzige Partei, den Ausstieg aus der Braunkohle auf 2030 vorzuziehen.

Pointierter Schlagabtausch im Plenarsaal 

Über Brandenburgs Vorgehen und Tempo beim Klimaschutz kam es in der Aktuellen Stunde zum pointierten Schlagabtausch. Auf Unverständnis und Widerspruch stieß die AfD, für die Fraktionschef Christoph Berndt eine Klimakrise schlichtweg bestritt. „Es gibt keine Klimakrise“, sagte Berndt. Es gehe um politische Angstmache für eine „maoistische Politik“. Und sein Fraktionskollege Lars Günther verwies auf wechselndes Wetter: „Es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung.“ Das Problem sei nicht Klimawandel, sondern Versagen beim Katastrophenschutz.

SPD will keine Schreckensszenarien in Klimadebatte

SPD-Fraktionschef Erik Stohn nutzte den Auftritt, um die SPD von den Grünen abzugrenzen. Er plädierte dafür, in der Klimadebatte „auf Schreckensszenarien zu verzichten“. Man sollte nicht nur ein Bild zeichnen, das für Brandenburg vor allem Dürren, Hitzewellen, schwere Waldbrände und Starkregen vorsehe. „Wir können Menschen nicht mit Furcht motivieren, dauerhaft anders zu leben und zu wirtschaften“, sagte Stohn. Vor allem aber pochte Stohn auf den beschlossenen Zeitplan zum Kohleausstieg bis spätestens 2038. „Die Menschen in der Lausitz müssen sich darauf verlassen können, dass wir zu unserem Wort stehen“, sagte er. Es könne früher sein. Aus Sicht der SPD hängt dies aber allein vom Fortschritt beim Strukturwandel ab. „Darüber entscheidet der Erfolg unserer Maßnahmen in der Lausitz.“ Er verwies darauf, dass ja 2026, 2029 und 2032 der Ausstiegsfahrplan überprüft werde.

Linke kritisiert Zeitverzug bei Klimaplan

Für die Linken hielt der Umweltpolitiker Thomas Domres der Kenia-Regierung vor, sich mit dem Klimaplan zu viel Zeit zu lassen. Ein Antrag der Linken, gleich parallel ein Gesetz zu erarbeiten, wurde abgelehnt. „Früher hatten die Menschen mehr Angst vorm Klimaschutz als vor dem Klimawandel. Das hat sich geändert“, sagte Domres. Andere Länder sind bereits „deutlich an Brandenburg vorbeigezogen“, sagte er. „Allein innerhalb dieses einen Jahres haben Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern neue Klimaschutzgesetze erlassen.“ Mit dem jüngsten Bericht des Weltklimarates sei eindeutig klar, dass die Erderwärmung bis Ende des Jahrzehnts auf maximal zwei Grad begrenzt werden müsse und dies auch noch möglich sei. Das sei immer noch etwas anderes als die „totale Apokalypse“. Brandenburg müsse sich darauf einstellen, dass deutlich früher als 2038 Schluss mit der Braunkohle sei, entweder durch Entscheidungen des Bundes oder der Wirtschaft selbst. Vor diesem Hintergrund sei er entsetzt über die jüngste Polemik der CDU gegen SPD-Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, als der einen stärkeren Windkraftausbau angekündigt hatte.

Lob für Fridays for Future von CDU-Vertreter

Der umweltpolitische Sprecher der CDU, Ex-Landeschef Ingo Senftleben, ging darauf nicht ein. Er hob hervor, dass Vertreter der jungen Generation das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes durchgesetzt hätten, mit dem ein höheres Tempo beim Klimaschutz in Deutschland durchgesetzt worden sei. Und im Unterschied zu nicht wenigen Parteifreunden lobte er ausdrücklich die Bewegung Fridays for Future: „Wir sollten nicht mit Fingern auf sie zeigen, wenn sie freitags demonstrieren“, sagte er. „Wir sollten lernen, nicht Angst vor Entscheidungen zum Klimaschutz zu haben.“

Für die Freien Wähler warf die Abgeordnete Christine Wernicke den Grünen und Minister Steinbach vor, auf „unethische Weise“ die Flutkatastrophe im Westen zu instrumentalisieren, um im Land den Windkraftausbau zu forcieren.

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