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"Das verzettelt sich in formalen Streitigkeiten." Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe rät von einer starren Ostquotenregelung ab.

© Ralf Hirschberger/dpa

Debatte über Ostquote für Führungspositionen: Stolpe: Hilfe für den ostdeutschen Nachwuchs

Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Manfred Stolpe schaltet sich in die Debatte um eine Ostquote für Führungspositionen ein. Von dieser rät er zwar ab, fordert aber mehr Aufmerksamkeit für das Thema. Ein Gastbeitrag.

Es ist Realität, Ostdeutsche sind in Führungspositionen der ostdeutschen Länder und erst recht in der Bundesrepublik unterrepräsentiert. Das hat sich in den Jahren seit der Wiedervereinigung nicht wesentlich geändert. Es ist allerhöchste Zeit, darauf verstärkt hinzuweisen. Denn in den ostdeutschen Ländern wird das wahrgenommen, verstärkt die Distanz zum demokratisch-rechtsstaatlichen System und verführt zu extremen Positionen, vor allem zum Rechtspopulismus. Das gefährdet den Zusammenhalt in den Ländern.

Stolpe: "Ich rate von einer gesetzlichen Quotenregelung ab"

Was tun? Es muss auf die dramatische Minderrepräsentanz der Ostdeutschen in Entscheidungspositionen und ihre Folgen hingewiesen werden. Die Zahlen sind zu benennen und die Gleichbehandlung muss gefordert werden.

Ich rate ab, das in einer gesetzlichen Quotenregelung zu fordern. Das verzettelt sich in formalen Streitigkeiten und die Substanz kann zerredet werden. Es geht um sehr viel mehr. Nämlich um den Bestand der gesellschaftlichen Ordnung in Deutschland.

Wir müssen beachten, wie diese Entwicklung zustande kam. Entscheidend war der Mehrheitswille der Ostdeutschen, schnell voll in die Bundesrepublik eingegliedert zu werden. Die ostdeutschen Länder mussten sofort funktionieren, ohne auf allen Ebenen Fachkräfte zu haben. Zwangsläufig mussten Fachleute aus den westdeutschen Bundesländern geworben werden. Diese Aufbauhelfer waren unverzichtbar. Sie brauchten weitere Fachkräfte und warben in ihrer Heimat. So wuchs eine funktionierende westdeutsche Schicht von Entscheidern in Verwaltung, Justiz, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Militär.

Nur wenige Ostdeutsche wagten den Einstieg in die Politik

Es kam hinzu, dass die Ostdeutschen im DDR-System gelernt hatten, abzuwarten, sich nicht vorzudrängen. Außerdem merkten sie schnell, ein unbekanntes System vor sich zu haben. Nur wenige wagten den Einstieg. Eine systematische Förderung von ostdeutschen Interessenten war selten. Die westdeutschen Helfer identifizierten sich in der Regel schnell und vertraten die ostdeutschen Interessen wirkungsvoll.

Es ist höchste Zeit, den ostdeutschen Nachwuchs zu fördern. Zumal die Altersstruktur Nachwuchs fordert. Westdeutsche haben seit Jahrzehnten gelernt, sich wirkungsvoll zu präsentieren. Dem ostdeutschen Nachwuchs muss geholfen werden.

Manfred Stolpe antwortet mit diesem Gastbeitrag auf Positionen der SPD-Bundestagsabgeordneten Manja Schüle (SPD), der FDP-Bundestagsabgeordneten Linda Teuteberg und Frauke Hildebrandt (SPD), die Tochter der ehemaligen brandenburgischen Sozialministerin Regine Hildebrandt ist. 

Manfred Stolpe

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